Linke: Überwachung im militanten Sektor
Seite 2: Andrej Holm im negativen Licht beschrieben
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Der Garten soll sich als Lager für die linke Untergrundzeitschrift 'radikal' erwiesen haben und Hinweise zum Stadtsoziologen Andrej Holm gegeben haben, der im Buch neben Rast ebenfalls namentlich erwähnt wird. Dabei fällt auf, dass er durchweg negativ beschrieben wird.
"Ich stamme aus der DDR, viele meiner Freunde wurden von Mitarbeitern des MfS schikaniert. Deshalb verspüre ich eine gewisse Distanz gegenüber Leuten, die sich einem Geheimdienst andienen - unabhängig davon, ob dieser Ministerium für Staatssicherheit oder Bundesamt für Verfassungsschutz heißt", erklärt Frank Brunner gegenüber Telepolis. Er betont aber, dass diese Befindlichkeiten für das Buch keine Rolle spielten.
Dabei fällt aber auf, dass Brunner nicht erwähnt, dass Holm bereits 2007 über seine Stasi-Vergangenheit mit DDR-Oppositionellen redete und einige ihn auch in den entscheidenden Wochen vor fast einem Jahr verteidigten, als die Front aus Immobilienwirtschaft, rechter Politik und Medien unbedingt verhindern wollte, dass ein außerparlamentarischer Linker, der sich seit Jahren für Mieterinteressen engagiert, Einfluss auf die Politik bekommt.
"Herr Holm hatte zwar zugegeben, in einem Wachregiment des MfS gedient zu haben, nicht aber, dass er eine hauptamtliche Tätigkeit beim MfS angestrebt habe", begründet Brunner sein Insistieren auf dieser Stasigeschichte im Zusammenhang mit Holm, obwohl er selber sagt, dass sie für das Thema des Buches eigentlich irrelevant war. Brunner erklärt auch nicht, warum für ihn der Unterschied bei Holms Darstellung überhaupt so wichtig ist.
Opfer der DDR-Repression interessiert, ob jemand direkt an der Verfolgung von Oppositionellen beteiligt gewesen ist und das haben Holm selbst seine schärfsten Kritiker nicht vorwerfen können. Außerparlamentarische Linke interessiert, was Holm in den mehr als 2 Jahrzehnten nach dem Ende der DDR gemacht hat. Und da war Teil der außerparlamentarischen Linken und vor allem aktiv in der Mieterbewegung.
Hier wird Brunners Aversion besonders deutlich, wenn er schreibt: "Manchmal weiß man nicht, auf welcher Seite zwischen Wissenschaft und Wutbürgertum Holm unterwegs ist… 'Karrieristen sind dem ehemaligen SED-Kader offenbar ein Sakrileg'."
Da klingt Brunner auf einmal wie der Kommentator des rechten Berliner Boulevards und es passt gut, dass er CDU-Politiker Philipp Lengsfeld zum Gewährsmann gegen Holm herbeizitiert und auf dessen pazifistische DDR-Vergangenheit verweist. Dass Lengsfeld heute eine rechte CDU-Politik vertritt und mit Pazifismus nichts mehr am Hut hat, interessiert da nicht.
Hat Holm oder Stasi 2.0 das BKA auf die Spur der mg geführt?
Genau so absurd ist Brunners Behauptung, Holm habe das das BKA auf die Spur der "mg" geführt. Denn damit wird ausgeblendet, was der Autor selbst in dem Buch gut beschreibt. Holm steht wie zahlreiche andere Verdächtigte im Fokus einer Totalüberwachung. Über die verdächtigte Wissenschaftlergruppe, zu der auch Holm gehört schreibt Brunner :
Die Ermittler beginnen das Leben der Männer bis in den entlegensten Winkel auszuleuchten. Von der Liste der Finanzdienstleistungsaufsicht bekommen sie eine Liste mit den Konten der Beschuldigten. Die Fahnder werten Kontoauszüge, Kreditkartenabrechnungen und Kaufbelege aus. Sie wissen, wie viel Gehalt und Honorar die Männer beziehen und wie viel sie davon ausgeben. Ein BKA-Beamter erkundigt sich bei der Abteilung Konzernsicherheit der Deutschen Bahn, ob anhand einer Bahncard die Reisen des Bahncard-Besitzers nachvollzogen werden können. Das können sie, erklärt ein Bahnmitarbeiter, wenn der Kunde am Bonusprogramm teilnimmt. In diesem Fall werden Reisedaten und Zahlungsart gespeichert.
Frank Brunner: Mit aller Härte
Zum Überwachungsprogramm gehören Kameras vor den Wohnhäusern der Männer, GPS-Sender in ihren Autos und natürlich die ständige Handyüberwachung. Auch die lückenlose persönliche Überwachung gehört zum Programm.
Natürlich wird er auch ins Internetcafé begleitet und ein Verfolger macht ein Foto von der Internetseite unter dem Namen "Opelprolls", die Holm wohl nicht aufruft, um sich über PKW-Utensilien auszutauschen. Es geht aber fehl, wenn Brunner spottet, dass ein Wissenschaftler ohne Fahrerlaubnis sich verdächtig macht, wenn er einen solchen Namen für die Internetkommunikation wählt. Hat er doch wenige Seiten vorher beschrieben, dass nicht Holm sondern ein Unbekannter diese Seite einrichtete.
Zudem ist es absurd zu glauben, die Ermittlungen wären eingestellt worden, wenn Holm über eine Internetseite mit dem Namen "Schachfreunde" kommuniziert hätte. Genau darauf stützt sich aber die Behauptung, Holm habe die Ermittlungsbehörden auf die Spuren der "mg" geführt und damit suggeriert, es wäre ein falsches, unvorsichtiges Verhalten von ihm gewesen. Doch man kann ihm höchstens vorwerfen, dass er sich das Ausmaß der Überwachung hat nicht vorstellen können.
Überwachungskritiker haben vor einigen Jahren für ihre "Freiheit statt Angst"-Proteste die Formel Stasi 2.0 gewählt und ernteten dafür teils berechtigte Kritik. Bei dem von Brunner auf Grund von Akten und eigener Recherche gut herausgearbeiteten Überwachungsprogramm ist der Begriff treffend.
Es ist daher auch politisch fatal, wenn er Holm indirekt verantwortlich macht. Nein, dieses Überwachungsprogramm hat die Ermittlungsbehörden auf die Spur geführt. Holm war da nur da eines der ersten Opfer. Kürzlich veröffentlichte die Antifa Freiburg einen längeren Text über die Abschaltung von Indymedia linksunten, in dem sie auch auf bisher nicht bekannte Überwachungsmethoden der Beschuldigten eingeht. Daher sollte dieser Aspekt bei Brunners Buch trotz aller Kritik positiv herausgehoben werden.