Manbij: Was kommt nach dem Erfolg der SDF?

Manbij Military Council. Screenshot

Die türkische Führung überdenkt laut Medienbericht ihre Position zu Baschar al-Assad

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Die Stadt Manbij ist von den SDF umkreist. Die für die Versorgung des IS wichtigen Verbindungstraßen nach Raqqa und Jarabulus wurden schon vergangene Woche abgeschnitten. Gestern reichte die Presseagentur Aranews noch eine Erfolgsmeldung nach: 105 Dörfer und Gehöfte in der Umgebung Manbij hätten die Gruppen, die unter dem Dach des Manbij Military Council kämpfen, "unterstützt von den Syrisch Demokratischen Kräften (SDF)", seit dem Start der Offensive am 31. Mai unter Kontrolle gebracht.

Die Luftunterstützung der US geführten Koalition wird ebenso erwähnt und dass sie mit dem Verlauf zufrieden sein dürfte, laut Ibrahim Kurdo, dem Verantwortlichen für internationale Beziehungen in Kobanê. Zitiert wird eine Aussage des Sprechers der Koalition, Colonel Chris Garver, von vergangener Woche. Demnach habe die Koalition 102 Luftangriffe durchgeführt. 84 davon zu Anfang der Operation.

Es sind zwei Dinge, die an der Meldung auffallen, einmal die Betonung der Rolle des Manbij Military Council, einem Verband lokaler Gruppen aus Arabern und Turkmenen, die ihre Opposition zur syrischen Regierung deutlich erklären, sowie die nachlassende Intensität der Luftangriffe. Beide Aspekte sind mit der Frage verbunden, wie es denn nun in Manbijj weitergehen soll.

Manbij Military Council. Screenshot

Die Stadt Manbij ist unter Kontrolle des IS. Die Bewohner sind dem IS ausgeliefert, der mit diesen "Geiseln" natürlich auch militärisch pokert. Ein Stadtkampf hat mit vielen Verlusten zu rechnen.

Früher hatte die Stadt 120.000 Einwohner. Zwei Drittel, so die Schätzung, konnten aus der Stadt fliehen. Früher, so bemerkt al-Monitor, sei die Stadt hauptsächlich von Arabern, Turkmenen und Tscherkessen bewohnt gewesen. Die Kurden hätten etwa ein Drittel der Einwohnerschaft gestellt.

Konflikte nach der Einnahme

Angedeutet ist damit, dass es Konflikte geben könnte nach der Befreiung der Stadt vom IS. Im al-Monitor-Bericht ist Wael Sawah, "Oppositions-Mitglied" und Chef der Organisation The Day After das Sprachrohr für die Sorgen. Er befürchtet, dass die SDF, wie andere Gruppen in Syrien auch, darauf bedacht sein werde, selbst die Kontrolle über das Territorium zu übernehmen und die lokale Machtposition möglichst zu behalten - ungeachtet ihrer jetztige Versprechungen gegenüber Medien.

Sawah fordert die SDF auf, die Verwaltung an einen kommunalen Rat abgeben und einzig zur Verteidigung der Stadt bleiben. Welches Gewicht solche Forderungen nach der militärischen Befreiung Manbijs haben wird, bleibt abzuwarten. Sawah hat nur einen Teil der Konflikte angesprochen. Andere werden sich daraus ergeben, dass bestimmte Stämme oder Gruppen mehr mit dem IS kooperiert haben als andere; Vergeltung und alte Rechnungen werden Probleme aufwerfen. Doch ist noch gar nicht sicher, ob die Einnahme der Stadt derzeit überhaupt militäsrisches Ziel ist.

Türkei und USA für Halt der Offensive

Gegenüber al-Monitor bekräftigt der Sprecher des Manbij Military Council zwar, dass man vorhabe, die Stadt zu stürmen. In einem BBC-Bericht sind andere Töne zu hören.

Der britische Sender hat einen Korrespondenten, Jiyar Gol, der als Kriegsreporter mit den SDF unterwegs ist. Er stellt eindeutig klar, dass die SDF-Kommandeure der kurdischen YPG die Manbij-Offensive am Boden befehligen und die 8.000 SDF-Kämpfer die Operation nicht etwa "nur unterstützen", gar nur logistisch, wie die offizielle türkeiverträgliche Sprachregelung lautete. Unterstützung käme von amerikanischen und französischen Spezialeinheiten, die Ziele für die Luftangriffe der Koalition bestimmen.

Über 500 Kilometer der Grenze zur Türkei sollen die SDF nun kontrollieren, heißt es in dem BBC-"embedded"-Bericht, der mit einer interessanten Aussage endet, nämlich dass die Offensive jetzt zu einem Halt gekommen sei. Nicht etwa aufgrund des Risikos eines Stadtkampfes, sondern "wegen des Drucks der Türkei und der USA".

Kein Geheimnis ist, dass die türkische Regierung die YPG als Ableger der PKK als Terroristen ansieht und ihre Politik darauf ausrichtet, ein zusammenhängendes Kurdengebiet in Syrien zu verhindern. Dass Kurden die syrische Seite der Grenze in weiten Teilen kontrollieren, ist in den Plänen der türkischen Regierung nicht vorgesehen.

Gemeinsamer Nenner mit al-Assad

Nach einem aktuellen Reuters-Bericht andere Ziele auf, die bislang als unumstößlich galten. Angeblich hat die Nachrichtenagentur Informationen über eine Kurskorrektur in der türkischen Regierung. Demnach soll die Absetzung von Baschar al-Assad in der AKP-Führung nicht mehr so wichtig sein, weil man mit ihm die Gegnerschaft zu einem autonomen Kurdengebiet teile. Das habe Priorität.

Der Bericht der Nachrichtenagentur bettet die Aussage in eine größer konzipierte Ausrichtungskorrektur der türkischen Politik ein, zu der auch eine Annäherung an Russland gehört. Die Frage ist, wie stark die Unterstützung der USA für die SDF bleiben wird. Wie loyal die USA zu ihrem Verbündeten bleiben werden.

Bei der Aufstockung der Special Forces in Syrien hieß es, man wolle damit den sunnitischen Arabern zur Seite stehen. Was aber, wenn sich Konflikte zwischen arabischen Stämmen und den Kurden auftun? Die Frage ist, wie lange die US-Führung ihren Konflikt über die SDF mit dem Nato-Partner Türkei durchzustehen gewillt ist.