Leicht gesagt, schwer getan: Ninja Gaiden 3
Fans sind empört: Ist der dritte Teil der Hardcore Gamer-Reihe Ninja Gaiden tatsächlich viel zu easy?
Nach seinen Reisen zu den Pyramiden, nach Tokyo und in die Unterwelt führt es Schnetzelmeister Ryu Hayabusa in seinem dritten Abenteuer nach London, in den Nahen Osten, in die Arktis und in die Karibik. Erstmals bekommt der Held ein Gesicht. Der Ninja-Agent zeigt auf seiner Jagd nach internationalen Terroristen nicht nur Charakter, sondern zieht auch mal die Maske aus. Prinzipiell ist das neu, ändert aber nichts am spielerischen Element. Jedem, der sich Ryu in den Weg stellt, bietet er die Klinge. Die wirklichen Änderungen gegenüber den Vorgängern sind minimal, wenn auch für manche entfremdend: Ninja Gaiden 3 für Xbox 360 und PlayStation 3 polarisiert.
Die männlich dominierte Spielerschaft ist nämlich generell sehr pingelig – was allgemein in unterschiedlichen Ansprüchen gründet. Anhänger fortschrittlicher bis kunstvoller Optik z.B. streiten mit Fans über die Wichtigkeit innovativer Gameplays oder spannender Storys – nur selten sind alle zufrieden. Richtig heikel wird es allerdings beim Thema Schwierigkeitsgrad, der bei Action-Genres meist in drei Abstufungen eingeteilt ist. Üblicherweise ist selbst der mittlere, oft als „normal“ betitelte für Vielspieler keine Herausforderung.
Die Ninja Gaiden-Reihe, die in den 90ern als Beat `em Up fürs Nintendo Entertainment System erfolgreich war und 2004 vom japanischen Game Designer Tomonobu Itagaki als Action-Adventure für die erste Xbox neu erfunden wurde, war stets bekannt für ihren absurd hohen Grundschwierigkeitsgrad. Adjektive wie „anstrengend“, „bestrafend“ bis hin zu „frustrierend“ dominierten dereinst die Rezensionen zu „Ninja Gaiden“ (2004). Der Schwierigkeitsgrad von „Ninja Gaiden II“ (2008) wurde marginal entschärft, gilt jedoch, verglichen mit dem Durchschnitt, immer noch als gnadenlos.
Hier, wie bei anderen schwierigen Games, freuen sich Spieler darüber, mit den Fähigkeiten ihres Alter Egos eine erklärt hohe Herausforderung gemeistert zu haben. Für dieses Erfolgsgefühl wird gerne der Begriff „befriedigend“ herangezogen. Im Falle von Ninja Gaiden I und II gipfelt diese Befriedigung im Sieg über etliche Gegner durch geschickte Bedienung der Controllerfunktionen. Verstärkt wurde die Lust an der eigenen Fingerfertigkeit durch die Spezialisierung auf eine von mehreren Waffen: Im Laufe von „Ninja Gaiden II“ verdiente sich der Spieler neben seinem Schwert Stäbe, Klauen, Flegel oder Sensen hinzu, die er begrenzt aber gezielt verbessern konnte. So genoss er die Freiheit, auf seine Weise zu kämpfen.
Nachdem sich das zuständige Entwicklerstudio Tecmo 2008 im Streit um Bonuszahlungen von Itagaki trennte, machte sich ein neues Team an die Entwicklung des nun erschienenen Ninja Gaiden 3. Objektiv betrachtet, im Umfeld der Kategorie ähnlicher Hack and Slay-Titel wie God of War oder Devil May Cry, bekommen Spieler einen unterhaltsamen, superschnellen Action-Kracher geboten. Zerstörerische Rezensionen (der derzeitige Metascore liegt bei 53 %, während die Einzelkritiken zwischen positiven 80 % und unterirdischen 25 % schwanken) könnten Tecmos unverkennbare Absicht, ein größeres Publikum anzusprechen, jedoch vereiteln.
Angeführt von der Hardcore-Gamer-Presse fühlen sich alte Fans der Reihe verraten. Denn obwohl Ninja Gaiden 3 spielerisch dort weitermacht, wo der Vorgänger aufhört, schalten sie auf stur und möchten den diesmal noch weiter herabgesetzten Schwierigkeitsgrad nicht akzeptieren. Umgekehrt betrachtet, mit angemessenem Ernst, ist Ninja Gaiden 3 zwar kein Meisterwerk aber definitiv kein Rohrkrepierer. Technische Probleme wie eine selten dämliche Kamera, sich streng wiederholendes Gameplay oder fehlende Progression in Form von Belohnungen, wie z.B. zusätzliche Ausrüstung oder Kampf-Moves, lassen in der Tat zu wünschen übrig – ein kostenloser Bonusinhalt mit den neuen Hauptwaffen Sense und Klauen steht allerdings am 3. April zum Download bereit.
Die spielerische Herausforderung gestaltet sich hingegen übersichtlicher und somit zugänglicher. Das Gros der Spieler, die knallharte Action statt Frust und Plackerei suchen, wird hier also fündig. Jegliche Diskussion um den Schwierigkeitsgrad zählt zum Bereich der Profidebatten, denn Ninja Gaiden 3 ist auf mittlerer Stufe ein immer noch überdurchschnittlich forderndes Spiel. Es darf also auch mal gestorben werden, wenn bis an die Zähne bewaffnete Gegnerhorden über Ryu herfallen, ballern, stechen und Projektile auf ihn abfeuern.
Die Dramaturgie der Kämpfe gegen normale Gegner lebt vom hyperschnellen Kampfsystem, das Tecmo auf sein Wesentliches reduziert hat: Für Fernangriffe besitzt Ryu zwar immer noch Pfeil und Bogen, im Nahkampf reicht ihm nunmehr aber sein Katana, das während der acht bis zehn Stunden Spieldauer noch zweimal aufgebessert wird. Dessen Funktionen beziffern sich auf zwei Angriffsarten – normale und starke Schläge – sowie das defensive Blocken. Kommt es zu einem der vielen Bosskämpfe gegen Spinnenroboter, Schwertvirtuosen, Supersoldaten oder Cyborg-Dinos, überlebt niemand, der nicht die Kampfmuster und Schwachstellen seines Kontrahenten studiert und traktiert hat. Trotz diverser Zwischensequenzen, die größtenteils interaktiv mit Quicktime-Events gespickt sind, besteht Ninja Gaiden 3 aus theatralisch choreografierter Nonstop-Action. Unterm Strich dürften Fans des Genres der blutrotgefärbten Schnetzel-Orgie das abgewinnen, was sie sein will: effektreiche Action pur. Oder in Schulnoten ausgedrückt: durchaus „befriedigend“.
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