Letzte Generation: Welche Entscheidung die Klimaaktivisten jetzt treffen müssen
Seite 2: Fanatische Klimabewegung: Immer weniger Unterstützung
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Dem daraus erwachsenden Eskalationspotenzial liegt die Entkopplung von Aktivismus und Mehrheitsmeinung zugrunde. "Wie bewerten Sie die Klimaproteste (z.B. Straßenblockaden) der Gruppe 'Letzte Generation'?" wurde im November letzten Jahres im Rahmen einer repräsentativen Erhebung gefragt.
Das Ergebnis: Nur 14 Prozent befürworteten diese Art von Aktionismus, der sich zum Teil pauschal und repressiv gegen die Bevölkerung richtet. 81 Prozent fanden diesen Aktionismus falsch, nur fünf Prozent mochten sich nicht entscheiden.
Mitte des Jahres dann ein noch krasseres Bild: Das öffentlich-rechtliche Portal tagesschau.de berichtete, 85 Prozent der Befragten hielten Straßen- und Verkehrsblockaden für "nicht gerechtfertigt".
Nur jeder Achte (13 Prozent) halte solche Protestaktionen für "gerechtfertigt": "Damit ist die Zustimmung zu Straßenblockaden im Vergleich zu früheren Umfragen weiter gesunken. 2019 hielten noch 24 Prozent solche Aktionen für gerechtfertigt, allerdings waren Straßenblockaden damals bei Weitem nicht so verbreitet wie heute."
Wer am Sonntagabend die sozialen Medien verfolgte, konnte ein weiteres Phänomen beobachten. Während die Mehrheit der Bevölkerung die Nötigung von Bürgern und die Beschädigung von öffentlichem Eigentum ablehnt, fühlen sich die Aktivisten dieses Teils der Klimabewegung durch genau diese Ablehnung bestätigt.
Fast stolz wurden die enthemmten Hasskommentare vor dem Brandenburger Tor wiedergegeben. Die Blockierer und Schmierer bestätigten sich gegenseitig in ihrer Opferrolle. Und sie nahmen die Reaktionen als Bestätigung, solche Aktionen zu wiederholen und gegebenenfalls zu radikalisieren.
Diese Tendenz ist verheerend und auf eine doppelte Eskalation angelegt: Entweder von Seiten der Aktivisten, die angesichts des selbst prognostizierten Weltuntergangs ja kaum mehr etwas zu befürchten und zu verlieren haben, oder von Seiten der durch ihren Aktivismus Betroffenen. Warum sieht der Staat dieser Entwicklung eigentlich tatenlos zu?
Wem solche Aktionen nutzen
Weil diese fanatischen Klimaaktivisten vielleicht als nützliche Idioten angesehen werden? Immerhin meldeten sich nach jeder dieser verrückten Aktionen die Neoliberalen, die Verfechter der fossilen Energieträger und die Autoindustrie zu Wort, um die Aktion politisch auszuschlachten – und zwar in ihrem Sinne.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisierte die Aktion scharf. Das Wahrzeichen sei ein Symbol für Berlin als Stadt der Freiheit. "Einer Stadt, die auch für freie Meinungsäußerung und faire Debatten über unsere Zukunft steht", sagte Wegner am Sonntag:
"Mit diesen Aktionen beschädigt diese Gruppe nicht nur das historische Brandenburger Tor, sondern auch unseren freiheitlichen Diskurs über die wichtigen Themen unserer Zeit und unserer Zukunft."
Justizminister Marco Buschmann (FDP) twitterte: "Das Brandenburger Tor ist ein Symbol für die Einheit unseres Landes in Freiheit. Wer solche Symbole in den Dreck zieht, wird keinen aufrechten Demokraten für sich gewinnen. Das ist Effekthascherei auf Kosten der Allgemeinheit und gegebenenfalls sogar Sachbeschädigung."
Als ob er, der sich offenbar zu den seriösen Demokraten zählt, sich zuvor im Sinne dieser Aktivisten für den Klimaschutz hätte gewinnen lassen.
Die Aktion am Sonntag am Brandenburger Tor in Berlin hat gezeigt, dass die Klimabewegung dringend eine Selbstreflexion braucht. Dazu gehört vor allem, den apokalypsegläubigen Fanatismus zu hinterfragen, um demgegenüber eine auf demokratische Mehrheiten und das hartnäckige Werbung für die eigenen Positionen ausgerichtete Perspektive zu entwickeln.
Dazu gehört vielleicht auch ein Dialog zwischen den Generationen. Denn schon in den Achtzigerjahren waren die Demonstrationen für nukleare Abrüstung von der Einsicht geprägt, dass die menschliche Zivilisation in Gefahr ist, wenn man sich hier nicht durchsetzt. Die Dramatik dieses Kampfes stand dem der Klimaschützer in nichts nach, war aber politisch demokratisch und auf Mehrheiten ausgerichtet.
Uns eben das ist es, was dem radikalen Teil der Klimabewegung heute fehlt.
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