Letzte Chance gegen Rechts? Linke setzt auf Zwangsbündnis in Spanien

Seite 2: Sozialdemokratie 2.0: Worauf man setzt

Eine PSOE 2.0 ist mittelfristig zum Untergang verdammt, da die Wähler lieber das Original statt der Kopie wählen. Sánchez hofft auf einen Lagerwahlkampf wie in Portugal, der den Sozialisten im Nachbarland mit der Warnung vor rechten Ultras sogar die absolute Mehrheit verschafft und linksradikale ehemalige Partner geschwächt hat.

Das ist in Spanien völlig ausgeschlossen, trotz allem versucht Sánchez das zu kopieren. Er hofft, dass nur eine schwache Sumar ins Parlament einzieht, die radikalere Podemos ausgeschaltet ist.

Zwar posaunt die Sozialdemokratie 2.0 unter Díaz nun herum: "Wir werden die Parlamentswahlen gewinnen." Doch daran glaubt sie selbst nicht. Das Projekt entfaltet, anders als einst Podemos, keinerlei Hoffnungen und Anregungen.

Das Projekt trägt zudem alle Konflikt von UP zugespitzt in sich. Díaz weiß, dass sie bestenfalls als Mehrheitsbeschafferin für Sánchez auftreten kann. Ihr reales Ziel hatte sie zwischenzeitlich schon im Parlament erklärt: "Koalition für lange Zeit" mit der PSOE von Sánchez.

Gewinnen wird die Wahlen mit großer Wahrscheinlichkeit die PP. Die Fragen sind nur, ob sie ihr das wie in den großen Regionen Andalusien und Madrid sogar mit absoluter Sitzmehrheit gelingt oder ob sie die rechtsradikale VOX braucht. Im für Sánchez wohl besten Szenario reicht es für beide auch gemeinsam nicht für eine Mehrheit im Parlament.

Die einzig mögliche Alternative?

Dann würde sich ein neues Szenario ergeben, meint Antoní Comin im Gespräch mit Telepolis. "Dass Sánchez die Neuwahlen angesichts der schlechten Wahlergebnisse vorgezogen hat, ist sehr riskant", meint auch er, der von dem Manöver überrascht worden ist.

Der Europaparlamentarier sagt aber: "Bei der näheren Analyse wird klar, dass das die einzige Option für ihn war."

Die ökonomischen Daten, etwa zu Wachstum und Beschäftigung, seien derzeit nicht schlecht, aber auch die hätten die weitere Abnutzung dieser Regierung nicht mehr aufgehalten. "Die Chancen für Sánchez sind jetzt also etwas besser als im Dezember." Der Philosoph war einst selbst Mitglied der spanischen Sozialdemokraten und kennt deren Innenleben gut.

Der Katalane hat sich aber bald der Unabhängigkeitsbewegung angeschlossen und kandidierte, nachdem er unter der Puigdemont-Regierung Gesundheitsminister war, auf der Liste des Exilpräsidenten "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat). Auch er lebt seit 2017 im belgischen Exil und wird von der spanischen Justiz verfolgt.

Für ihn ist klar, dass die PP nur einen möglichen Bündnispartner hat: Vox. "Eine große Koalition mit der PSOE wäre Selbstmord für die Sozialdemokraten." Sollten PP und Vox keine absolute Sitzmehrheit erreichen, gäbe es eine theoretische Alternative.

"Dazu bräuchte Sánchez aber die Unterstützung des gesamten Rests."

Bisher brauchte er zum Beispiel die Stimmen von JxCat nicht, er konnte ohne deren Stimmen mit Unterstützung anderer Parteien regieren, wie zum Beispiel der Republikanischen Linken Kataloniens, die aber auch im Mai abgestraft wurde.

"Das wäre eine entscheidende Veränderung im politischen Schema", so Antoní Comin. Er sieht darin die Möglichkeit, einer weiter geschwächten Sánchez-Regierung wirklich etwas abzutrotzen und eine rechte-ultrarechte Regierung, nach der es derzeit wie in Italien aussieht, doch noch zu verhindern.