Massenflucht aus dem Big Brother-Container
Big Brother verliert die Kontrolle über seine Containerbewohner
Schon bei der ersten Staffel von Big Brother wurde offensichtlich, dass Endemol immer alle Fäden in der Hand hatte. Doch im Vergleich zu ersten Staffel fanden sich in der zweiten Auflage viel mehr Teilnehmer, die sich vor der Kamera so schauspielerisch verhielten, dass sie nach dem Auszug aus dem Container beste Vermarktungschancen hätten. Noch nie wurde so offensichtlich gemobbt und berechnend nominiert wie in den vergangenen 60 Tagen. Das zerrt den Bewohnern nun anscheinend an den Nerven, denn nun werden allein in dieser Woche gleich drei Kandidaten das Haus massenfluchtartig verlassen.
Die Teilnehmer der ersten Staffel vom Big Brother-Haus sprachen noch liebevoll von einem Projekt, an dem sie ihre Grenzen ausloten konnten. Zwar gab es dort auch eine Cliquenbildung, die den Bewohnern das Leben deutlich erschwerte. Alex, Kerstin und Manuela konnten sich mit der Spaßfront von Jürgen und Sabrina nicht anfreunden. Man hatte einfach unterschiedliche Auffassungen von Humor, wobei das proletenhafte Verhalten von Sabrina auch den Zuschauern relativ schnell auf den Geist gegangen ist.
Schließlich gewann John, der sich noch am wenigsten verstellt hatte. Er hielt sich aus allem heraus, kochte und backte für die Gruppe, kurzum er verhielt sich schlicht und einfach authentisch. Zwar tippte alle Welt im Vorfeld der letzten Zuschauerwahl auf den smarten Jürgen, aber Endemol hatte wohl andere Pläne. John ließ sich kaum vermarkten, während sich Jürgen mit Zlatko bestens verstand. Und mit Zlatko hatte man bewiesen, dass die BB-Bewohner erfolgreich als Sänger zu installieren waren. Was sollte Jürgen denn noch mit einer Prämie von 250.000 DM, wenn er als Plattenstar Millionen machen konnte. Die Macher von Big Brother bewiesen schon in der 1. Staffel, dass die Regieanweisungen nicht nur den Kameras galten.
Wenn jeder ein Star sein will
Die jetzigen BB-Bewohner mobbten gleich von Anfang an. Jeder beanspruchte seinen individuellen Freiraum, um es bei diesem Projekt mit 12 Leuten auf recht engem Raum maximal 106 Tage auszuhalten. Alle zwei Wochen sollten von den Teilnehmern zwei Abwahlkandidaten nominiert werden, von denen die Zuschauer schließlich einen aus dem Haus wählen würden. Im Vergleich zur 1. Staffel wusste aber auch jeder der neuen Teilnehmer, welchen Erfolg man durch Mitwohnen im Containerhaus haben könnte. Zlatko ist inzwischen wohl mehrfacher Plattenmillionär, Sabrina tingelt durch viele Fernsehsendungen, Kerstin und Manuela moderieren ab und zu eine simple Quizsendung. Nur mit Jürgen hatten sich die Macher offensichtlich verrechnet, denn er erklärte schon bald, an seinen heimischen Arbeitsplatz bei Ford zurückkehren zu wollen. Doch inzwischen hat er sich wohl mit dem Starrummel anfreunden können, denn nun bringt auch er ein erstes Album auf den Markt und ist von seinem Arbeitgeber bis auf weiteres beurlaubt.
Der Ex-BB-Bewohner Christian weiß davon auch schon ein Lied zu singen, denn nachdem er als erster Bewohner freiwillig das Haus verlassen hat, singt er inzwischen öffentlich "Es ist geil ein Arschloch zu sein." Genau diese Rolle hat er bis zu seinem Auszug fast konsequent gespielt. Im Haus gab er sich überhaupt keine Mühe, zu jemandem einen Kontakt aufzubauen, stattdessen drehte er schlicht und einfach sein Ding. Immer einen coolen, wenn nicht sogar verletzenden Spruch auf den Lippen, bewegte er sich durch das Haus. Es gab sogar eine Situation, wo er offensichtlich so in Rage war, dass er seiner Mitstreiterin Hanka Schläge androhte.
Die Nerven liegen blank
Auch "Barbie" Daniela hat von Anfang an geplant, im Haus das Dummchen à la Verona Feldbusch zu spielen, wie sie inzwischen zugegeben hat. Doch von deren geschäftlicher Cleverness ist sie noch weit entfernt. Abgesehen hat sie es sicher auf eine Karriere jenseits der Containerzäune, allerdings nicht gerechnet mit einer Rolle à la Jenny Elvers. Praktisch für alle Welt sichtbar sind Karim und Daniela ihren bisherigen Partnern untreu geworden. Da ist es schon verständlich, dass das Pärchen sich immer mehr Gedanken macht, was die Welt von solchen Leuten hält. Hinzu kommt wohl auch die Tatsache, dass Karim aus einer ziemlich strengen Familie stammt und seine neue Freundin Daniela aus dem BB-Haus ihm vorher verschwiegen hat, dass sie draußen noch einen Freund hat. Daniela scheint inzwischen auf jede Frau im Haus absolut eifersüchtig zu sein, denn schließlich hat sie durch die öffentliche Partnerschaft zu Karim ihren Ruf aufs Spiel gesetzt. Ihr Ex-Freund Mike betreibt inzwischen eine gut besuchte Homepage unter dem Namen Frankenbarbie und versucht weitgehend neutral das Geschehen im Haus zu kommentieren. Er kennt Barbie 15 Jahre und will ihr zumindest auch zur Seite stehen, doch die Beziehung sei für ihn beendet. Nun möchten Karim und Daniela am Samstag das Haus verlassen, weil sie endlich für sich Zeit haben wollen und noch "einiges zu klären haben".
Fast wäre ihr gemeinsamer Entschluss von der Erzrivalin Marion durchkreuzt worden, denn die hat auf einmal auch die "Schnauze voll" von dem "Pärchenclub". Was Endemol zunächst sensationsheischend aufgebaut hat, droht inzwischen das Projekt zu kippen. Statt erhoffter Bettszenen gibt es pubertäre Eifersuchtsdramen. Aber schließlich macht auch das Quote, wenn da nur nicht die Massenflucht wäre. So wollte inzwischen auch Marion am Samstag das Haus freiwillig verlassen, doch das passte wiederum Karim und Daniela nicht. Sie wollen sich ihre Show wohl nicht von Marion stören lassen, zumal Daniela auf Marion ziemlich eifersüchtig ist (O-Ton Daniela: "Seitdem sie weiß, dass Karim rausgeht, will sie (Marion) raus").
Endemol hat nun offensichtlich ein Machtwort gesprochen, denn Marion wird am Donnerstag gehen. Dafür wurde eigens eine RTL-Sondersendung um 22.15 Uhr ins Programm genommen und das Liebespärchen geht endgültig am Samstag. Dann werden auch drei neue Kandidaten ins Haus einziehen. Das macht die Situation im Haus nicht einfacher, denn die verbleibenden Bewohner müssen zunächst aus ihrem zwangsweise verkleinerten Kreis zwei Teilnehmer nominieren, von denen einer das Haus dann in der folgenden Woche verlassen muss. Es sei denn, Endemol stellt wieder neue Regeln auf.
Manipuliert Big Brother?
Big Brother versucht, die Außenwelt bei derartigen Diskussionen im Haus immer abzuklemmen, doch die Tagebuchschreiber im Bild-Big-Brother-Forum zum Beispiel versuchen trotzdem, am Ball zu bleiben. Mal setzt Endemol die Internet-Übertragung des Webstreams einfach aus, wechselt unvermittelt zu einer anderen Einstellung, sendet den Ton nicht oder blendet schlicht und einfach Werbung ein.
Karim erzählt vom Auszug. Er freut sich schon, das im TV zu sehen, wie das abläuft da. Wie sie da kochen, wie relaxed sie sind, er muss lachen ...
Jetzt hör ich noch Marion und Alida. Ton ist grottenschlecht, auch das Bild ...
Dani: "Bei mir ist eine Person draußen, und die wird sagen red, red, red ...!" Karim wiegelt ab, es wird schon nicht so schlimm sein.
Karim erzählt von seiner Familie, eine Schwester ist Rechtsanwältin (36 Jahre alt) ...
Und wieder einmal NWUE - immer wenns interessant wird bekommt man da w.o. Die Regiecam ist geschlossen (4 x keine Verbindung), ich versuche mal das WZ
19:20 Uhr
WZ-Cam geht:
Karim vermutet, die haben überhaupt keine Einschaltquoten mehr. Die stehen auf, essen ... Karim dackelt jetzt wieder Dani nach ...
Dani: "Wie kommen wir da raus?" Karim: "Du in dem silbernen Mondanzug!" Sie reden jetzt über Mode. Dani zieht eine Jeans an.
Marion im WZ dreht sich eine Zigarette. Im Hintergrund hört man Frank und Walter. Es geht um Anwaelte und Knebelverträge und um Sponsoring. Der Ton ist grottenschlecht und gleich wird der Schlittenrudi abdrehen ... Dani sagt, man kann jederzeit aussteigen, kein Problem. Karim meint, man kann schon sagen, das und das mach ich nicht. Aber im Grunde genommen ...
Auszug aus dem BB-Tagebuch vom 12. November 2000, 19.32 Uhr (Edith)
Im Sprechzimmer werden die Kandidaten offensichtlich unter Druck gesetzt, denn viele kommen anschließend mit einer anderen Meinung aus dem Zimmer. Zumindest lassen sie sich wohl auf Grund vertraglicher Regeln steuern. Doch egal, wer noch an der Innentür nach draußen drängelt, raus kommen sie alle, nur Endemol bestimmt wann.
Laux hat versucht Dany zum Hierbleiben zu bewegen indem er zu ihr sagte, dass sie wohl am Samstag gemerkt hätte was für ein Typ Karim wäre (Busengrappschen). Sie hat sich davon aber nicht beeindrucken lassen. Karim ist etwas schockiert, meint aber er ist Laux nicht böse, dass er versucht Dany zum Drinbleiben zu bewegen. Auszug aus dem BB-Tagebuch vom 13. November 2000, 13.02 Uhr (DrRatte)
Stars und Zicken - Markt und Vermarktung
Wer ins Haus geht, muss sich draußen auch einiges gefallen lassen. Urplötzlich tauchen Nacktbilder der weiblichen Teilnehmerinnen in diversen Boulevardblättchen auf oder die Internetgemeinde spielt ihre kleinen und zum Teil gehässigen Spielchen. So gibt es zum Beispiel die Site SickBrother, auf der sich der Kandidat Harry in einer Fotostory angeblich auf dem BB-Klo selbst befriedigt. Comedy kann manch mal ganz schön hart sein ...
Endemol macht selbst aus einem Videozusammenschnitt der ersten 40 Tage im BB-Haus noch Umsatz. Aber auch das ist nichts Neues, denn letztlich geht es um Einschaltquoten und zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten. Doch für den offen bekennenden Bi-Sexuellen Jörg hat sich Endemol bislang noch kein Konzept einfallen lassen. Nicht einmal ein Link zu einer Homepage findet sich auf der offiziellen Homepage von Big Brother. Der Typ ist einfach nur hyperaktiv bis massiv nikotinabhängig. Jörgs Auftreten schwankt zwischen tuntenhaft bis hin zum kleinen verärgerten Jungen, dem man seine Mutterbrust zu früh weggenommen hat. Ob es dafür auch Vermarktungskonzepte gibt? Wahrscheinlich schon, denn wer mag nicht kleine naive Jungen?
Insofern darf man gespannt sein, welche Vermarktungsstrategie man sich für die offiziellen Zicken Steffi oder Hanka einfallen lassen wird. Inzwischen scheint das BB-Projekt sich zu einem Imperium zu entwickeln, denn die Fans lechzen nach jeder Information und diversen Fanartikeln. Und die voyeuristischen Tagebuchschreiber werden ihre Augen und Ohren weiter offen halten, damit RTL nicht einfach das 24-Stunden-Geschehen im Haus auf 38 Minuten verkürzen kann.