Massensonnenfinsternis

Aus der Perspektive der Theorie der angeblich fragmentierten Gesellschaft

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150 Millionen Menschen werden sich nicht auf eine Reise begeben, um die Sonnenfinsternis zu beobachten. Das wäre ein Phänomen der "Massenkultur" - und die gibt es in der Postmoderne nicht mehr. Vielleicht fahren sie zu einer Konferenz über die postkolonialistische Identität der Lesben.

Es gibt keine Brillen für die Sonnenfinsternis in den Geschäften zu kaufen. Brillen für die Sonnenfinsternis sind ein Massenprodukt. Dank dem Internet und der Neuen Ökonomie aber gibt es keine Massenprodukte mehr.

Es gibt fast keine Informationen über die Sonnenfinsternis in den Medien. Die postmodernen Medien sind fragmentiert und vielfältig. Es gibt keine wirklichen "Massenmedien" mehr.

Niemand wird die Sonnenfinsternis in Rumänien betrachten. Unter der Diktatur Ceausescus war Rumänien eine Massengesellschaft, in der Millionen von Menschen jeden Tag dasselbe machten. Jetzt sind dank der Demokratie und des Kapitalismus alle Rumänier Individuen mit ihrem eigenen Lebensstil.

Deswegen hat die poststrukturalistische Kulturtheorie beschlossen, dass in der fragmentierten Welt vor der Jahrtausendwende nicht mehr als drei Menschen die Sonnenfinsternis beobachten werden. Und überhaupt ist die "Sonnenfinsternis" ein strukturalistischer dualer Gegensatz von Licht und Dunkelheit, der vom Postfeminismus problematisiert und in Frage gestellt worden ist.