Leben im Kriegsgebiet im Südosten der Türkei
Seite 3: Militanz ist keine Lösung
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Atalan verschwieg nicht, dass es auch in Nusaybin zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Jugendlichen und der türkischen Armee käme. Die HDP sähe indes die Lösung des Konflikts nicht in der Militanz, sondern "der Frieden bleibt das Ziel". Das Ziel der HDP sei und bleibe es, zum Dialog zurückzukehren.
Die HDP sei keine kurdische Partei, sondern eine gesamt-türkische. Sie trete dafür ein, dass alle ethnischen, religiösen und kulturellen Gruppierungen gleichberechtigt und friedlich nebeneinander in dem Staat leben könnten.
In der kurdischen Gesellschaft werde der Ruf nach Separation wieder lauter. Es sei das gute Recht der Kurdinnen und Kurden, einen eigenen Staat zu fordern. Allerdings müsse, wer diese Forderung erhöbe, auch die ökonomischen und politischen Voraussetzungen schaffen, einen solchen Staat dann auch führen zu können. Ansonsten sei es bloße Propaganda.
Vom Regen in die Traufe
Da es, wie erwähnt, einfacher ist, via Internet mit der Welt in Verbindung zu bleiben, als mit den Nachbarn direkt zu sprechen, ging der ehemals in Münster ansässige Politiker auch auf einen Vorfall ein, der sich am vergangenen Samstag in Bielefeld ereignete.
Laut Pressemitteilung der Polizei Bielefeld gingen am frühen Abend mehrere Notrufe bei der Polizei ein. Gemeldet wurde eine größere Schlägerei zwischen zwei Personengruppen von jeweils 15 Personen, die mit Stöcken und Fäusten aufeinander einschlugen. Später wurde bekannt, dass auch Messer eingesetzt wurden.
Fünf ezidische Männer wurden bei der Schlägerei zum Teil schwer verletzt und mit Schädel-Hirn-Trauma, Handfraktur, Schnittverletzungen und Gesichtsschädelfraktur in ein Krankenhaus eingeliefert.
Die Polizei fand heraus, dass die eine Gruppe aus irakischen Eziden bestand, bei der anderen Gruppe handelte es sich um Tschetschenen. Beide Gruppen sind im "Oldentruper Hof" untergebracht. Bei Eintreffen der ersten Polizeifahrzeuge hatte sich die tschetschenische Gruppe bereits in ein angrenzendes Wäldchen entfernt. Später wurde zwei der Tschetschenen vorübergehend festgenommen, nach erkennungsdienstlicher Behandlung allerdings wieder frei gelassen. Beide Personengruppen wurden noch in der Nacht in Unterkünfte in verschiedenen Städten Ostwestfalens umverteilt.
In sozialen Netzwerken wurde diskutiert, dass es sich bei den Tschetschenen um Anhänger islamisch-fundamentalistischer Gruppierungen handele. Die Ezidinnen und Eziden seien quasi vom Regen in die Traufe gekommen, der Alptraum, vor dem sie geflohen seien, wiederhole sich hier nun. So schrieb z.B. Atalan auf seiner Facebook-Seite:
Dass die kurdischen Ezidinnen und Eziden auch in Europa durch die selben Terrorbanden wie IS und Salafisten angegriffen werden können, ist ein Skandal sondergleichen. Dass diejenigen, die den Genozid an der kurdisch-ezidischen Minderheit im August 2014 verübten und jahrelang in Syrien und Rojava unzählige Massaker an der Zivilbevölkerung verübten, nun über die Türkei nach Europa wandern und im EU-Raum Menschen verfolgen, ist eine Kapitulation der demokratischen Zivilisation gegenüber diesen mittelalterlich orientierten Dschihadisten. Ich verurteile diese Angriffe in Bielefeld gegen die Betroffenen aufs Schärfste und plädiere eindringlich, die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Minderheiten verstärkt zu ergreifen und nachhaltige Ansätze zur Lösung der Probleme herbeizuführen.
Ali Atalan
Doch nicht nur in der kurdisch-ezdischen Community wird diese Möglichkeit erörtert, sondern auch der Bielefelder Staatsschutz ermittelt in diese Richtung. Das bestätigte Kathryn Landwehrmeyer von der Pressestelle der Bielefelder Polizei gegenüber Telepolis. Es werde in alle Richtungen ermittelt, so Landwehrmeyer, und die Vermutung, dass es sich um einen politischen Hintergrund handele, sei eine Spur, die verfolgt werde.