Madrid inhaftiert zwei Führer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung

Die spanische Regierung setzt weiter auf Konfrontation und Macht, der katalanische Präsident spricht von "politischen Gefangenen"

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Madrid hat den Konflikt mit der katalonischen Unabhänigkeitsbewegung zugespitzt und scheint auf Konfrontation zu setzen. Die Richterin Carmen Lamela des nationalen Strafgerichtshofs, der Audiencia Nacional de España, hat die präventive Inhaftierung von Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, den Präsidenten der für die Unabhängigkeit eintretenden katalanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen ANC und Òmnium angeordnet. Sie waren am Montag zu einer Vernehmung einbestellt worden.

Den beiden wird vorgeworfen, Menschen zu Versammlungen am 20. September vor dem Wirtschaftsministerium und anderen Orten in Barcelona über die Website cridademocratica.cat und einen Whatsapp-Account aufgerufen zu haben. Damals hatten Tausende von Katalanen verhindert, dass die Polizei im Wirtschaftsministerium eine Razzia durchführt, nachdem bereits Beamte mit dem Vorwurf festgenommen worden waren, einen Aufstand anzuzetteln.

An den Chef der Mossos, der katalanischen Polizei, traute man sich noch nicht so scharf heran. Josep Lluís Trapero bleibt in Freiheit, aber es werden demütigende "Vorsichtsmaßnahmen" ergriffen. Er muss sich alle 15 Tage bei einem Gericht in der Nähe seines Wohnorts melden, darf Spanien nicht verlassen, sein Pass wurde entzogen.

Die Massenproteste vom 20. und 21. September waren nach Ansicht der Richterin "keine isolierten, zufällige oder friedlich zustande gekommenen Proteste zur Ablehnung von Polizeiaktionen" gewesen, die von einem Richter angeordnet waren. Sie seien Folge einer "komplexen Strategie, mit der Cuixart und Sànchez die Unabhängigkeit Kataloniens" anstrebten. Es bestehe Wiederholungsgefahr und Gefahr der Beweismittelvernichtung.

Auch am Tag, an dem das Referendum abgehalten wurde, hätten die beiden ihre Anhänger zur Teilnahme, zum Verbleib in den Schulen, in denen die Abstimmung stattfand, und zum Widerstand gegen die Polizei aufgerufen, die das Referendum zu verhindern suchte. Auch vor anderen Gebäuden hätten keine friedlichen Demonstrationen stattgefunden, sondern die Menschen hätten versucht, Regierungsmitarbeiter und Institutionen zu "schützen". So hätten die beiden Angeklagten Menschen dazu aufgerufen, die Guardia Civil zu stoppen.

Nach dem Haftbefehl hätten die beiden Angeklagten nicht versucht, die Risiken zu vermeiden oder zu vermindern. Ihre Kontrolle über die Massen, die sie zusammengerufen hatten, hätten sie nicht zur Auflösung der Versammlung benutzt, die die Polizisten daran hinderten, die Anordnungen des Gerichts auszuführen. Den Mossos wird vorgeworfen, am Tag der Abstimmung passiv gewesen zu sein oder Menschen vor der Nationalpolizei und der Guardia Civil geschützt zu haben. Trapero wird beschuldigt, in die Strategie zur Ablösung von Katalonien von Spanien eingebunden zu sein. Der erklärte, es wären von den Mossos Gassen geschaffen worden, die aber nicht benutzt worden seien. Man habe die Menge nicht aufgelöst, um keine schwere Störung der öffentlichen Ordnung ohne praktische Folgen zu verursachen.

Aufruf zu friedlichen Protesten

Jordi Sánchez rief die Unabhängigkeitsanhänger dazu auf, auf die Entscheidung der Richterin mit Einheit und Friedlichkeit zu reagieren. Er sagte: "Sie wollen uns ängstigen und bestrafen, weil wir die Freiheit verteidigt haben und auf die Straße gegangen sind, wie wir das schon lange machen." Was immer in den nächsten Tagen geschehen werde, sollte die "permanente Mobilisierung" bis zur Ausrufung der Republik fortgesetzt werden. Aber dabei müsse man weiter die Haltung bewahren, die die Bewegung stark gemacht haben: "Einheit, Friedlichkeit und Vertrauen in uns selbst."

ANC und Òmnium rufen für heute Mittag zu Protesten vor Arbeitsämtern und um 19 Uhr zu einer "pazifistischen und demokratischen" Schweigeversammlung in Barcelona und anderen Städten auf. In Barcelona und anderswo reagierten die Menschen mit dem lautstarken Schlagen von Töpfen.

Der katalonische Präsident Carles Puigdemont, der selbst mit Inhaftierung rechnen muss, kritisierte die Festnahme via twitter. Man würde vorgeben, "Ideen einzusperren, aber das lässt bei uns nur die Notwendigkeit der Freiheit stärker werden". Auf Englisch legte er gegenüber der internationalen Öffentlichkeit nach: "Spanien sperrt Führer der katalonischen Zivilgesellschaft wegen der Organisation friedlicher Demonstrationen ein. Traurig, dass wir wieder politische Gefangene haben." Auch der Vizepräsident Oriol Junqueras gab seinen Ärger über Twitter Ausruck: "Wir wollen sprechen, uns verständigen und miteinander reden, und die PP antwortet über die Staatsanwaltschaft mit Gefängnis für Jordi Sánchez y Jordi Cuixart."