Leere Meere: Fischbestände am Limit
Seite 2: Welche Auswirkungen hat die Fischerei auf regionale biogeochemische Stoffkreisläufe?
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Dies müsste, strenggenommen, für jedes Meer in den einzelnen Regionen untersucht werden, ebenso die Frage, inwiefern die Entwicklung von Beutefischen als Reaktion auf dezimierte Räuberbestände die biogeochemischen Kreisläufe beeinflusst.
Dass Fischfäkalien den Transport von Kohlenstoff in die Tiefe beeinflussen, war nicht neu, fand aber bisher wenig Beachtung, resümiert Eric Achterberg vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel in Kiel. Neben dem Export von Kohlenstoff spielt auch eine veränderte Nährstoffzufuhr vor allem durch Stickstoff und Eisen bei der biologischen Kohlenstoffpumpe eine Rolle. Auch glaubt der Experte, dass es wichtigere Umweltstressoren gebe als das Weniger an Fischfäkalien, dass nun die Meerestiefen gelangt - etwa die Erwärmung und Versauerung der Ozeane.
Eine andere Frage ist, inwieweit die Entnahme von Fisch mehr Kohlenstoff aus den Stoffkreisläufen im Meer entfernt als die Sequestrierung von Fäkalien, gibt Rainer Froese vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung zu bedenken. Darüber hinaus wäre zu untersuchen, was mit diesem Kohlenstoff an Land passiert und über welche Kreisläufe er wieder im Meer landet.
Fäkalien-Pellets zum Beispiel von Ruderfußkrebsen, Salpen und Pfeilwürmern tragen erheblich zur Bündelung von Planktonalgenbiomasse bei und erhöhen deren Sinkgeschwindigkeit, weiß Andreas Neumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz Zentrum Hereon in Geesthacht.
Wenn die organischen Partikel schneller durch die Wassersäule fallen, kommen sie auch weniger abgebaut unten an. So stellt sich die Frage, wie hoch der geschätzte Anteil der Fischfäkalien bei diesem Prozess ist, und wie er durch Fischerei beeinflusst wird.
Klimawandel und Überfischung müssen zusammen gedacht werden
Nahrungsnetze im Ozean sind eng miteinander verknüpft. So beeinflusst die Fischbiomasse die Biomasse von Algen und Krebstieren sowie deren Artenzusammensetzung. Dies wiederum wirkt sich auf den Partikelfluss aus.
Oben genannte Studie beziffert den Anteil von Fischpellets mit zehn Prozent, gemessen an der Gesamtheit der sinkenden organischen Partikel, zu denen auch abgestorbene Zellen von Algen und kleinen Krebstieren sowie deren Ausscheidungen gehören.
Zusätzlich werde Kohlenstoff als Kohlendioxid bzw. als Karbonat gelöst und durch die Umwälzung der Wassermassen in die Tiefe transportiert bzw. als gelöste organische Substanz über Tausende Jahre gespeichert, erläutert Sinikka Lennartz vom Massachusetts Institute of Technology.
Darüber hinaus müssen etwaige ökologische Rückkopplungseffekte berücksichtigt werden. Überfischung schadet nicht nur den Beständen, Ökosystemen, Fischereien und Konsumenten, sie ist auch ein Beitrag zum Klimawandel, sind sich die Wissenschaftler einig.
Überfischung muss deshalb dauerhaft vermieden werden, nicht nur, um die Fischbestände zu erhalten und die Fischereibetriebe am Laufen zu halten, sondern auch, um den Klimawandel zu stoppen. Zu diesem Zweck müsse die Fischerei derart umgestaltet werden, dass die Meere ein Maximum an Kohlenstoff aufnehmen, lautet ihre Forderung.