Litauen: Abwenden der "demografischen Katastrophe"
"Grüne und Bauern" siegen bei den Parlamentswahlen mit einer Wahlbeteiligung von 37,9 Prozent
Ein Sieg für eine Kleinpartei: Bei der zweiten Tour der Parlamentswahlen am Sonntag in Litauen kann sich der "Bund der Bauern und Grünen" (LVZS) mit 56 der zu vergebenen 141 Sitzen den Koalitionspartner aussuchen. Die LVZS gilt als Neuling, bei der Wahl 2012 war sie nicht über die Fünf-Prozenthürde gekommen. In Frage kommen der konservative "Vaterlandsbund" (31 Sitze) und die Sozialdemokraten unter dem abgeschlagenen Regierungschef Algirdas Butkevicius (17 Sitze).
Butkevecisu hat durch ein umstrittenes Arbeitsgesetz, das Investoren locken soll und litauische Arbeitnehmer in ihren bisherigen Rechten beschneidet, vielen seiner Wähler vor den Kopf gestoßen. Hinzu kamen Korruptionsskandale. Als großes Problem des Landes gilt die Abwanderung aufgrund der niedrigen Löhne (In Litauen muss die Linkskoalition abdanken).
Bei der allgemeinen Politikverdrossenheit, die Wahlbeteiligung lag bei 37,9 Prozent, wirken Außenseiter glaubwürdig. Die Bauern und Grünen, die nach der ersten Wahltour am 9. Oktober mit den Konservativen gleich auf lagen, machten auch das Rennen, da sie den ehemaligen Polizeichef Saulius Skvernelis aufstellten. Der Parteilose konnte sich als Kämpfer gegen die Korruption bei der Bevölkerung einen Namen machen.
"Ich bin ein geselliger Mensch und kommuniziere mit allen", sagte Skvernelius jovial über mögliche Koalitionen nach dem Wahlergebnis. Doch zuerst wird er mit Parteichef Ramunas Karbauskis reden müssen. Der Landwirtschaftsunternehmer und "litauische Oligarch" ist nicht unumstritten, er habe ein "russisches Skelett im Schrank", behauptet die Zeitung "Delfi".
Noch im Jahr 2014 erstellte die Konservative Partei ein Dokument mit dem Titel "Die sanfte russische Beherrschungsstrategie", in der der Einfluss Russlands auf die Partei aufgezeigt wird. Die Unternehmen Karbauskis machten demnach Millionen, indem sie Düngemittel aus Russland auf dem litauischen Markt verbreiteten.
Der Gewinn des Unternehmers sei demnach vom "guten Willen der politischen und wirtschaftlichen Eliten Russlands" abhängig. Landsbergis, der Chef der Konservativen, forderte Karbauskis darum nach den Wahlen auf, sich endlich für eine klare politische Linie zu entscheiden.
Litauen ist eines der EU-Länder, das sich am deutlichsten für die Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland ausspricht. Hier ist die konservative Präsidentin Daria Grybauskaite tongebend, die die offizielle Stationierung russischer Kurzstreckenraketen Anfang Oktober in Kaliningrad mehrfach scharf verurteilte.
Karbauskis machte jedoch vor allem einen innenpolitischen Wahlkampf - höhere Löhne, mehr Wirtschaftswachstum und dazu ein wenig mehr Staat, der einige Monopole wie Alkohol und Pharmazie behalten soll. Das wirtschaftsliberale Arbeitsgesetz der Sozialdemokraten, das im Januar in Kraft treten soll, will er entschärfen. Regieren soll ein "Kabinett von Experten".
Die Erwartung der Wähler in dem Land mit 2,8 Millionen Einwohnern ist klar - die Abwanderung muss gestoppt werden, um die "demografische Katastrophe abzuwenden", wie Karbauskis es nennt. Noch im letzten Jahr flüchteten 45.000 aus dem Land, Tendenz steigend.