Linke Ablehnungsfront gegen Waffenlieferungen an die Ukraine

Public Domain; Bild Jeremy Corbyn: Richard Townsend / CC-BY-3.0; Bild Ione Belarra: La Moncloa - Gobierno de España / Bild Jean-Luc Mélenchon: © European Communities, 2016 / CC-BY-4.0

Radikale Diplomatie statt Waffen und "globales Desaster": Mélenchon, Corbyn und spanische Podemos fordern sofortige Deeskalation

Wenn es um Waffenlieferungen für die Ukraine geht, so herrscht allseits Streit, wie zum Beispiel auch in der Linken in Deutschland. In der europäischen Linken kristallisiert sich jedoch eine Ablehnungsfront heraus. Ihr hat im französischen Präsidentschaftswahlkampf gerade der Kandidat Jean-Luc Mélenchon in Lyon am Sonntag vor mehr als 15.000 Anhängern einen klaren Ausdruck gegeben. Der Gründer und Chef von France Insoumise (LFI) verstand die Veranstaltung als "Meeting für den Frieden".

Den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt auch Mélenchon klar. Er hat immer wieder erklärt, dass "Putin die einzige Verantwortung" dafür trage. Doch er widersetzt sich auch dem Vorhaben, Waffen an die Ukraine zu liefern, deren "Recht auf Selbstverteidigung" er allerdings anerkennt. Er spricht von einem "sehr gefährlichen Augenblick", in dem es "zur Zerstörung der Welt kommen kann, wenn wir eine Ausbreitung des Kriegs zulassen".

"Radikale Diplomatie" statt Waffen

Mélenchon tritt für eine "radikale Diplomatie" zur Beilegung ein. "Entweder Diplomatie oder totalen Krieg", hat er in einem Video in spanischer Sprache erklärt, den die Chefin der spanischen Linkspartei Podemos veröffentlicht hat. Ione Belarra fordert darin eine sofortige Waffenruhe. Auch sie fordert von der EU, sich für den Frieden und eine internationale Vermittlung einzusetzen.

Und dafür setzt sich auch der ehemalige Chef der britischen Labour-Partei Jeremy Corbyn ein, der mit Mélenchon und Belarra für eine "Deeskalation" wirbt, da eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen der Nato und Russland ein "globales Desaster" bedeuten könnte. Da alle Krieg mit Verhandlungen endeten, müsse damit "sofort" begonnen werden, fordert Corbyn.

Mit Blick auf die "mutigen Demonstrationen" gegen den Krieg in Russland, plädiert er dafür, "das Schwierigste zu tun: eine Bewegung für eine friedliche Welt aufzubauen". In diesem Sinne wendet sich Podemos-Boss Belarra gerade an verschiedene linke Kräfte in Europa, um eben genau eine "europäische Friedensbewegung" aufzubauen, wie Podemos spanischen Zeitungen bestätigt hat.

Es ist klar, dass der Vorstoß von Podemos, sich mit Corbyn und Mélenchon klar gegen Waffenlieferungen zu positionieren, auch in der spanischen Regierung zu neuen Zerwürfnissen führt, vor allem da Belarra auch von den "Parteien des Kriegs" gesprochen hat, die sich für Waffenlieferungen aussprechen.

Damit hat sie natürlich auch die Sozialdemokraten (PSOE) gemeint. Deren Parteichef und Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte zunächst Waffenlieferungen und eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine abgelehnt.

Angesichts des Mainstreams in der EU fiel der Sozialdemokrat aber schnell um, um eiligst anzukündigen, dass Spanien auch Offensivwaffen liefern werde.

Bruchlinien

Podemos befindet sich in dieser Frage in der Zwickmühle, schließlich ist die Partei Teil der Linkskoalition Unidas Podemos (UP) und darüber an der spanischen Regierung beteiligt. In einer Erklärung zum Kriegsbeginn hatte Podemos zudem erklärt, dass im Hintergrund des Krieges die "Erweiterung der Nato in den Osten Europas" steht.

Sie ist sich darin mit allen linken Kräften im Staat einig, dass die Osterweiterung von Russland nicht nur als militärische Bedrohung empfunden wird, sondern auch die Schaffung einer eigenen europäischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur und -strategie verhindert hat.

Inzwischen musste die Partei erklären, dass sie die Regierung nicht in Frage stellt. Belarra habe auch den Koalitionspartner PSOE nicht als Partei des Krieges bezeichnet, erklärte die Podemos-Sprecherin Isa Serra wenig überzeugend.

Das Podemos-Problem ist, dass in der Frage nicht nur ein klarer Widerspruch zur Sozialdemokratie besteht, sondern zum Teil auch zum Koalitionspartner Vereinte Linke (IU). Denn die IU-Vizeministerpräsidentin Yolanda Díaz verteidigt zum Beispiel die Waffenlieferungen, zuletzt ist ihr auch der farblose IU-Chef und kommunistische Verbraucherschutzminister Alberto Garzón beigesprungen.

Doch in dessen PCE, die in der IU den Ton angibt, ist man darüber wahrlich nicht erbaut. PCE-Chef Enrique Santiago hat auf Podemos-Linie klargestellt , dass Waffenlieferungen "unnütz" seien, da sie eine diplomatische Lösung erschweren.

Es reißen tiefe Bruchlinien auf. Vor dem neuen breiten linken Projekt, dass Yolanda Díaz aufbauen will, türmen sich schon jetzt fast unüberwindbare Hindernisse und Zerwürfnisse auf. Da ist die Ernüchterung über die Arbeitsmarktreform von Díaz und die Tatsache, dass sie die Podemos-Chefin Belarra nicht in ihr Projekt einbezieht, was schon für starken Unmut gesorgt hat.