Massenexekution in Saudi-Arabien, Trump schweigt
37 Männer, fast alle von der schiitischen Minderheit, wurden am Dienstag aufgrund von fragwürdigen Folterurteilen vom saudischen Regime geköpft, das der Westen hofiert
Die Freunde von US-Präsident Donald Trump, der gerade die Freiheit gegen die Diktatur und den Sozialismus in Kuba oder Guatemala zu verteidigen vorgibt, haben am Dienstag in einer Massenexekution an verschiedenen Orten 37 angebliche "Terroristen" getötet, 36 wurden geköpft, einer auch gekreuzigt. Die saudische Monarchie, vom Westen als "Stabilitätsfaktor" und Waffenkäufer umschwärmt, demonstrierte damit, dass sie auf archaische Weise über Leichen geht, um die schiitische Minderheit im Land zu unterdrücken und ein blutiges Zeichen gegen den Erzrivalen Iran zu setzen, und dass Menschenrechte für sie nicht zählen.
Man weiß, dass man im Kampf gegen den Iran, im Krieg gegen die Huthis im Jemen und mit der Unterstützung von islamistischen Gruppen in Syrien die US-Regierung, wenn auch nicht den US-Kongress hinter sich hat. Dagegen verkündete der saudische Vizeverteidigungsminister, Prinz Khalid Bin Salman, am Mittwoch, dass der Iran Chaos in der Region durch Zerstörung und Blutvergießen verbreite. Die regionalen Medien äußern keine Kritik, nur Aljazeera.com berichtet von Kritik. Auch das zeigt die politische Situation der westlichen Alliierten.
25 der Getöteten wurden in zwei Massenverhandlungen vor dem Sondergericht in Prozessen, die alles andere als rechtstaatlich waren, verurteilt. Vermutlich wurden den Gefangenen durch Folter Geständnisse erpresst, angeblich für den Iran spioniert oder bei Protesten zur Gewalt gegriffen zu haben. Die angeblichen Mitglieder der Qatif 24 sollen 50 Angriffe ausgeführt und dabei saudische Sicherheitskräfte getötet haben.
Nach der saudischen Presseagentur wurden die 37 Männer zum Tode verurteilt "wegen der Übernahme terroristischer und extremistischer Gedanken, der Bildung von Terrorzellen, um Korruption zu säen und die Sicherheit zu stören, Chaos zu verbreiten, sektiererischen Streit zu entfachen, dem Frieden und der sozialen Sicherheit zu schaden und Polizeistationen mit Bomben anzugreifen". Es waren aber wohl Schusswaffen und Molotowcocktails, mit denen sie diese angegriffen haben sollen. Vor Gericht widerriefen fast alle Verurteilten ihre erpressten Geständnisse. Das Sondergericht ging den Foltervorwürfen nicht nach, wie Human Rights Watch berichtete
Das sind zum großen Teil höchst vage Beschuldigungen. So wurde Mohammad Abd al-Ghani Attiyah u.a. wegen der Unterstützung von Demonstrationen, der Beschädigung des Ansehens des Königtums und dem Versuch, die schiitische Religion zu verbreiten, zum Tod verurteilt. Die Taten reichen oft Jahre zurück, als es 2011 und 2012 zu Protesten der schiitischen Minderheit im Osten des Landes gekommen war. Dabei schreckte das saudische Regime auch vor der mittelalterlichen und auch vom Islamischen Staat ausgeübten Praxis der Kreuzigung nicht zurück. Ein sunnitischer Verurteilter wurde geköpft und sein Körper ausgestellt.
Saudi-Arabien hat damit in diesem Jahr bereits nach Amnesty International mindestens 104 Menschen getötet. Letztes Jahr waren es insgesamt 147. Von einer Liberalisierung kann also keine Rede sein, vielmehr nimmt die Repression zu.
Schon mit der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Konsulat in Istanbul war das mörderische Verhalten der saudischen Monarchie unter Führung des Kronprinzen Mohammed bin Salman über das brutale Vorgehen im Jemen hinaus und die Repression im Inneren deutlich geworden. Donald Trump hat dazu kaum Stellung genommen, auch jetzt schweigt Trump. Das gibt dem iranischen Außenminister Javad Zarif die Gelegenheit, die Scheinheiligkeit von Trump zu kritisieren. Nichts sei von der Trump-Regierung gekommen, als "Saudi-Arabien 37 Männer an einem Tag und sogar einen zwei Tage nach Ostern köpfte".
Der Westen schaut lieber weg oder reagiert halbherzig
Michelle Bachelet, die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, verurteilte "scharf" die "schockierende" Massenexekution. Vor allem, weil drei der Verurteilten zum Zeitpunkt der Tat Minderjährige waren. Die Prozesse seien nicht rechtstaatlich gewesen. Bachelet zeigte sich auch besorgt über die Menschen, die wie Ali al-Nimr, Dawood al-Marhoon und Abdulla al-Zahern noch fürchten müssen, zum Tode verurteilt zu werden. Saudi-Arabien müsse die Menschenrechte anerkennen und habe die Abkommen über Kinderrechte und gegen Folter ratifiziert.
Selbst Großbritannien verurteilte die Massenexekution, obgleich man gerne Waffen in das Land exportiert und die Bundesregierung wegen des Waffenexportverbots unter Druck gesetzt hatte. Nach dem Außenministerium seien die Exekutionen "für die moderne Welt völlig inakzeptabel". Außenminister Alan Duncan wagte es zudem, den saudischen Krieg gegen den Jemen zu kritisieren, aber ein Überdenken der britischen Beziehungen zu Saudi-Arabien will er lieber doch nicht in Betracht ziehen. Deutschland hat gerade den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Außenminister Maas schweigt bislang.
Saudi-Arabien gehorcht freilich den Wünschen von Donald Trump nicht. Der hatte die Ausnahmen der Sanktionen für iranische Ölexporte beendet und erklärt, dass u.a. Saudi-Arabien die ausfallenden Erdöllieferungen mit einer steigenden Produktion kompensieren werde. Der saudische Energieminister Khalid Al-Falih sagte allerdings gestern, man sehe keine Notwendigkeit, jetzt zu handeln und die Produktion zu erhöhen. Länder, die iranisches Öl ersetzen wollen, wüssten, wen sie anzurufen hätten.