Luftverschmutzung: Einfach Luftfilter auf die Radwege stellen
Seite 2: Autobahnen abreißen
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Während hierzulande bis 2030 noch über 800 Kilometer Autobahnen gebaut werden sollen, gibt es in den USA demnächst Geld für Autobahn-Abriss. Zumindest, wenn es um Stadtautobahnen geht. Im US-Senat wird derzeit über ein Zehn-Milliarden-Dollar-Programm diskutiert, das Städten helfen soll, den Rückbau sowie die Sanierung der an den Straßen liegenden Nachbarschaften zu finanzieren.
Das hätte man mal den Kielern sagen sollen. In Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt wurden in den 1970er und 1980er Jahren vierspurige Rennpisten direkt unter die Fenster von Mietskasernen gebaut. Irgendwann fing man dann mal an, die Luftqualität zu messen.
Und siehe da, es war ein ziemlich toxischer Cocktail, den man den meist eher ärmeren Menschen zumutete, die an solchen lärmigen Zeugen des automobilen Fortschritts wohnen müssen, weil sie sich die anderswo verlangte höhere Miete nicht leisten können. So toxisch, dass die gesetzlichen Grenzwerte überschritten wurden und Umweltschützer vor Gericht Maßnahmen einklagten.
Was tun? Amerikanische Methode? Nein. Lieber die Straße erstmal durch eine Baustelle verengen, einen schönen neuen Radweg bauen - soweit nicht das Verkehrteste - und auf diesen sodann große Luftfilter stellen. Unter die Fenster der geplagten Anwohner und praktischerweise in unmittelbarer Nachbarschaft zur Messstation. Die machen nun die Luft sauber. Ein bisschen. Und ja, vermutlich ein wenig sehr lokal begrenzt.
Anfang Januar konnte das Lokalblatt dann verkünden: "Die Luft ist rein." Ein neckisches Wortspiel angesichts der drohenden Bußgelder.
Erstmals seit Beginn der Messungen vor neun Jahren werden die Messwerte nun eingehalten. An der Messstation. Wo sonst? Dem verlinkten Artikel ist ein Foto der genialen Anordnung beigefügt. Unwahr ist hingegen, dass der Kieler Ratsversammlung ein Antrag vorliegt, die Fördestadt in Schilda umzubenennen.
Teure Autobahnen
Anderswo in Schleswig-Holstein geht der Autobahnbau derweil seinen gewohnten Gang. Das heißt, er verteuert sich drastisch. Mindestens sieben Milliarden Euro soll ein 214 Kilometer langes Teilstück der A20 kosten, hat dieser Tage eine Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz ergeben.
Seit fast 30 Jahren streitet man im nördlichsten Bundesland über die Verlängerung der Ost-West-Autobahn A20, mit der man nach dem Anschluss der DDR schon bei Lübeck wertvolle Naturreservate zerstört hat.
Im Osten führt die Piste inzwischen durch Mecklenburg-Vorpommern bis zur polnischen Grenze, natürlich ohne je den einst versprochenen Aufschwung für die sich entvölkernde Region gebracht zu haben. Im Westen wollen Landespolitiker sie nördlich an Hamburg vorbei zur Elbe führen, um diese mit einem Tunnel zu queren und eine weitere Autobahnverbindung nach Niedersachsen zu schaffen.
Wichtiges Argument ist der äußerst starke LKW-Verkehr auf den Straßen des Landes, mit dem Waren von Skandinavien nach Westeuropa und umgekehrt geschafft werden. Natürlich könnte man für den Gütertransport auch die Bahn nehmen. Immerhin ersetzt ein Güterzug 52 LKW. Doch dafür mangelt es an entsprechenden Anreizen. Auch hapert es an der Bahninfrastruktur, denn durch das Land zieht sich der Nord-Ostsee-Kanal. Über den hat man seinerzeit bei dessen Bau vor über 120 Jahren drei Eisenbahnbrücken angelegt und sich seitdem nicht allzu viel um Ersatz oder Anpassung an den steigenden Bedarf gekümmert.
Während in Dänemark Eisenbahnbrücken übers Meer gebaut wurden, stellt somit das deutsche Schienennetz inzwischen auch im Norden mit seinen teils maroden Brücken ein Nadelöhr im europäischen Eisenbahnverbund dar. Die Schweizer, die seit Jahren auf die deutschen Zubringer für ihre neuen Tunnel warten, kennen das. Aber dafür hat Deutschland das vermutlich dichteste Autobahnnetz der Welt.
Verbrenner-Dämmerung
Und auf dem sollen natürlich vor allem deutsche Pkw mit Benzin oder Dieselmotoren fahren. Von einem Zulassungsstopp will die hiesige Auto-Lobby weiter nichts wissen. Auch in dieser Beziehung ist man in den USA etwas weiter. Der US-Bundesstaat Massachusetts will den Verkauf von Diesel- und Benzinfahrzeugen verbieten. Ab 2035 dürfen nur noch E-Autos angeboten werden, schreibt die Platform Clean Technica.
Ähnliche Ankündigungen und Pläne mit unterschiedlicher Verbindlichkeit gibt es bereits aus den US-Bundesstaaten Kalifornien und New Jersey, außerdem unter anderem aus Japan, Österreich, Frankreich, Ägypten, China, Indien (für Drei- und Zweiräder) und Norwegen.
Auch hierzulande hatte 2016 der Bundesrat einen entsprechenden Vorstoß gemacht. Zwischenzeitlich scheint dieser aber in Vergessenheit geraten zu sein.
Noch ein Atommeiler weniger
Schweden hat zum Jahresende nach 44 Betriebsjahren den Reaktor Ringhals 1 stillgelegt, wie das Internet-Fachmagazin Nuclear Ingineering International schreibt. Nach sieben Jahren Bauzeit war die Anlage 1976 in Betrieb gegangen.
Ende 2019 war bereits Ringhals 2 stillgelegt worden. Damit werden an diesem Küstenstandort südlich von Göteborg nur noch zwei Reaktoren betrieben.
Mehrheitseigner Vattenfall habe bereits 2015 entschieden, dass es sich angesichts niedriger Strompreise nicht lohne, mit umfangreichen Investitionen die Laufzeit auf die ursprünglich geplanten 50 Jahre auszudehnen.
Nachdem Schweden in den letzten zwei Jahrzehnten nach und nach sieben Reaktoren stillgelegt hat, laufen in dem Land zwischen Nord- und Ostsee noch sechs Meiler, und zwar seit 35 bis fast 41 Jahren.
2019 hatten Atomkraftwerke 38,8 Prozent des in Schweden erzeugten Stroms geliefert. 39 Prozent trugen Wasserkraftwerke und 12 Prozent Windräder bei, wie die schwedischen Statistiken zeigen.
Von Solarenergie erwartet man angesichts der langen Winternächte so hoch im Norden nicht viel. 2019 lag ihr Beitrag lediglich bei 0,4 Prozent. Mit dem Fortschritt der technischen Entwicklungen und dem weiteren Preisverfall könnte sich das allerdings ändern, denn zum Ausgleich für den langen, dunklen Winter gibt es Sommersonne in Hülle und Fülle. Der äußerste Norden des Landes kennt sogar die Mitternachtssonne.
Und es gibt interessante Innovationen. Erst vor einem Jahr wurden zum Beispiel am Rande von Stockholm die ersten in Dachziegel integrierten Solarzellen verbaut. Hersteller Midsummer spricht von "unsichtbaren" Anlagen. Gute Aussichten also, dass der seit langem beschlossene schwedische Atomausstieg im gerade begonnenen Jahrzehnt endlich umgesetzt werden könnte.