Lockdown-Folgen: Kitas und Schulen sollen öffnen
Bundespolitiker für Ende der Schließung vorschulischer und schulischer Einrichtungen. Wohl auch, weil die Folgen bis in die Mittelschicht spürbar werden
Angesichts der kommenden Bund-Länder-Konferenz zum andauernden zweiten Corona-Lockdown nimmt die Debatte über soziale Folgen der Pandemiemaßnahmen an Fahrt auf. Im Zentrum steht dabei der Umgang mit der vorschulischen und schulischen Bildung. Denn nach wochen- bis monatelangen Schließungen von Bildungseinrichtungen und einer damit einhergehenden mangelnden Kontrolle der Schulpflicht mehren sich die Anzeichen für Langzeitschäden vor allem bei Vorschulkindern und Schülern aus Familien mit sozialen Problemen.
Doch auch für Angehörige der gut aufgestellten Mittelklasse wird die Abkehr des Staates von seiner Fürsorgepflicht in der Bildung zunehmend zur Belastung. Dies vor allem dürfte die etablierten Parteien, die ihre Wählerschaft – von der Linken über die bürgerliche Mitte bis hin zur AfD – maßgeblich aus dieser sozialen Gruppe rekrutieren, zum Umdenken bewegen.
So hat sich SPD-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz zu Beginn dieser Woche für eine rasche Öffnung von Kitas und Schulen ausgesprochen. Im ZDF-Morgenmagazin sagte Scholz, es würde ein großes Problem werden, "wenn die Kinder zu lange nichts lernen".
Bislang ist der sogenannte harte Lockdown mit Schließung der vorschulischen und schulischen Bildungseinrichtungen bis zum kommenden Sonntag befristet. Die Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten überprüft die Einschränkungen regelmäßig, so auch an diesem Mittwoch. Zuletzt hatten sich die Forderungen nach einer baldigen Öffnung von Kitas und Schulen gemehrt, auch, weil die Infektionszahlen rückläufig sind.
Steinmeier: "Grundrechte einzuschränken ist keine Kleinigkeit"
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die wie Scholz der SPD angehört, äußerte sich gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung besorgt über die Auswirkungen der Lockdown-Politik auf Kinder und Jugendliche. Man könne nicht davon ausgehen, dass junge Menschen "das alles einfach so wegsteckten", heißt es in der FAZ unter Berufung auf die Bildungsministerin.
Auch könne man nicht erwarten, dass Kinder und Jugendliche nach der Corona-Pandemie einfach wieder "funktionierten", als wäre nichts gewesen. "Wir sehen zunehmend körperliche und seelische Belastungen und Ängste", so die SPD-Politikerin.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht sich inzwischen für ein Ende der Kita- und Schulschließungen aus. Dies sei "besonders bedeutsam", so Steinmeier, der gegenüber der Rheinischen Post auf eine Öffnungsperspektive drängte. "Die Grundrechte einzuschränken ist keine Kleinigkeit, und ihre Ausübung wieder herzustellen ist Pflicht der Politik, sobald die Infektionslage das zulässt."
Lehrer- und Schulverbände mit unterschiedlichen Positionen
Unterschiedliche Positionen nehmen Lehrer- und Schulverbände ein - abhängig davon, ob sie das Wohl der Lehrkräfte oder der Schüler fokussieren. So warnte der Deutsche Lehrerverband vor einer schnellen Wiedereröffnung der Schulen. Dies sei nur "sehr behutsam und vorsichtig" und "auf keinen Fall flächendeckend in allen Regionen möglich", so Verbandspräsident Hans-Peter Meidinger gegenüber der Welt.
Der Lehrerverband tritt für eine stufenweise Rückkehr in den Wechselbetrieb zwischen Präsenz- und Fernunterricht ein. Auch fordert die Interessenvertretung frühestmögliche Impfung von Lehrkräften und Schnelltests im Wochentakt bei Schülern und Lehrenden.
"Die grundlegende Bildung unserer Kinder ist eines der höchsten Güter der Zivilisation und für unsere Gesellschaft von hoher Systemrelevanz", schrieb hingegen der Grundschulverband bereits Anfang Januar. Die Versäumnisse der letzten Monate und die anstehenden Probleme erforderten ein gezieltes Krisenmanagement. (Lieber Unternehmen zusperren als Kinder einsperren)
Der Grundschulverband forderte die Absicherung der Unterrichtsqualität "nicht nur für das Erlernen der Kulturtechniken, sondern auch für die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder".
Benötigt würden dafür "zusätzliche Personalmittel, intelligente Personalgewinnungskonzepte, grundschulgerechte digitale Lösungen und weitere Medien- und Lernangebote." Von besonderer Bedeutung seien Beratungsangebote für Familien, um psychologische Belastungen von Familien und Kindern aufzufangen.
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