Libyen: Protest gegen EU-finanzierte Foltergefängnisse
Seite 2: Seit 2014 sind 23.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken
- Libyen: Protest gegen EU-finanzierte Foltergefängnisse
- Seit 2014 sind 23.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken
- Die EU mitverantwortlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit?
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Vor dem Angriff und Regime-Change der Nato-Staaten USA, Frankreich und Großbritannien, der den langjährigen Herrscher Muammar al-Gaddafi absetzte und die seitdem andauernde Bürgerkriegssituation einleitete, lebten zeitweise bis zu einer Million Migrant*innen in Libyen, das bis dahin den höchsten Lebensstandard in Afrika vorweisen konnte.
Heute führt das UNHCR noch über 45.000 registrierte Geflüchtete in Libyen in ihrer Kartei. Viele machten sich seit der Invasion vor elf Jahren auf und wagten die lebensgefährliche Reise im Schlauchboot über das Mittelmeer. Seit 2014 ertranken im Mittelmeer nach Schätzungen der (durchaus regierungsnahen) Internationalen Organisation für Migration (IOM) knapp 23.000 Menschen. Im Jahr 2021 stieg die Zahl zum ersten Mal wieder seit 2016.
Sicher auch, weil das Überqueren der EU-Außengrenzen durch verstärkte Kooperation mit den libyschen Behörden und durch technologisierte Seeüberwachung immer schwerer wird, gewinnen die vom UNHCR durchgeführten Evakuierungsflüge an Bedeutung für die Migrant:innen. Jedoch waren diese nun über ein Jahr ausgesetzt, da die libyschen Behörden diese, vorgeblich wegen der pandemischen Lage, verboten hatte.
Unter Umständen ist es als erster Erfolg der protestierenden Geflüchteten zu verbuchen, dass die bürokratischen Apparate die Evakuierungsflüge nun wieder ermöglichten und im November 2021 wieder 172 Schutzbedürftige aus Libyen in den Niger und sogar 93 nach Italien evakuiert wurden.
Doch für viele der nun obdachlosen, aus Gargaresh Vertriebenen sind solche Evakuierungsflüge derzeit keine Option, da die Milizen ihnen bei der Räumung, neben Geld und Wertgegenständen wie Handys auch die Papiere abnahmen.
"Wir sind in Libyen ein Geschäftsmodell"
Die massenhaften Festnahmen von Migranten durch die libyschen Milizen führt der in der ak interviewte Yambio David vor Allem auf Gewinninteressen zurück. "Wir sind in Libyen ein Geschäftsmodell," meint er. Neben der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft durch unbezahlte Zwangsarbeit sei auch die Erpressung von Lösegeld von Angehörigen sehr lukrativ. Dazu kommt die sexuelle Ausbeutung der Frauen.
In dem Zusammenhang kritisiert David auch und besonders die Kooperation der EU mit den libyschen Milizen: "Die europäischen Behörden finanzieren die Haftanstalten mit.
Die Gelder sollen eigentlich die Situation für die Inhaftierten verbessern, stattdessen gehen sie aber an die Milizen, die die Zentren verwalten." Er vermutet auch, dass der Botschafter der Europäischen Union, José Sabadell, mit seiner Äußerung während des Protests vor dem UNHCR, die libyschen Behörden sollen die Sicherheit garantieren, letztendlich grünes Licht für die gewaltsame Räumung der Demonstranten gab.