Luft nach oben bei der Windkraft

2020 war das zweitschwächste Ausbaujahr seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Gemessen an dem historischen Tiefstand von 2019 geht es mit dem Ausbau der Windkraft in Deutschland bergauf: Nach Zahlen von Branchenverbänden wurden im Jahr 2020 deutlich mehr neue Windenergieanlagen in Betrieb genommen als im Vorjahr - allerdings wurde damit nicht einmal ein Drittel des Zubaus von 2017 erreicht.

Im vergangenen Jahr kamen in der Bundesrepublik an Land 420 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 1.431 Megawatt hinzu - das geht aus Zahlen der Deutschen WindGuard im Auftrag des Bundesverbands WindEnergie und des Fachverbandes VDMA Power Systems hervor. 2017 waren es 1.792 Anlagen mit 5.333 Megawatt Leistung.

"Wir haben mit dem Marktwachstum im Jahr 2020 zwar den ersten Schritt aus der Talsohle erreicht, dennoch klaffen Anspruch und Wirklichkeit beim Zubau zu weit auseinander", sagte Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz.

Das Wachstum von 2020 entspricht zwar einer Steigerung von rund 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Einen so niedrigen Stand wie 2019 hatte der Ausbau aber seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 noch nie erreicht. 2020 war demnach das zweitschwächste Jahr.

Verweis auf die Klimaziele

Für 2021 prognostizieren die Verbände auf Basis der bezuschlagten Projekte einen Ausbau in der Größenordnung von 2.000 bis 2.500 Megawatt. "In diesem Schneckentempo erreichen wir die Klimaziele nicht", so die Hauptgeschäftsführerin des Energieverbandes BDEW, Kerstin Andreae. Dafür sei mindestens die dreifache Zubaumenge pro Jahr erforderlich. Die Bundesregierung lege aber "dem Ausbau der Windenergie weitere Steine in den Weg", warf Andreae Union und SPD vor.

Als Gründe für den stockenden Windkraftausbau nennen die Branchenverbände lange Genehmigungsverfahren und viele Klagen. Dabei geht es nicht immer um Artenschutz und durch Windräder gefährdete Vögel, auf die gerne verwiesen wird, wenn Gegner der Energiewende bei Umweltbewegten einen wunden Punkt suchen. Auch durch die vorgeschriebenen Abstände zu Luftfahrt-Navigationsanlagen der Bundeswehr scheiden etliche Flächen für Windkraftanlagen aus.

"Brandbrief" an Laschet

In Nordrhein-Westfalen sollen zudem bereits 1.000 Meter Mindestabstand von Windrädern zur Wohnbebauung vorgeschrieben werden, wo zehn Wohnhäuser zusammenstehen - in dem dicht besiedelten Bundesland könnte es dadurch schwierig werden, überhaupt noch geeignete Flächen zu finden. "Damit wird faktisch der Windenergieausbau zum Erliegen kommen", hieß es am Dienstag in einem "Brandbrief" von Betreibern und Planern von Windkraftanlagen an Laschet, der sich nur sehr bedingt auf Argumente wie Wohnqualität, Landschafts- und Tierschutz berufen kann.

"Dazu passt, dass Laschet Dörfer abbaggern lässt, während er ohne Not größere Abstände zwischen Wohnhäusern und Windrädern will", betonte der klima- und energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Lorenz Gösta Beutin, am Dienstag gegenüber Telepolis.

Tatsächlich nimmt die NRW-Landesregierung auf Wohnhäuser wenig Rücksicht, wenn sie in der Nähe von Braunkohletagebauen stehen. Für den Kohleabbau des Energiekonzerns RWE im Rheinischen Revier sollen nach Plänen der Landesregierung immer noch ganze Dörfer weichen, obwohl auf Bundesebene der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen ist - bis "allerspätestens" 2038. In den kommenden Jahren werde immer wieder überprüft, "ob wir Stilllegungen vorziehen können", hatte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Juli 2020 versprochen.

Windkraft gilt als zentrale Säule der Energiewende. Um diese zu beschleunigen, war im Bundestag zum Jahresende 2020 eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verabschiedet worden. Die "schwarz-rote" Koalition hatte aber zugleich vereinbart, im ersten Quartal 2021 einen weitergehenden Ausbaupfad für die erneuerbaren Energien zu definieren.

Beispielsweise könnte die Zielmarke für den Ausbau der Windkraft erhöht werden. Für das Jahr 2030 wurden bis dato 71 Gigawatt Gesamtleistung aus Windrändern in Deutschland angestrebt. Zum Jahresende 2020 lag deren Gesamtleistung bei rund 55 Gigawatt. Hintergrund für die angekündigte Nachschärfung im EEG ist, dass die EU ihre Klimaschutzziele heraufgesetzt hat.

In Lützerath, einem der Orte, die im Rheinischen Revier für den Tagebau Garzweiler II geopfert werden sollen, kam es gleichwohl vergangene Woche zu Abrissarbeiten.