Langstrecken-Rakete M51: Frankreichs neue Glorie
Verteidigungsministerium feiert Know-how nach erfolgreichem Test der Interkontinental-Rakete, die atomar bestückt werden kann. Die Raketen-Pläne gehen noch weiter. Europa profitiert.
Am vergangenen Samstag konnten die Bewohner der französischen Atlantikküste, in den Départements Gironde, Landes, Charente-Maritime und sogar in der Dordogne abends gegen 19:30 Uhr ein interessantes Lichtphänomen am Himmel beobachten, das weithin leuchtete. Manche Bewohner waren beunruhigt.
Nicht so die Militärs, das Verteidigungsministerium und Techniker: Es handelte sich um einen erfolgreichen Test einer strategischen ballistischen Rakete vom Typ M51 ohne nukleare Sprengladung, wie das französische Verteidigungsministerium in einer Pressemitteilung erklärte – mit deutlichem Stolz:
Dieser Abschuss, der im Rahmen des M51-Programms durchgeführt wurde, zeigt erneut die exzellente Hochtechnologie, die die französische Industrie in diesem Bereich einsetzt.
Ministère des Armes
Getestet wurde die neueste Version, M51.3 des Programms M51, die vor nicht allzu langer Zeit noch öffentlich als "mysteriös" galt. Die Reichweite bleibt nach wie vor Geheimsache der Militärs, geschätzt wird sie auf zwischen 8.000 und 9.000 Kilometer.
Das Besondere an dem Test war, dass die Interkontinental-Rakete, die dazu konzipiert ist, von einem U-Boot aus abgefeuert zu werden, vom Boden aus gestartet wurde, wie der in Frankreichs Medienwelt bekannte Experte für Sicherheitsfragen und Verteidigung Jean-Dominique Merchet erklärt. Dabei hob er noch eine andere, für Europa interessante Besonderheit hervor:
Sie (die M51.3, Einf. d.A.) ist sehr hoch in den Weltraum aufgestiegen, nicht weit von 1000 Kilometern Höhe. Er ist irgendwo im Nordatlantik gelandet. Das ist eine Art, unseren potenziellen Gegnern, in diesem Fall hauptsächlich Russland und China, zu sagen: "Schaut her, unsere Raketen funktionieren". Die Tatsache, dass wir sie zeigen, ist Teil der Abschreckungshaltung, wie Strategieexperten sagen.
Jean-Dominique Merchet
Signalwirkung nach außen und innen
Dass der erfolgreiche Test einer Langstreckenrakete, die auf atomare Bestückung ausgerichtet ist, in der gegenwärtigen Situation eine besondere Signalwirkung hat, ist offensichtlich. Diese richtet sich nicht nur an die potenziellen Gegner, die Merchet erwähnt, sondern auch an europäische Partner und nicht zuletzt nach innen, an die Industrie, die für Frankreichs strategische Interessen eine immer wichtigere Rolle spielt
Das enthusiastische Lob des Verteidigungsministers Sébastien Lecornu ist mit einem Dank an die Ariane Group verbunden, Europas führendem Raketenkonzern (Die Welt).
Die nächste Dimension
Mit dem Konzern verbunden sind weitreichende Raketen-Pläne, wie das französische Fachmedium für Sicherheit und Militärtechnologie opex360 gestern berichtete: die Entwicklung der "innovativsten Technologien, die der europäischen Raumfahrt in den letzten zwei Jahrzehnten gefehlt haben".
Es geht um Entwicklung neuer Trägerraketen und um die sogenannte Hybrid-Technologe. Zwar sei das Konzept eines Flüssigtreibstoffs mit einem Festtreibstoff "seit mehr als fünfzig Jahren bekannt", wie das Magazin berichtet. Es habe sich bislang aber noch nicht für große Trägerraketen durchsetzen können, da es an einem stabilen Antrieb fehlte.
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Allerdings soll nun ein junges französisches Unternehmen aus Bordeaux namens HyPrSpace eine Lösung für dieses Problem gefunden haben, das das französische Verteidigungsministerium auf eine erfolgreiche Weiterentwicklung hoffen lässt und dies mit Aufträgen unterstützt. Die Innovationsabteilung des französischen Verteidigungsministeriums (l’Agence de l’innovation de défense, AID) wird von opex360 sehr zuversichtlich zitiert:
Die patentierte Architektur von HyPrSpace ermöglicht es, eine effiziente Verbrennung und optimale Leistung zu kontrollieren und zu gewährleisten. Das Projekt DEPHYS (Demonstrator für Hybridantriebe im Weltraum) baut auf dieser Architektur auf, um einen großen Triebwerksprototyp zu entwickeln (6 Meter hoch, 1 Meter Durchmesser).
opex360
Wie das Projekt dann konkret europäisch eingebunden wird, wird sich noch zeigen. Als Zwischenfazit zeigt sich, dass das französische Selbstvertrauen, das auf technisches Know-how und Innovation auch und besonders in der Rüstungsindustrie baut, von dem von den USA initiierten, in Frankreich als demoralisierend empfundenen, Austritt aus dem U-Boot-Deal mit Australien erholt hat.
In der EU ist Frankreich die einzig verbliebene Atommacht.