Mak(z)edonien: Wenn der Name zum casus belli wird

Seite 2: Makedonien und die Namensrechte

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Als wäre der Namensstreit nicht ohnehin kompliziert genug, wird er von einigen Details noch verwirrender gemacht. "Makedonien" als Begriff ist allen Griechen präsent.

Nur haben einige Verwaltungsreformen aus der geographischen Region Makedonien drei verwaltungsmäßige Teile gemacht. West-Makedonien, Zentral-Makedonien und Ost-Makedonien und Thrazien machen in Griechenland Makedonien aus.

Auf die Idee, zur Sicherung der Namensrechte, ein einheitliches Makedonien ohne Namenszusatz zu schaffen, ist in Griechenland noch kein regierender Politiker gekommen. Denn damit wären die Provinzhauptstädte und die damit verbundenen lokalpolitischen Gewinne perdu.

Ohne administrative Verankerung der Namensrechte, rein auf die Historie begründet, stößt die griechische Verhandlungstaktik bei den Mächtigen von EU und NATO jedoch auf taube Ohren.

Für die Anhänger des Namensrechts der EJRM sind solche Feinheiten ebenso gefundenes Fressen, wie staatliche Dokumente in Griechenland, in denen von "Mazedonien" in Zusammenhang mit der Nachbarrepublik die Rede ist.

Konstantinos Karamanlis: Patriotismus und Pragmatismus

Unterzeichnet wurden diese Dokumente, die sich zum Beispiel in Ausgaben des griechischen Staatsanzeigers finden, ausgerechnet vom verstorbenen legendären Star und Gründer der Nea Dimokratia, Konstantinos Karamanlis.

Dieser hatte nicht etwa seinen "Patriotismus" vergessen, noch war er im Zustand geistiger Umnachtung, als er die Dokumente unterschrieb. Karamanlis führte seine Politik nach für ihn pragmatischen Gesichtspunkten durch.

Im Heimatland gab er den nationalbewussten Patrioten, regional stärkte er bei Verwaltungsreformen seine Parteigänger und auf internationaler Ebene beugte er sich den Vorgaben. Im Prinzip haben sich zum Ärger der Griechen alle bisherigen Premierminister solch einem Dogma gebeugt.

Jugoslawien sollte als blockfreier Staat vom Einfluss Moskaus fern gehalten werden und durfte deshalb nicht verärgert werden. So wuchsen dort seit dem Ende des zweiten Weltkriegs Generationen um Generationen im Selbstverständnis auf, "Mazedonier" zu sein.

"Vardar Banovina", das Vergessen und die Jugend

Die Zahl derer, die sich bewusst an den bis 1941 gültigen, früheren Namen der damaligen Region des Königreichs Jugoslawien, "Vardar Banovina", erinnern, dürfte aus biologischen Gründen stetig gegen Null tendieren.

Der griechische Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis äußerte kürzlich in anderem Zusammenhang, dass es einem heutigen jungen Menschen egal sein sollte, was vor seiner Geburt geschah. Der Jugendliche von heute solle sich, so Mitsotakis, lieber um seine Zukunft sorgen. Im Zusammenhang mit dem Namensstreit verfährt Mitsotakis selbst, wenn auch nicht in letzter Konsequenz, nach diesem Prinzip.

Sein Vater und politisches Vorbild, der im vergangenen Jahr verstorbene Konstantinos Mitsotakis, hatte 1993 die Ansicht vertreten, dass die EJRM sich nennen könne, wie sie wolle, "in zehn Jahren ist dann alles vergessen". Heute vergisst Kyriakos Mitsotakis die These, die seinen Vater das Premierministeramt kostete, und besteht auf den historisch griechischen Namen.

Die Autobahn von Alexander dem Großen

Garniert wird der ganze über den Namen des Landes hinaus gehende Streit mit Verweisen auf Alexander den Großen. Der makedonische Eroberer, der im Zuge seiner Eroberungen den Hellenismus verbreitete, setzte in seinem Vielvölkerreich lieber auf die Einigkeit der Kultur, statt auf die Einheit der ethnischen Ursprünge.

Was alles von allen möglichen Seiten in seinem Namen publiziert und veranstaltet wird, sprengt den Rahmen jeglicher Abhandlung zum Thema EJRM. Fakt ist, dass der "Alexander the Great-Highway", mit dem frühere Regierungen in Skopje die Griechen provozierten, nun als Zeichen des guten Willens "Autobahn der Freundschaft" heißt.

Für einen neutralen Beobachter könnte die Autobahn jedoch auch als Symbol einer Einigkeit gesehen werden: Der Einigkeit der Bevölkerung von Griechenland und der EJRM, die in gleichem Maß von überteuerten und schlechten Autobahnen bauenden Oligarchen übers Ohr gehauen werden.

Ebenso wie in Griechenland gibt es auch in der EJRM Korruptionsaffären im Zusammenhang mit dem Autobahnbau. Der Straßenzustand zahlreicher Bauabschnitte verdient noch nicht einmal mit einer gehörigen Portion Euphemismus die Bezeichnung Autobahn.

Die Tafeln mit den Namen der bauenden Firmen prangen dagegen ebenso wie in Griechenland stolz an zahlreichen Brücken. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.