Lärmende und stinkende Friedenstauben
Die Nato-Awacs und der bescheidene Beitrag der Hardthöhe gegen den Terror
Endlich konnten Bundeskanzler und Hardthöhe aufatmen! Drohten beide den USA bislang eisern aber vergeblich damit, Bundeswehr-Soldaten bei den Vergeltungsschlägen gegen Usama bin Ladin in Stellung zu bringen, gibt man sich vorerst mit weniger zufrieden. Fünf der auf der Nato-Airbase in Geilenkirchen bei Aachen stationierten Awacs-Aufklärer werden für einen Einsatz über Nordamerika verlegt. Dort stationierte US-Awacs müssen ins Krisengebiet. Dem Verteidigungsminister schwellt die Brust und Teile der Medien loben die modernen Flugzeuge, deren Triebwerke wohl die einzigen - unerwähnten! - Schönheitsfehler sind.
Die Nachrichtenagentur AP etwa pries schon am 4. Oktober die Wunderwaffe: "Das 'Grundgerät' der Awacs ist eine Boeing 707-320 B. Sie ist voll gepumpt mit hochgezüchteter Elektronik: Radar-, Radio- und Funkgeräte, Computer und Datenübertragungssysteme." Ähnliche Ruhmesprosa war vielen Medien Anfang der Woche zu entnehmen, nachdem die Nato den USA auf deren Bitte hin Awacs-Maschinen zusagte. Und zaghaft gewinnt die militärische Unterstützung der USA "ohne Vorbehalte", so Bundeskanzler Gerhard Schröder, an Kontur. Denn "in den Maschinen", so das Bundespresseamt, "ist in der Regel ein 25 prozentiger deutscher Anteil bei der Besatzung vertreten". Für das Bundesverteidigungsministerium gewähren die Awacs "durch die Ablösung gebundener amerikanischer und britischer Einheiten indirekt Unterstützung" der Antiterror-Allianz. Schon dem Kanzler waren nach den Terroranschlägen in den USA Fördergelder für die US-Gegenschläge zu wenig des Guten.
Vergessen wird bei all dem Lob über das "Airborne Warning And Control System" allerdings gern, dass die Bevölkerung der nördlich von Aachen gelegenen Grenzstadt bislang den Lärm und die Abgase von 17 Awacs-Maschinen zu ertragen hatte - und jetzt möglicherweise erfreut sein dürfte, wenn einige der Flugzeuge abgezogen werden. Überwachten seit den 80er Jahren nur wenige fliegende Frühwarnsysteme den Luftraum des damaligen Ostblocks, sorgte die anhaltenden Luftraumüberwachung über Ex-Jugoslawien Mitte der 90er für eine viel größere Belastung. Der Westdeutsche Rundfunk berichtete im letzten Jahr über die Awacs: "Ihre Triebwerke, je vier TF-33 von Pratt&Whitney, sind technologisch veraltet, ein Konzept aus den 50 Jahren - und machen einen Höllenlärm. Die Zivilluftfahrt verzichtet schon lange auf solche Triebwerke." Die Nato bis heute nicht.
Verschiedene Bürgerinitiativen der 28.000 Seelengemeinde protestieren seit anderthalb Jahren gemeinsam gegen den unerträglichen Fluglärm und die großen Abgasemissionen - "Kondensstreifen" der Flieger sind aus der Nähe gut zu sehen. Über 5.200 Bürger unterschrieben Mitte letzten Jahres innerhalb von sechs Wochen die Forderung an die Nato, umgehend die Antriebstechnik durch "in der zivilen Luftfahrt übliche moderne Triebwerke" zu ersetzten. Dafür spricht sich auch die Awacs-Flotte aus. Aber die Nato-Staaten finden einfach keinen Konsens, die veranschlagten 800 Millionen Dollar für eine Modernisierung der Triebwerke bereit zu stellen.
Der Leiter des zuständigen Kreisgesundheitsamt Heinsberg, Karl-Heinz Feldhoff, stellte Anfang September in einem Bericht fest: "Untersuchungen zu chronischen und akuten Lärmeinwirkungen haben gezeigt, dass sowohl Hörschäden, Herzinfarkte, Schlafstörungen und Kommunikationsstörungen beobachtet werden." Er rät den "Verantwortlichen, weiterhin für einen Austausch der Triebwerke einzutreten". Was auch Recherchen der Regionalpresse aus dem letzten Jahr nahe legen. Demnach fanden viele Landeanflüge der Awacs-Maschinen im Sommer in den kühlen Abendstunden statt, da die Triebwerke oftmals nach mehrstündiger Laufzeit überhitzt waren. Aber im Krisenfall sind derlei Mängel Lappalien. Hauptsache, auch die Bundeswehr kann ihren - sehr bescheidenen! - Beitrag leisten ...