"Letzte Generation" gegen Porsche-Konzern und Reiche

Mit Sekundenkleber-Sand-Gemisch auf der Fahrbahn fixiert: Aktivist der "Letzten Generation". Bild: Letzte Generation

Razzien beeindruckten die Gruppe bisher kaum. Kritik an Blockaden des normalen Berufsverkehrs vielleicht schon eher. Welche neue Strategie jetzt erkennbar wird.

Ein mit Farbe besprühter Privatjet auf Sylt, eigenmächtiges Bäumepflanzen auf einem Golfplatz unter dem Motto "Euer Luxus ist unsere Wasserknappheit", grüne Farbe in einem Yachthafen und Proteste gegen den Porsche-Konzern – die Initiative "Letzte Generation" hat in den vergangenen Wochen verstärkt die Oberschicht mit deren Anteil an der Klimakatastrophe konfrontiert.

Es sieht aus, als wollten sich die "Klimakleber" nun vor allem bei der reichen Minderheit unbeliebt machen und mehr Verständnis für "Normalos" zeigen, nachdem ihre Blockaden des Berufsverkehrs bei einer großen Mehrheit eher schlecht angekommen waren. Bis zu 85 Prozent äußerten sich in Umfragen diesbezüglich ablehnend. Bundesweite Razzien und die drohende Einstufung als kriminelle Vereinigung halten sie aber nicht von Aktionen des zivilen Ungehorsams ab.

Am heutigen Mittwochmorgen blockierten sie Zufahrten zu den Parkplätzen der Hauptversammlung der Porsche-Aktionäre in Stuttgart. Bei zwei Sitzblockaden südlich der Porsche-Arena hatten nach Angaben der Gruppe mehrere Personen ihre Hände mit einem Sekundenkleber-Sand-Gemisch auf der Fahrbahn fixiert. Nach Polizeiangaben dauerte die Blockade ab 9.15 Uhr rund zwei Stunden an, ehe sie "an beiden Standorten gelöst" werden konnte.

Kritik an CO2-Bepreisung

"Die Bundesregierung geht Klimaschutz völlig ungerecht an", erklärte dazu der Beteiligte Mischa Bareuther. Unternehmen, wie Porsche nähmen über Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) direkten Einfluss auf die Regierungspolitik, während Klimaschutzmaßnahmen wie die CO2- Bepreisung Menschen mit niedrigem Einkommen besonders hart träfen, so der Aktivist.

Unsere Bundesregierung nimmt die Reichen nicht in die Pflicht. Für einen gerechten Wandel jenseits von fossilen Lobby-Interessen brauchen wir jetzt einen Gesellschaftsrat Klima.


Mischa Bareuther, Letzte Generation

Statt sich für einen sozial gerechten Klimaschutz starkzumachen, habe sich die Bundesregierung – gemeint ist vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) – auf EU-Ebene für die Rettung des Verbrennungsmotors eingesetzt. Mit ihrem Festhalten an "veralteten fossilen Technologien" werde sie über kurz oder lang die deutsche Wirtschaft an die Wand fahren.

Bereits beim 75-jährigen Porsche-Jubiläum am 8. Juni in Zuffenhausen hatte die "Letzte Generation" mit Blockadeaktionen dazwischengefunkt.

Justizbehörden teils unsicher

Weiterhin beruft sich die Gruppierung auf den grundgesetzlich garantierten Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und das Widerstandsrecht in Artikel 20, Absatz 4. Ungeachtet dessen wurde erst Anfang der Woche wieder eine der Aktivistinnen wegen Nötigung, versuchter Nötigung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Laut einem Bericht der Berliner Zeitung hatte betroffener Autofahrer als Zeuge davon gesprochen, fast eine Panikattacke bekommen zu haben, als er wegen einer der früheren Blockadeaktionen im Stau stand. Die Aktivistin hat angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

Allerdings sind sich Richterinnen und Richter sowie Staatsanwaltschaften nicht hundertprozentig über die rechtliche Bewertung der Gruppe und ihrer Aktionen einig. Vereinzelt kam es auch schon zu Freisprüchen, etwa in einem Fall in Berlin und einem anderen in Freiburg.

Während Münchens Generalstaatsanwaltschaft hart gegen die "Letzte Generation" vorgeht und zuletzt bundesweit Razzien anstrengte, soll es bei anderen Staatsanwaltschaften rechtliche Bedenken geben – das geht laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag aus internen Schreiben hervor.