MH17 und kein Ende
Putin wurde auf dem G20-Gipfel von May zu Skripal und von Rutte zu MH17 angesprochen. In beiden Fällen bleibt trotz Beschuldigung und angeblichen Beweisen vieles ungewiss
Der russische Präsident Wladimir Putin wurde auf dem G20-Gipfel von der britischen (Noch)Premierministerin Theresa May auf den Skripal-Fall angesprochen. Sie sagte, es gäbe "unwiderlegbare Beweise" für die Verantwortung Russlands, das die beiden Verdächtigen, die von der britischen Polizei gesucht werden, ausliefern und derartiges Verhalten einstellen müsse. Was Putin darauf entgegnete, ist unbekannt. Er hatte schon zuvor in einem Interview die Spionage-Geschichte heruntergespielt und erklärt, dass Skripal zwar ein Verräter ist, aber schon bestraft worden sei. Nach Fotos sind die beiden offenbar nicht vorangekommen, man reicht sich halt die Hand, wie es sich gehört.
Es war unsicher, ob sich Putin auch mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte treffen würde. Der wollte einmal wieder den Abschuss der MH17 über der Ostukraine ansprechen, für den die niederländische Regierung gemeinsam mit der australischen Regierung bereits nach dem Bericht des Gemeinsamen Ermittlungsteams (JIT) im letzten Jahr direkt die russische Regierung verantwortlich gemacht hatte. Vor dem Gipfel hatte das JIT die ersten Angeklagten beschuldigt, einen Ukrainer und drei Russen, die zur Zeit des Abschusses beim Geheimdienst GRU bzw. FSB gearbeitet haben und für den Transport des Buk-Systems der 53. Flugabwehrbrigade aus Kursk nach Pervomaisky verantwortlich sein sollen (Internationales Ermittlungsteam nennt die ersten Verdächtigen).
Schon davor hatte die malaysische Regierung, das Land ist JIT-Mitglied, den Ermittlungen Einseitigkeiten vorgeworfen. Es gebe keine Beweise für die Schuld Russlands, hatte vor allem Mohamed Mahathir, der nach einer längeren Unterbrechung wieder Regierungschef wurde, dem JIT vorgeworfen. Von Anfang an habe man nur Russland verantwortlich machen wollen. Mahathir wiederholte den Vorwurf auch nach der JIT-Pressekonferenz (Malaysischer Regierungschef kritisiert das JIT erneut als "politisch motiviert"). Malaysia war erst später nach Widerstand in das JIT aufgenommen worden, obgleich es sich um eine malaysische Maschine handelte und im Gegensatz zur Ukraine Bürger Malaysias ums Leben kamen.
Zum G20-Gipfel hatte nun der malaysische Außenminister Datuk Saifuddin Abdullah am Freitag noch einmal die Skepsis der Regierung herausgestellt. Obgleich vier Verdächtige benannt wurden, fehlten sichere Beweise. Es gebe noch einige Fragen zum Vorfall, vor allem, weil Malaysia erst Monate nach der Einrichtung des JIT dazu kommen durfte: "So lange wir nicht klar die konkreten Beweise für die vier Namen sehen, gehen wir davon aus, dass die Ermittlungen noch nicht beendet sind." Die malaysische Regierung bleibt zwar schuldig, was genau sie nicht als Beweis ansieht, das JIT hat allerdings nach eigener Auskunft auch noch nicht alle Beweise vorgelegt, was man erst vor Gericht machen werde.
Der niederländische Regierungschef Rutte hatte dann tatsächlich Putin kurz getroffen und mit ihm angeblich über MH17 gesprochen, was nicht nur für die Niederlande noch eine "offene Wunde" sei. Allerdings wollte er nichts Näheres davon berichten. Die Gespräche über dieses sensible Thema müssten vertraulich bleiben, aber er werde Putin immer wieder darauf ansprechen.
Das JIT wirft Russland vor, nicht zu kooperieren, was Russland ebenso wie die Verantwortung für den Abschuss zurückweist. Nach Russland habe das JIT die Informationen von russischer Seite nicht wirklich berücksichtigt. Vor kurzem hatte Putin wiederholt, dass das JIT bislang keine hieb- und stichfesten Beweise geliefert habe. Man habe eine eigene Version, die man vorgestellt habe, "aber sie wollen uns nicht zuhören". So lange es keinen "wirklichen Dialog" gebe, werde man den Vorfall nicht aufklären können. Die Unterredung mit Rutte fand man im Kreml offenbar so unbedeutend, dass sie dort nicht erwähnt wird.
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Hector Reban hat noch einmal einige der kritischen Punkte an der Darstellung von JIT und Belingcat zusammengefasst. Er ist durchaus skeptisch, was die irrlichternde russische Position betrifft. Allerdings moniert auch er, dass die abgehörten Telefongespräche kaum konkrete Hinweise bieten und stark interpretationsabhängig sind. Es ist noch nicht einmal sicher, auch nach JIT, dass die gefundenen Raketenteile auch zu der Waffe gehören, mit der MH17 abgeschossen wurde. Russland behauptet, die Raketenteile würden von einer Buk stammen, die 1986 an die Ukraine geliefert wurde. Strittig ist die Herkunft und Aufnahmezeit von Bildern des Buk-Transports.
Interessant ist auch, dass es keine Übersicht über die Orte gibt, an denen ukrainische Buk-Systeme am Abschusstag stationiert waren. Das JIT kümmerte sich auch nicht weiter über Meldungen, nach denen den Separatisten ein ukrainisches Buk-System in die Hände gefallen sein soll. Und das JIT verweist auf einen amerikanischen Bericht, der vor Gericht verwendet werden könne. Danach seien die amerikanischen Behörden zu der Feststellung gekommen, dass das Buk-System sechs Kilometer südlich von Snizhne abgeschossen wurde, was konsistent mit dem Befund sei, dass die Abschussstelle in der Nähe von Pervomaikskiy sein soll: "Zusätzlich wird erwähnt, sie seien sich der Tatsache sicher, dass die ukrainische Luftabwehr dies nicht getan habe konnte", wird in dem JIT-Bericht erklärt. Das sei, so Reban, die einzige Aussage des JIT über ukrainische Buk-Systeme.
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