Spanien: Linke gegen antirussische Eskalation und Nato-Beitritt der Ukraine
Die Entsendung von Kriegsschiffen ins Schwarze Meer spitzt die Konflikte in der spanischen Regierung weiter zu
Eigentlich hatten sich einst auch die spanischen Sozialdemokraten (PSOE) das "Nein zum Krieg" auf die Fahnen geschrieben, als der ultrakonservative Regierungschef José María Aznar Spanien an der Seite der USA und Großbritannien in den Krieg gegen den Irak führte.
Bekannt ist, dass für den völkerrechtswidrigen Angriff die Lüge von angeblichen Massenvernichtungswaffen in den USA herhalten mussten, die dann natürlich nie gefunden wurden, wogegen sich 90 Prozent der Bevölkerung im spanischen Staat ausgesprochen hatte.
Die Sozialdemokraten, nun an der Regierung, haben sich aber vom "Nein zum Krieg" nun ebenso schnell distanziert, wie einst von ihrer Nato-Gegnerschaft. Einst hatte auch der PSOE-Chef und spätere Ministerpräsident Felipe González die Kampagne "Nein zur Nato" getragen. Beim Referendum sprachen er und seine Partei sich 1986 dann aber für eine weitere Nato-Mitgliedschaft aus, wofür 57 Prozent mit Ja stimmten.
Im Baskenland wurde die Nato-Mitgliedschaft aber mit fast 68 Prozent klar abgelehnt wie auch in Katalonien und auf den Kanarischen Inseln fand sich eine klare Mehrheit mit 54 Prozent gegen das Militärbündnis.
Dass die Sozialdemokraten nun Kriegsschiffe ins Schwarze Meer schicken und sich damit an der Eskalation im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland beteiligen, spitzt Spannungen in der Regierungskoalition zu. Denn der Juniorpartner "Unidas Podemos" (UP), in der neben Podemos auch die kommunistisch dominierte "Vereinte Linke" (IU) sitzt, sind gegen eine Einmischung.
Beide Formationen haben mit linken Formationen aus dem Baskenland, Katalonien, Galicien, Valencia und Madrid in einem gemeinsamen Manifest ihre "totale Ablehnung" einer spanischen Mission im Schwarzen Meer ausgedrückt.
Im "Manifest für Frieden und zur Verhinderung eines neuen Krieges in Europa", spricht sich praktisch die gesamte Linke im spanischen Staat für "Deeskalation und Dialog" aus, dass "keine Truppen oder Waffen" in die Ukraine geschickt werden. Die Möglichkeit, dass die Ukraine der Nato beitritt, wird als "Verstoß gegen die eigenen Nato-Verpflichtungen" gewertet.
Dass die Nato aus US-Interessen "in die Ukraine und nach Georgien expandiert", werde von "Russland als militärische Bedrohung empfunden", womit "die Spannungen" in dem Gebiet verstärkt würden. "Die Europäische Union muss vermeiden, in den Konflikt hineingezogen zu werden und konkrete Vorschläge zur Deeskalation formulieren, um einen Konflikt zu vermeiden, der der Ukraine und ganz Europa ernsthaft schaden würde", fordert die Linke im spanischen Staat.
"Glauben Sie, die Leute sind dumm?"
Vor allem der ehemalige Podemos-Chef und ehemaliger Vize-Ministerpräsident Pablo Iglesias macht nach seinem Abgang Druck, jetzt von außerhalb der Regierung. Europa habe "nicht das geringste Interesse" an einer militärischen Konfrontation auf europäischem Boden mit einem Land, das über Atomwaffen verfüge, sagte Iglesias. "Glauben Sie, die Leute sind dumm?", fragte er die sozialdemokratische Verteidigungsministerin Margarita Robles.
Robles hatte zuvor die Entsendung von zwei Kriegsschiffen und dazu die Verlegung von Kampfflugzeugen im Rahmen von Nato‑Übungen nach Bulgarien angekündigt. Sie hatte auch von einer "Nato der Zukunft" gesprochen. Das sei eine Nato der "demokratischen Werte, der Rechte und Freiheiten". Für Robles sei es "inakzeptabel", dass Russland anderen Ländern "Beschränkungen aufzwingen" wolle.
Eben darauf hatte Iglesias auch geantwortet, dass die Nato als Militärbündnis die Interessen der USA verteidige. Es gehe aber nicht jetzt darum, sich für Russland oder für die USA zu positionieren, sondern "für den Frieden", fügte Iglesias an.
Allerdings darf man auch davon ausgehen, dass des nicht nur Streit in der Regierungskoalition gibt, sondern auch in der IU oder Podemos. Denn bekannt wurde auch, dass schon am 21. Dezember im Kabinett eine Entscheidung gefallen ist, in der auch IU- und Podemos-Minister sitzen.
Darin wurde bestätigt, dass sich Spanien an seiner "Verpflichtung zur Abschreckung und kollektiven Verteidigung" festhält und seine "Beziehungen zu den anderen Ländern des Bündnisses" stärke, "indem es sich mit Boden- und Lufteinheiten an den Aktivitäten der verstärkten Vorwärtspräsenz" beteilige IU und Podemos hatten über den Beschluss nicht berichtet und auch nicht erklärt, ob sie dagegen gestimmt haben.
Regierung unter Druck
Es ist aber klar, dass die Spannungen in der Regierungskoalition mit den Vorgängen in Osteuropa weiter zunehmen. Die Koalition ist massiv auch wegen der Arbeitsmarktreform unter Druck, die nächste Woche im Parlament beschlossen werden soll. Die Unterstützer aus dem Baskenland und Katalonien verweigern der Reform der Reform ihre Zustimmung.
Versprochen worden war, die Reform der rechten Vorgänger zu schleifen, doch nun werden nicht einmal die "schädlichsten Aspekte" gestrichen und 95 Prozent der Vorgängerreform bestätigt. An dieser Frage könnte der Sánchez-Regierung die Mehrheit dauerhaft verloren gehen, wenn sie die Reform mit Stimmen der rechten Ciudadanos (Cs) beschließt.
Die neoliberale Partei hat sich als Mehrheitsbeschaffer angeboten, da die Reform ganz auf ihrer Linie liegt. Dafür dürfe aber kein Komma verändert werden, wie es auch die Arbeitgeber fordern, erklärt die Partei.