Mali: Franzosen und EU raus, Russen rein

UN-Blauhelme bei Untersuchungen nach dem französischen Angriff auf das Dorf Bounti in Mali. Bild: France24/ Youtube (Screenshot)

Putsch-Regierung kündigt Kooperationsverträge. Die privaten Söldner der Wagner-Gruppe übernehmen den Kampf gegen Dschihadisten; Zivilbevölkerung leidet weiter

Auf die Frage, welche Rolle Russland aus "unserer Perspektive" in der Weltordnung spielen soll, stehen die Antworten noch aus. Für den Journalisten Frank Lübberding (FAZ, Die Welt, NZZ), der die Frage formuliert, steht einzig fest: "Wenn wir das Land komplett isolieren wollen, werden wir scheitern. Der Rest der Welt tanzt nicht nach der westlichen Pfeife. Das ist Wunschdenken."

Ein anschauliches Beispiel dafür, dass der Rest der Welt auf unser Wunschdenken pfeift, liefert Mali. Die dortige Regierung hat die Militärkooperation mit Frankreich aufgekündigt. Die Kündigung betrifft auch die Special Forces "Takuba", an der EU-Länder beteiligt sind. Stattdessen setzt die durch einen Putsch im August 2020 an die Macht gekommene Regierung in Bamako auf die militärische Unterstützung der russischen Wagner-Söldner.

Mit den Einsätzen der Wagner-Gruppe in Syrien wurden die Spekulationen über die Söldner Teil eines andauernden Info-Battles. Gegen die Kämpfer des "privaten Sicherheitsunternehmens" werden immer wieder Vorwürfe der systematischen schweren Menschenrechtsverletzungen erhoben, zum Beispiel in Zentralafrika, wo ihr dies UN-Vertreter vorwerfen. Aktuell ist es ein Bericht der Human Rights Watch. Demgegenüber liest man in den Info/Desinfo-Diskussionen auf sozialen Netzwerken Vorwürfe einer einseitigen Darstellung bzw. "Propaganda" durch westliche Medien.

Lawrow bestätigt Präsenz

Der russische Außenminister Lawrow hat nun gegenüber einem italienischen TV-Sender klargestellt, dass die "military contractors" von Wagner tatsächlich in Libyen und in Mali präsent sind. Experten der Region heben dies hervor. Daran kann man ablesen, wie viel Versteckspiel es in der "Kom" über die Wagnertruppe gibt, obwohl sich Berichte darüber in Libyen und Mali seit vielen Monaten auftürmten.

Wie schon bei Aussagen zuvor aus dem Kreml zu Wagner bekräftigte Lawrow auch dieses Mal, dass es sich um ein privates Unternehmen handele - mit keinen Verbindungen zum russischen Staat. Wer kann das ernsthaft glauben? (Auch im US-Außenministerium und im Pentagon sind private Contractors unterwegs.)

Die Tatsache, der Frankreich, die EU und westliche Länder in Afrika gegenüberstehen, ist, dass dort Regierungen, wie zum Beispiel in Mali, russischen Söldnern und damit de facto auch dem Einfluss der Kremlführung den Vorzug geben.

Dominanz ehemaliger Kolonialmächte in Afrika verschwindet

Die Dominanz ehemaliger Kolonialmächte in Afrika ist "keine Selbstverständlichkeit mehr", Frankreich entgleitet in Westafrika die Kontrolle, so Pablo Flock an dieser Stelle im vergangenen Dezember:

So hat Russland Frankreich beispielsweise in der Zentralafrikanischen Republik den Rang abgelaufen und konnte Sicherheitsberater-Positionen in der Regierung sowie öffentliche Waffenkäufe für sich entscheiden. Von 2012 bis 2016 war es zudem größter Waffenexporteur nach Afrika.

Pablo Flock

Die aktuelle Aufkündigung der Kooperation mit Frankreich und der EU durch die Militärjunta in Mail ist keine Überraschung (und soll rechtlich auch ihre Unklarheiten haben, wie von französischen Beobachtern ordentlich aufgereiht wird). Schon Mitte Februar war die Sache für Frankreich und die Operationen Barkhane und Takuba gelaufen:

Nach der Entscheidung Frankreichs und mehrerer Partnerländer, den Anti-Terror-Einsatz in Mali einzustellen, hat die malische Regierung den sofortigen Abzug dieser Truppen gefordert. Die Soldaten der Operationen Barkhane und Takuba müssten unverzüglich das Land verlassen, weil die Entscheidung ein eklatanter Verstoß gegen Vereinbarungen zwischen Mali und Frankreich sei, erklärte die Übergangsregierung in Bamako.

Augen geradeaus, 18.02.2022

Nun ist die Kündigung des Abkommens mit Frankreich vonseiten der malischen Regierung offiziell. Sie soll innerhalb von sechs Monaten in Kraft treten. Zum Abkommen von 2013, das den Rahmen für den Einsatz der französischen Serval- und später Barkhane-Truppe bildete, gehört auch das Zusatzprotokoll vom März 2020 für die europäischen Takuba-Abordnungen, die von Frankreich initiierte Zusammenlegung europäischer Spezialeinheiten.