LNG-Terminals: politisch "saubere" Energie aus den USA und Katar
Wenn neuerdings von sauberer Energie die Rede ist, hat das nichts mehr mit Klimaschutz zu tun. Gemeint ist faktisch nur noch, dass sie nicht aus Russland kommt
Wilhelmshaven soll zur "Drehscheibe für saubere Energie für Deutschland" ausgebaut werden – so liest es sich, wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) Bauarbeiten für ein Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) ankündigen. Gemeint ist damit weniger nachhaltige als politisch "saubere" Energie, denn es sollen lediglich Gasimporte aus Russland fossil ersetzt werden.
Dafür sind insgesamt vier schwimmende Terminals für den Umschlag von Flüssigerdgas aus den USA und dem Golfemirat Katar (!) geplant. Jedes dieser Terminals soll über eine Kapazität von neun bis zehn Milliarden Kubikmetern verfügen.
Im Wilhelmshaven sollen die Bauarbeiten bereits kommende Woche beginnen – an einem rund zwei Kilometer langen Anleger nahe dem Tiefseewasserhafen Jade-Weser-Port, der so ausgebaut werden soll, dass die schwimmende Anlande- und Speicherplattform dort festmachen kann. Spätestens ab Anfang 2023 soll mit dem LNG-Import über Wilhelmshaven begonnen werden.
Am kommenden Donnerstag wird Habeck in der niedersächsischen Hafenstadt erwartet. Nach Angaben des Energieministeriums in Hannover will er mit Landesumweltminister Lies eine Vereinbarung zur "Drehscheibe für saubere Energie für Deutschland" unterzeichnen.
Unterdessen hat der Landtag in Schleswig-Holstein am Donnerstag eine Gesetzesänderung für den schnelleren Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel durchgewunken.
Durch die Änderung des Landeswassergesetzes kann das Terminal auch dann erst einmal weitergebaut werden, wenn Gerichte erst noch über lästige Klagen entscheiden müssen.
Fortschreitende Entfremdung zwischen Umweltverbänden und Grünen
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert das Vorhaben als klimapolitisch verheerend und verfassungsrechtlich zweifelhaft. Weitere Verbände warnten vor neuen fossilen Abhängigkeiten und forderten stattdessen den schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges werde zu wenig über die Klimaverträglichkeit von Energieträgern gesprochen, kritisierten sie.
"LNG-Terminals in Deutschland sind und bleiben Schnellschüsse. Ihr Bedarf ist nicht nachgewiesen, ebenso wenig wie die Umrüstbarkeit auf grünen Wasserstoff", hatte der Gas-Experte der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Boden, Anfang April erklärt. Durch diese Weichenstellung drohe eine auf Jahrzehnte zementierte Abhängigkeit von fossilen Energien.
Zur Erinnerung: Habecks Parteifreundin Annalena Baerbock, die jetzt als Bundesaußenministerin der "rot-grün-gelben" Koalition firmiert, war bei der Bundestagswahl 2021 als mögliche "Klimakanzlerin" ins Rennen gegangen.