MH17: Kehrtwende bei der Untersuchung des Abschusses?
Seite 2: Statt Mordanschlag ein Versehen?
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In einem Interview mit der Zeitung NRL schlug JIT-Chef Fred Westerbeke einen neuen Kurs ein. Man habe 2017 eine große Menge an Material erhalten, das noch ausgewertet werden müsse. Es sei noch zu früh, um Schlüsse zu ziehen, da einige Fragen noch offen seien. So ist man offenbar nun erst auf die Frage gestoßen, warum die Separatisten eine Passagiermaschine und keine ukrainische Militärmaschine abgeschossen haben: "Das ist wirklich eine wichtige Frage." Und darauf würde viel hindeuten.
In der Tat ist dies eine wichtige Frage, welchen Nutzen sich die Separatisten, sollten sie dies mit oder ohne russische Unterstützung gemacht haben, davon versprochen haben könnten. Schon früh wurde gemutmaßt, dass die Passagiermaschine versehentlich abgeschossen worden sein könnte. Das ließe sich aus abgehörten Gesprächen schließen. Wäre dies versehentlich geschehen, müsste sich die Anklage entscheidend verändern und würde mehr Gewicht auf die Entscheidung der Ukraine fallen, den Luftraum über dem Kampfgebiet nicht für Zivilflugzeuge zu sperren. Auch der Anteil Russlands, geht man von einer Beteiligung des russischen Militärs aus, müsste sich ändern. Jetzt also scheint man erstmals nach zweieinhalb Jahren die möglichen Motive zu betrachten. Westerbeke will allerdings vorbeugen und sagte, es habe sich um einen Bürgerkrieg gehandelt, bei dem ein Angriff kein Krieg sei, sondern ein Terroranschlag. Da würde man sich natürlich genauso fragen müssen, wie eine Bombardierung aus der Luft in einem Bürgerkrieg zu bewerten wäre.
Der Fehler könne keiner einzelnen Person zugeschrieben werden, sagte Westerbeke, es müssten mehrere Menschen beteiligt gewesen sein. Das JIT suche weiterhin nach Zeugen, die nun sagen sollen, wie ein solcher Irrtum entstanden ist und wie sich dies strafrechtlich einordnen ließe. Westerbeke beeilte sich aber zu bekräftigen, dass etwas, das sich zufällig ereignet hat, nicht automatisch bedeute, dass man strafrechtlich nicht verantwortlich sei: "Wenn ich auf eine Gruppe von Menschen vor meinen Augen eigenhändig mit meiner Pistole schieße, kann ich sagen, dass ich niemanden töten wollte. Aber wenn das dann passiert, bin ich verantwortlich." Man müsse untersuchen, was das Team über das Buk-System wusste, wie Entscheidungen getroffen wurden und wofür das Team verantwortlich gemacht werden kann.
Man könnte fast vermuten, dass man im JIT versucht, eine Lösung zu finden, bei der Moskau und Kiew das Gesicht wahren könnten. Zwar wären die Separatisten für den Abschuss verantwortlich, aber eigentlich hatte man die Absicht, eine Militärmaschine in einem damals offenen militärischen Konflikt abzuschießen. Ist halt dumm gelaufen. Aber wenn es um Motive geht, würde wohl doch stärker die Ukraine ins Blickfeld rücken, die vor allem von dem Abschuss der MH17 politisch, wirtschaftlich und militärisch profitiert hatte.