Libyen: Brutale Folgen der EU-Abschottungsstrategie
Seite 2: Tote zählen nicht
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In den Lagern, die von Milizen gegen gutes Geld beaufsichtigt werden, herrschen, wie geschildert wird, zumindest teilweise Zustände weit jenseits der zivilisatorischen Grundregeln.
Es wird vergewaltigt - da dies seit 2011 im Krieg in Libyen üblich ist - aller Wahrscheinlichkeit nach Männer wie Frauen; Tote zählen nicht; es wird gefoltert und gehungert, Menschen werden eng aneinander gepfercht wie in Ställen; die Toilette ist eine Plastikflasche Wasser, die am Morgen zur Verfügung gestellt wird, in den Räumen stinkt nach Fäkalien. Der Zusatzverdienst für einige Milizen besteht darin, möglichst viel Geld aus den ihnen Ausgelieferten herauszupressen. Andere, die mit der Aufsicht der Lager betraut sind, sagen, dass ihnen die Mittel fehlen, um die Bewohner anständig zu versorgen.
Die Verhältnisse in den Lagern sind durch Reportagen schon länger bekannt. Auf YouTube wimmelt es von solchen Lager-Storys, wobei der Betrachter schnell merkt, dass es sich um sehr unterschiedliche Orte handelt und nicht alle Bilder unbedingt dem entsprechen, was an spektakulären Entgleisungen oder Verhältnissen vorgebracht wird.
Man kann sich mit der "Sensationslust" von Reportern beruhigen. Manchen fällt es vermutlich umso leichter die harten Vorwürfe abzutun, da sie seit Jahren von NGOs vorgebracht werden, deren "Humanismus" nicht zuletzt in Libyen kampagnenmäßig in Misskredit gebracht wurde.
Nun erhebt das UNHCR schwere Vorwürfe in einem aktuellen Bericht über Bedingungen in libyschen Flüchtlingscamps. 19.900 Personen sind nach Auskunft libyscher Behörden (Ministerium für die Bekämpfung der illegalen Migration) in Lagern untergebracht. Mitte September waren es noch 7.000.
Sklaven
Die Bedingungen für die dort Untergebrachten seien inhuman, "katastrophal", ein "Verbrechen am menschlichen Gewissen", wird der Flüchtlingskommissar Zaid Ra’ad Al-Hussein zitiert (hier und hier). Die UN-Besucher seien schockiert gewesen, wobei sie wahrscheinlich Lager besichtigt haben, die auf den Besuch vorbereitet waren.
Zu diesen Vorwürfen gesellte sich dann noch der nächste Bericht - diesmal von CNN - über den Sklavenhandel mit Migranten in Libyen. Die Internationale Organisation für Migrationen hatte Anfang November ebenfalls über das Phänomen in Libyen und Niger berichtet.
Auch Italien und Deutschland gerieten ins Visier der Kritik des Hohen Flüchtlingskommissars Zaid Ra’ad Al-Hussein, wie libysche Zeitungen berichteten, weil sie die Arbeit der libyschen Küstenwache, die die Migranten wieder zurück nach Libyen bringt, unterstützen.
Außenminister Gabriel: "Weit von guten Zuständen entfernt"
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sehe in der Flüchtlingskrise allerdings "keine Alternative zur Unterstützung der libyschen Küstenwache", wird der SPD-Politiker vom Handelsblatt und der Deutschen Welle zitiert.
"Dass wir weit davon entfernt sind, gute Zustände zu haben, da hat die UN völlig recht", sagte Gabriel. Es müsse dafür gesorgt werden, dass die rund 30 Haftzentren in dem Bürgerkriegsland unter eine Kontrolle der UN und der Internationalen Organisation für Migration gebracht würden und dort Sicherheit garantiert werde.