Lebensnotwendiges wird teurer – schnelle Abhilfe bleibt aus

Das Monatsende ist für immer mehr Haushalte eine triste Zeit. Symbolbild: Alexas_Fotos auf Pixabay (Public Domain)

Arme Haushalte leiden drastisch unter der Inflation. Die Mehrheit im Bundestag kann sich aber nicht entschließen, ihnen schnell und unkompliziert zu helfen

Die Kosten für Lebensmittel, fürs Heizen und für viele andere Dinge steigen und steigen. Die Inflation erreichte den Höchststand der letzten 30 Jahre: im November lag sie nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 5,2 Prozent, im Oktober lag sie noch bei 4,5 Prozent. "Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt vor fast 30 Jahren. Im Juni 1992 hatte die Inflationsrate bei plus 5,8 Prozent gelegen", erklärte der Präsident des Bundesamtes Georg Thiel.

Viele Menschen sorgen sich über die hohe Inflation: Sie treibt nicht nur die Preise in die Höhe, sondern entwertet auch die Ersparnisse. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer neuen Studie untersucht, wen die Preissteigerungen vor allem treffen. Auf kurze Sicht seien es vor allem die Reichen; werden aber die vergangenen Jahrzehnte betrachtet, dann treffe die Inflation vor allem ärmere Haushalte und Rentner.

Preissteigerungen für Ältere im Durchschnitt besonders hoch

Während die Lebenshaltungskosten für ärmere Menschen seit 1995 um fast 34 Prozent stiegen, brauchten die reichen Haushalte dagegen nur rund 28 Prozent mehr zu zahlen. Alte Menschen müssen im Vergleich zu jüngeren ebenfalls tiefer ins Portemonnaie greifen. Ein 80-Jähriger mit durchschnittlichem Konsumverhalten zahlt heute 42,6 Prozent mehr als ein vergleichbarer 80-Jähriger im Jahr 1995. Junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren zahlen demnach im Durchschnitt nur 18,7 Prozent mehr.

Letzteres hat damit zu tun, dass von Jüngeren stärker genutzte Elektronikgeräte billiger geworden sind, lebensnotwendige Güter und Medikamente jedoch teurer.

Vor allem wird aktuell Energie teuer, was sich beim Heizen oder an der Tankstelle bemerkbar macht. Die Teuerungsrate für Energieprodukte lag laut Statistischem Bundesamt bei 22,1 Prozent. Die Preise für Heizöl stiegen binnen Jahresfrist auf über das Doppelte (101,9 Prozent) an; bei Kraftstoffen gingen die Preise um rund 43 Prozent nach oben. Bei Erdgas und Strom lag die Teuerungsrate deutlich niedriger mit 9,6 Prozent und 3,1 Prozent. Lebensmittel verteuerten sich demnach im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent.

Ärmere Haushalte sind vor allem deshalb in besonderem Maße von den Preissteigerungen betroffen, weil sie einen größeren Teil ihres Einkommens für lebensnotwendige Güter ausgeben müssen als Reiche: für Miete, Gas, Strom und Lebensmittel. "Steigt dort der Preis, gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten", erklärten die IW-Experten.

"Frieren unter dem Weihnachtsbaum"

Angesichts dieser Entwicklung warnt die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, vor Energiearmut: "Familien, die von einem kleinen Einkommen oder von Sozialleistungen leben müssen, droht in diesem Jahr das Frieren unter dem Weihnachtsbaum". Für diese Menschen bedeuteten die höheren Energiekosten: Entweder haben sie weniger Geld für Essen und Kleidung zur Verfügung, oder sie können ihre Wohnung im Winter nicht angemessen heizen.

Bentele forderte deshalb höhere Regelsätze bei den Sozialleistungen und ein höheres Wohngeld. Ersteres forderte sie, weil die aktuellen Regelsätze die tatsächlichen Energiekosten der Haushalte nicht abdecken. "Der Stromanteil ist aktuell viel zu niedrig berechnet und liegt weit unter den realen Preisen", erklärte sie.

Außerdem würden die tatsächlichen Wohn- und Heizkosten bislang nicht in der Grundsicherung und im Hartz IV berücksichtigt. Damit auch das Wohngeld eine echte Entlastungsfunktion entfalten könne, müssten die Kosten für Heizung, Warmwasser und Strom als wohngeldfähige Nebenkosten dauerhaft berücksichtigt werden.

Diese Forderungen hatte die Linken-Fraktion bereits im November als Antrag in den Bundestag eingebracht. Darin fordern sie "schnelle, konkrete Hilfe", einen "Keiner soll frieren"-Plan. Das Problem ist akut, denn schon im letzten Winter hatten laut Statistischem Bundesamt rund 7,4 Millionen Menschen nicht genug Geld, um ihre Wohnung angemessen zu heizen. Dem Antrag stimmte die Mehrheit im Bundestag allerdings nicht zu, sondern verwies ihn in die zuständigen Ausschüsse.

Einen spürbaren Ausgleich für ärmere Haushalte forderte auch der Paritätische Wohlfahrtsverband angesichts der hohen Inflationsrate. Zwar werde der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger zum 1. Januar leicht erhöht, unterm Strich bleibe eine Leistungskürzung, argumentiert der Verband. Denn der Preissteigerung von über 5,2 Prozent steht ein Regelsatz gegenüber, der nicht einmal um ein Prozent angehoben wird. In Zukunft müssten die Regelsätze so erhöht werden, dass die Preissteigerungen zumindest ausgeglichen würden.

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