Masterplan Energiewende
Mit unkoordinierten Einzelmaßnahmen ist der Klimawandel nicht zu stoppen. Ein grob skizzierter Vorschlag, wie es gehen könnte
Am Montag dieser Woche hat nun auch die Union ihr Bundestagswahlprogramm vorgestellt. Ein klimaneutrales, modernes Industrieland mit sicheren Arbeitsplätzen soll Deutschland werden - und es soll keine Steuererhöhungen geben.
Wie sie das konkret umsetzen und finanzieren wollen, bleibt aber weitgehend ihr Geheimnis. Beim Klimaschutz werden als zentrale Maßnahmen drei Dinge geplant, die sicher nicht funktionieren: CO2-Vermeidung durch den Handel mit europäischen Emissionszertifikaten, die CCS-Technologie zur Speicherung von Kohlendioxid und Wasserstoffwirtschaft. Die weitere Umsetzung des Klimaschutzes bleibt ebenso wie die Finanzierung offen. Fazit: Nichts Konkretes versprechen, aber "Sonnenschein für alle".
Da sind die Grünen ehrlicher. Sie sagen klar, dass Klimaschutz zum Nulltarif nicht zu haben ist und wollen in den nächsten zehn Jahren etwa 500 Milliarden Euro in den Klimaschutz investieren. Das entspricht etwa dem, was für den Umbau der Energiesysteme benötigt wird. Allerdings haben auch die Grünen nur eine lange Liste von teils guten, teils weniger guten Vorschlägen und Maßnahmen und keinen einheitlichen, in sich geschlossenen Gesamtplan. Einen konkreten Plan, wie die Energiewende praktisch umgesetzt werden soll, hat bisher keine Partei vorgelegt, die sich im September zur Wahl stellt.
Eine Diskussionsgrundlage
In meinen Artikel "Die Riesenaufgabe" habe ich einen solchen Plan gefordert. Allerdings steht zu befürchten, dass entweder gar nichts geliefert wird, oder nur unbrauchbares Spielmaterial als Alibi, denn ein brauchbarer Plan verstößt gegen die Interessen vieler mächtiger und gut vernetzter Firmen, Organisationen und Verbände.
Deshalb versuche ich hier, als Diskussionsgrundlage einen solchen Masterplan grob zu skizzieren. Der Plan erhebt keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit und muss auch nicht 1:1 umgesetzt werden. Er soll aber die vor uns liegenden Probleme aufzeigen und Lösungen anbieten. Ob eine Partei diese übernimmt oder aus ihrer Sicht bessere Vorschläge macht, ist Sache der Parteien. Was aber gar nicht geht, ist entweder keine Stellung zu den Problemen beziehen oder einfach ohne eigenen Lösungsvorschlag alles ablehnen.
Ausgangslage: Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 813 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Davon entfielen 280 Millionen Tonnen, also mehr als ein Drittel auf die Energiewirtschaft, 186 Millionen Tonnen auf die Industrie, 118 Millionen Tonnen auf den Gebäudesektor (Heizung und Warmwasser), 150 Millionen Tonnen auf den Verkehr und 70 Millionen Tonnen auf die Landwirtschaft.
Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn das bei der Treibstoffherstellung anfallende CO2 wurde der Industrie und nicht dem Verkehr zugerechnet. Wenn man das korrigiert, sinkt der CO2-Ausstoß der Industrie um 72 Millionen Tonnen, während sich der Verkehrsanteil auf 240 Millionen Tonnen erhöht, davon allein 132 Millionen für den PKW-Verkehr.
2020 wurden 489 Terawattstunden (TWh) Strom in Deutschland erzeugt, davon 242 TWh aus fossilen Brennstoffen. Wenn man noch den Biomasseanteil von 46 TWh hinzurechnet, werden bei der Erzeugung von 288 TWh Strom 280 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen.
Lösungsansatz: Einsatz von Ökostrom nach Wirkungsgrad priorisieren
Wir müssen die Erzeugung von Solar- und Windstrom so schnell wie möglich ausbauen und diesen Strom dann vorrangig da einsetzen, wo pro Kilowattstunde (KWh) die größten CO2-Einsparungen zu erzielen sind.Die am schnellsten realisierbaren Einsparpotenziale liegen in der Energiewirtschaft und im Verkehr, da dort fossile Brennstoffe mit einem Wirkungsgrad von unter 40 Prozent genutzt werden (Carnotprozess), sodass man dort mit einer Kilowattstunde Strom 2,5 kWh chemische Energie ersetzen kann. Bei Verwendung von Dieselkraftstoff entspricht das etwa einer Einsparung von 800 Gramm CO2 pro kWh Ökostrom, bei Wärmekraftwerken durchschnittlich ein Kilo CO2/kWh, wobei Kohlekraftwerke schlimmer sind als Gasturbinen.
Im Verkehrsbereich entfallen etwa 60 Prozent der Emissionen auf den Pkw-Verkehr. Das sind ca. 132 Millionen Tonnen CO2. Wir könnten also etwa 400 Millionen Tonnen CO2 einsparen, wenn wir die Stromerzeugung vollständig und den Pkw-Verkehr zu 90 Prozent auf Solar- und Windstrom umstellen. Dazu wird eine regenerative Stromerzeugung von zusätzlich 320 TWh benötigt. Das ist ein Zubau des 1,75-fachen der momentanen deutschen Solar- und Windstromproduktion von insgesamt 183 TWh in 2020.
Vielleicht werden wir für diese Einsparung sogar nur 280 bis 300 TWh benötigen, weil wir sowohl die Pkw-Anzahl als auch deren jährliche Kilometerleistung im Rahmen einer Verkehrswende ohnehin verringern müssen. Aber das liegt sowieso im Toleranzbereich einer derartigen Abschätzung.
Viel wichtiger ist, dass wir mit dem Abschalten der fossilen Kraftwerke das Netz nicht mehr durch sie steuern können. Wir brauchen Regelenergie. Wenn die Kraftwerke als Lieferanten von Regelenergie wegfallen, müssen diese durch Speicher ersetzt werden, die in Zeiten geladen werden, in denen überschüssiger Strom produziert wird, den sie dann bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen, damit der aktuelle Verbrauch abgedeckt werden kann und die Netzparameter Frequenz und Spannung eingehalten werden.
Derzeit werden für diese Aufgabe hauptsächlich Pumpspeicherkraftwerke eingesetzt. Allerdings ist deren Speicherkapazität viel zu gering und kaum ausbaufähig. Dazu kommt ein schlechter Wirkungsgrad, verglichen mit Lithium-Ionen-Akkuspeichern.
In Zukunft muss man das gesamte Niederspannungsnetz über derartige Speicher steuern. Dabei sollte man diese dezentral aufbauen und jede Wohnung zunächst mit etwa 7,2 kWh (z.B. drei Hochvoltmodule a 2,4 kWh) ausrüsten.
Der dezentrale Aufbau hat mehrere Vorteile
Erstens müssen wir alle geeigneten Dachflächen für die Installation von PV-Anlagen nutzen. Der erzeugte Strom muss dann ins Netz eingespeist werden. Dabei darf aber die Übertragungskapazität des Verteilernetzes nicht überschritten werden. Man muss also entweder das Netz ausbauen, oder die Erzeugungspeaks vor Ort durch das Laden von Speichern kappen.
Zweitens kann man damit auch weitere unnötige Stromtransporte vermeiden, indem man den Speicherstrom dann auch vor Ort wieder verbraucht. Dadurch lässt sich das vorhandene Netz weiter entlasten und wir müssen es nicht sofort flächendeckend in großem Maße ausbauen, sondern zunächst nur Engpässe beseitigen.
Hinzu kommen Vorteile bei Investitionskosten und der Ausfallsicherheit. Ein Akkuspeicher produziert Gleichstrom, der erst wechselgerichtet werden muss, bevor man ihn ins Netz einspeisen kann. Das Gleiche gilt für Photovoltaik-Anlagen, kurz PV-Anlagen. Wenn man Speicher und PV-Anlage getrennt konzipiert, benötigt man zwei Wechselrichter und zwei Steuerungen. Bei Kombination beider Anlagen genügt ein Hybridwechselrichter und eine Steuerung. Und man kann die Anlage dann so bauen, dass sie bei Netzausfall auf Inselbetrieb umschaltet und so lange problemlos weiterläuft, wie PV-Anlage und Akku genug Strom liefern.
Damit steigt die Sicherheit der Stromversorgung stark an, denn bei Netzstörungen zerfällt das Netz in autonom funktionierende Unternetze, die nach der Beseitigung der Störung dann einfach wieder zusammengeschaltet werden können, wodurch auch die Schwarzstartproblematik entschärft wird.
Noch mal zum Speicherbedarf: Derzeit sind für Deutschland Pumpspeicherkraftwerke mit sechs Gigawatt Leistung und 24 GWh Speicherkapazität vorhanden. Batteriespeicher haben derzeit lediglich eine Kapazität von etwa 150 MWh.
Im Jahresdurchschnitt werden momentan täglich 1,5 TWh Strom verbraucht, wobei der Wert an Spitzenlasttagen sogar auf etwa 1,8 TWh ansteigen kann. Im "Bericht Regelungen zu Stromspeichern im deutschen Strommarkt" der Bundesnetzagentur wird deshalb ein Speicherbedarf von 170 GWh zur Glättung der Windstromproduktion an einem normalen Tag und von 857 GWh für eine Zwölf-Stundenvollversorgung an einem Spitzenlasttag angesetzt.
Beginnen wir mit den 170 GWH zur Glättung. Der Wert gilt für einen durchschnittlichen Tag und die gegenwärtige Windstromproduktion. Da wir die Ökostromproduktion aber bis 2030 auf das 2,75-fache steigern müssen, brauchen wir hier deutlich mehr. Ich rechne mit etwa 300 GWh notwendiger Speicherkapazität im Netz. Zusätzlich noch mal 300 bis 500 GWh Akkuspeicher in den E-Autos, die zum Kappen von Erzeugungspeaks allerdings nur teilweise zur Verfügung stehen.
Natürlich hat dieses System seine Grenzen. Wenn in einer längeren Dunkelflaute einfach nicht genug regenerativer Strom erzeugt wird, bricht die Versorgung zusammen, nachdem die Akkus leer sind.
Ein Ausbau der Akkukapazität auf 875 GWh, um 12 Stunden vollständig aus Speichern abdecken zu können, ist hier kein Ausweg. Erstens haben wir die dafür benötigten Akkus in den nächsten zehn Jahren nicht dafür verfügbar, zweitens ist es Unfug, derartige Investitionen für eine Nutzung an ein bis zwei Tagen im Jahr zu tätigen und drittens sind 875 GWh für 12 Stunden dann irgendwann doch nicht ausreichend.
Die Rationierung von Strom kann nur das allerletzte Mittel sein
Dafür brauchen wir einen Plan B. Wir müssen den Strom dann auf anderem Weg erzeugen. Die in einigen Gesetzesvorlagen angedachte Zwangsabschaltung von Verbrauchern bzw. die Rationierung des Stroms ist jedenfalls keine brauchbare Lösung und kann nur das allerletzte Mittel sein.
Wir können die Gaskraftwerke als Reserve nutzen, da diese fossilen Kraftwerke schnell in Betrieb genommen und abgeschaltet werden können. Die installierte Leistung beträgt gegenwärtig etwa 30 GW. Das bedeutet, dass man etwa 700 GWh täglich damit erzeugen kann, wenn man sie durchlaufen lässt. Aber nur, solange Gas vorhanden ist. Das heißt, das geht nur so lange, wie unser Erdgasnetz existiert und instand gehalten wird.
Wir müssen aber auch vom Erdgas wegkommen (wenn auch erst nach dem Ausstieg aus Kernkraft, Kohle und Heizöl) und dann steht sehr schnell die Frage, ob die notwendige Gasinfrastruktur noch erhalten und gewartet wird. Außerdem haben wir an Spitzentagen einen Verbrauch von 1,8 TWh, so dass immer noch 1.100 GWh zur Vollversorgung fehlen. Hier sollte man als Reserve ein virtuelles Kraftwerk vorsehen, dass Plug-in-Hybridautos als Notstromaggregate verwendet.
Hybridfahrzeuge wären übergangsweise von Vorteil
Da die Akkus sowieso noch lange Mangelware bleiben, sollten wir sie so effektiv wie möglich einsetzen. Ein E-Auto wird im Durchschnitt nicht mehr als 50 km/Tag fahren und würde deshalb meist mit einem Akku von 20 kWh, der vollgeladen etwa 100 km weit reicht, ans Ziel kommen. Dabei würde der Akku dann weit entladen und die Akkukapazität würde optimal ausgenutzt.
Leider funktioniert das so nicht, denn ein E-Auto mit nur 100 km Reichweite ist praktisch unverkäuflich, weil niemand Lust hat, irgendwann mit leerem Akku liegenzubleiben. Deshalb muss ein E-Auto mindestens 300 km Reichweite haben, damit es vom Kunden akzeptiert wird. Mehr als 2/3 der Batteriekapazität werden aber nur selten gebraucht und meist nur als Reserve mit herumgeschleppt.
Statt reiner E-Autos Hybridfahrzeuge mit rund 20 kWh Batterie zu bauen, hätte zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Energiewende mehrere Vorteile:
Erstens können mit den vorhandenen Akkus mindestens die dreifache Zahl Fahrzeuge gebaut werden.Zweitens entfällt die Reichweitenangst, da man mit leerem Akku nicht liegen bleibt, solange noch Treibstoff im Tank ist. Drittens wird so die vorhandene Akkukapazität voll ausgenutzt, da der kleine Akku in Betrieb andauernd geleert und wieder geladen wird, während der große Akku eines reinen E-Autos meist nur zu einem geringen Teil genutzt und dann sofort wieder aufgeladen wird. So erhalten wir die größtmögliche Regelenergie und CO2-Einsparung mit den knappen Akkus. Viertens sind derartige Fahrzeuge, speziell, wenn sie mit schwachen Verbrennungsmotoren im Kraftstoffbetrieb eigentlich untermotorisiert sind, für Langstreckenfahrten nicht besonders gut geeignet, was evtl. eine Lenkungswirkung entfaltet, für Fernreisen Bus und Bahn zu nutzen. Das ist sowieso im Zuge der Verkehrswende notwendig.
Wir müssen den Verkehr, das heißt die motorisiert gefahrenen Kilometer, stark reduzieren, daran führt kein Weg vorbei. Den Einbau eines schwachen Verbrennungsmotors kann man über die Förderbedingungen erreichen. Natürlich gibt es auch Fälle, wo derartige Fahrzeuge nicht sinnvoll sind. Beispielsweise Taxifahrer oder Außendienstler, die Material und Muster mitbringen und weite Strecken zurücklegen müssen. Die sollten besser ein E-Auto mit riesigem Akku und großer Reichweite nutzen. Aber das sind die Wenigsten.
Auch als Notstromaggregate nutzbar
Fünftens bietet das Vorhandensein von E-Motor/Generator und Verbrennungsmotor die Möglichkeit, derartige Fahrzeuge als Notstromaggregate zu nutzen, wenn in einer längeren Dunkelflaute oder durch technische Störungen im Netz nicht genug Strom vorhanden ist. Das ist natürlich nur als Notfallvariante gedacht, genau wie das Fahren im Verbrennermodus. Es erhöht aber die Sicherheit des Gesamtsystems enorm.
Wer den Verbrennungsmotor kompromisslos auch als Übergangslösung ablehnt, sollte bedenken, dass wir in den nächsten Jahren auch bei allen Anstrengungen nicht genug grünen Strom erzeugen können und deshalb leider fossile Brennstoffe vorläufig noch weiter nutzen müssen. Da sollten wir wenigstens darauf achten, dass damit der größte Nutzen erzielt und so wenig wie möglich CO2 emittiert wird.
Als Reservevariante für Notfälle sind fossile Brennstoffe wegen ihres geringen Preises, des hohen Energieinhalts und der einfachen Speicherung durchaus geeignet. Wenn wir zehn Millionen Fahrzeuge im schlimmsten Fall 50 Stunden im Jahr als Notstromaggregat verwenden, bleiben wir locker unter einer Gesamtemission von zehn Millionen Tonnen pro Jahr (t/a) durch diese Nutzung. Peanuts im Vergleich zur gegenwärtigen CO2-Produktion von 280 Mio. t/a bei der Stromproduktion und 132 Mio. t/a aus dem Pkw-Verkehr. Und ganz nebenbei hat auch ein Plug-in Hybrid nur eine begrenzte Nutzungsdauer.
Das Beste an diesem Konzept ist, dass es sofort umsetzbar ist und keine zusätzlichen Kosten verursacht. Der VW ID.3 schafft mit einer 58 kWh-Batterie im ADAC-Test 335 km Reichweite. Diese Batterie kostet derzeit 14.450 Euro. Daraus ergibt sich ein Batteriepreis von 250 Euro pro Kilowattstunde.
Durch die Einsparung von ca. 40 kWh Akkukapazität pro Fahrzeug wird die Batterie mindestens 9.000 Euro billiger. Dafür sollte man einen kleinen Verbrennungsmotor, komplett mit Getriebe, Tank- und Abgasanlage und allem Drum und Dran ohne Probleme bekommen. Sogar als Dieselmotor. Und gewichtsmäßig spart man bei der Batterie auch etwa 250 kg ein, sodass das Hybridfahrzeug evtl. auch noch leichter wird. Auch fertigungstechnisch sollten keine Probleme auftreten, denn Fabriken für Verbrennungsmotoren und Getriebe stehen genug, man müsste sie nur weiter betreiben.
Was die Akkuproduktion betrifft, sind in Deutschland zur Zeit folgende Werke im Bau: Tesla 100 GWh/a (Grünheide), SVolt 24 GWh/a (Saarland), CATL 14 GWh/a (Erfurter Kreuz), und VW/Northvolt 16 GWh/a (Salzgitter), insgesamt also eine Kapazität von 154 GWh pro Jahr.
Allerdings ändern sich die Angaben zu Produktionsstart und Produktionskapazität laufend, so dass man sicherheitshalber erst mal mit 50-100 GWh Produktion ab 2023 rechnen sollte.
Das reicht für die Produktion von 500.000 - 1 Mio. E-Autos mit je 100 kWh Akku. Man könnte statt dessen aber auch 1 Mio. Plug-in Hybriden mit je 20 kWh Akku und 300.000 E-Autos mit 100 KWh Batterie bauen und hätte bei 100 GWh/a dann noch knapp 50 GWh jährlich für die stationäre Netzsteuerung übrig. Wenn man davon ausgeht, dass die Fabriken ab 2023 produzieren, sollten sich damit bis 2030 300 GWh Akkus im Netz installieren lassen.
Außerdem werden auch im Ausland Akkus produziert, Man kann notfalls also auch noch welche importieren. Das sollte aber nur die allerletzte Option sein. Offenbar hat Tesla-Chef Elon Musk ähnliche Ideen. Er hat angekündigt, dass er in der Gigafactory in Grünheide auch Akkus für stationäre Stromspeicher produzieren will.
Die Bundesregierung hat allerdings kein Speicherinfrastrukturkonzept und setzt hier nur "auf die Kräfte des Marktes"1. Allerdings nützt das beste Netz- und Verkehrskonzept nichts, wenn nicht genügend grüner Strom zur Verfügung steht. Die Energiewende steht und fällt mit der Produktion von ausreichend regenerativ erzeugtem Strom.
Benötigter Zubau bei Solar- und Windstrom
2020 wurden in Deutschland 51,5 TWh Solarstrom erzeugt. Dazu waren PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 54.000 MW installiert.
Wenn wir die Stromerzeugung bis 2030 vollständig und den Verkehr zu 90 Prozent auf regenerativen Strom umstellen wollen, müssen wir bis dahin etwa 110.000 MW PV-Anlagen zubauen, das heißt. neun Jahre lang jährlich zwölf GWPeak. Das ist machbar, der bisherige Zubaurekord lag 2012 bei mehr als acht GW.
Allerdings ist die Produktion von PV-Anlagen in Deutschland durch die politisch gewollte Zerschlagung der deutschen Solarindustrie in der Vergangenheit nicht ausreichend. Meyer Burger bemüht sich zwar um einen Wiederaufbau und hat bereits Produktionskapazitäten für 400 MW/a in Freiberg geschaffen, die auf ein GW/a ausgebaut werden sollen. Das ist ein guter Anfang, reicht aber bei Weitem nicht aus.
Wenn wir bei der Energiewende nicht völlig von Importen abhängig bleiben wollen, müssen wir in der Solarbranche ganz gehörig zusätzliche Fertigungskapazitäten aufbauen. Die dazu notwendigen Rahmenbedingungen müssen von der Politik geschaffen werden.
Derzeit liegen die Kosten für eine Aufdachanlage pro kWpeak komplett bei etwa 1.050 Euro, für große Anlagen auf Konversionsflächen noch günstiger. Das bedeutet bei einem notwendigen Zubau von zwölf GW/a einen Investitionsbedarf von etwa zwölf Mrd. Euro jährlich allein für die Photovoltaik.
Dazu kommt der notwendige Ausbau der Windenergie. 2020 wurden in Deutschland 142 TWh Windstrom erzeugt. Dazu waren onshore 29.608 Windräder mit 55.000 MW Gesamtleistung und 1.500 Windräder mit insgesamt 7.770 MW offshore installiert. Diese lieferten 112 TWh onshore und 29,1 TWh offshore. Daraus geht hervor, dass 1 MW installierte Leistung offshore den 1,87-fachen Ertrag bringt wie onshore.
Wenn wir die Stromerzeugung vollständig und den Pkw-Verkehr zu 90 Prozent auf erneuerbaren Strom umstellen wollen, müssen wir etwa 250 TWh Windstrom jährlich zusätzlich erzeugen. Das bedeutet einen Zubau von etwa 100 GW Leistung onshore und 14 GW offshore. Offshore sind das zwei GW mehr, als die bis 2030 als Ausbauziel vorgegebenen 20 GW. Die Investitionskosten dürften dabei um die 3,5 Mio. Euro pro MW installierte Leistung liegen, für 14 GW bis 2030 also insgesamt etwa 50 Mrd. Euro.
Onshore kann man mit Investitionskosten von 1,2 bis 1,5 Mio. Euro pro installiertem Megawatt rechnen. Damit ergeben sich Gesamtinvestitionskosten für die benötigten Windräder onshore von 120 bis 150 Milliarden. Jährlich sind zum Ausbau der Windstromerzeugung also etwa 20 bis 23 Milliarden Euro Investitionen nötig.
Hinzu kommen die Kosten für die Akkuspeicher. Wenn wir mit dem derzeit günstigsten Akkupreis von 250 Euro/kWh (VW, ID3) rechnen und alle 42 Millionen Haushalte in Deutschland mit je 7,2 kWh ausrüsten wollen, benötigen wir für 300 GWh etwa zehn Milliarden Investitionen jährlich. Allerdings kann es sein, dass die Preise für Akkus weiter fallen.
Daraus ergibt sich mit heutigen Preisen für den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung ohne Netzausbaukosten bis 2030 ein jährlicher Investitionsbedarf von 42 bis 45 Milliarden. Dazu kommen die Kosten für den Umstieg auf die E-Mobilität sowie später die Umrüstung der Heizsysteme.
Mit diesen Maßnahmen lassen sich bis 2030 rund 400 Mio. Tonnen CO2 sicher einsparen. Von den verbleibenden 410 Mio. Tonnen entfallen ca. 120 Millionen auf den Flug-, Schiffs- und Güterverkehr sowie die Restemissionen der Pkw, 114 Millionen Tonnen auf die Industrie, ca. 118 Mio. Tonnen auf den Gebäudebereich und 70 Mio. Tonnen auf die Landwirtschaft. Wahrscheinlich lassen sich durch Verkehrsreduzierung hier nochmals 30 bis 60 Mio. Tonnen CO2 einsparen, aber das lässt sich schlecht abschätzen.
Die verbleibenden Emissionen der Industrie (Emissionen der Petrolchemie wurden dem Verkehr zugerechnet) lassen sich meist nur durch Technologiewechsel verringern bzw. vermeiden. Der Löwenanteil von 67 Mio. Tonnen entfällt auf die Stahlerzeugung. Man sollte hier hinterfragen, ob es sinnvoll ist, in Zukunft weiterhin importiertes Eisenerz in Deutschland zu verhütten und dazu eine irrsinnige Wasserstoffelektrolyse samt dazu notwendiger regenerativer Energieerzeugung aufzubauen. Viel besser könnte es sein, als Rohstoff Schrott einzusetzen und diesen im Lichtbogenofen einzuschmelzen. Da benötigen wir nur einen Bruchteil des Stroms und ob wir Eisenerz oder Schrott importieren, sollte sich ziemlich gleich bleiben.
Zementindustrie: CO2 unvermeidbar, aber sinnvoll zu nutzen
Ein weiterer großer CO2-Produzent ist die Zementindustrie. Sie erzeugt in Deutschland jährlich rund 20 Mio. Tonnen CO2. Beim Kalkbrennen wird der Kalkstein (Calziumcarbonat) thermisch in Calziumoxid und Kohlendioxid gespalten, das heißt, der größte Teil des anfallenden CO2 stammt hier nicht aus fossilen Brennstoffen, sondern dem eingesetzten Rohstoff und lässt sich deshalb nicht vermeiden. Wir können aber die Zementproduktion deshalb auch nicht drosseln oder einstellen, denn die Baustoffe werden gebraucht. Und importieren ist auch keine Lösung, dann wird das CO2 nur irgendwo anders freigesetzt. Damit, dass bei der Zementproduktion CO2 emittiert wird, müssen wir leben. Wenn die CO2-Emissionen hier schon nicht vermeidbar sind, sollten wir das CO2 zumindest sinnvoll nutzen.
In Zukunft darf unsere chemische Industrie nicht mehr auf fossilen Brennstoffen als Rohstoffen zur Erzeugung von großtonnagigen Massenprodukten basieren. Aber man wird auch in Zukunft kleintonnagige, höher veredelte Produkte der organischen chemischen Industrie benötigen. Und als Kohlenstoffquelle für diese Chemie könnte man dann CO2 nutzen.
Natürlich ist die Idee, dafür CO2 aus der Luft zu filtern, viel zu kompliziert. Das können die Pflanzen besser. Aber wenn wir beim Kalkbrennen große Mengen CO2 in hoher Konzentration erzeugen, sollten wir überlegen, ob wir diese nicht als Rohstoff nutzen können, anstatt sie in die Luft zu blasen.
Aus den 20 Mio. Tonnen CO2, die jährlich anfallen, lassen sich etwa 15 Mio. Tonnen Methanol herstellen. Allerdings benötigt man dazu knapp drei Millionen Tonnen Wasserstoff. Für dessen Erzeugung werden etwa 50 kWh/kg benötigt. Also würde man für die vollständige Umwandlung des CO2 in Methanol etwa 150 TWh Elektroenergie benötigen.
Das wird, wenn überhaupt, frühestens in zehn Jahren aktuell, denn bis dahin haben wir keinen überschüssigen Strom für die Wasserstofferzeugung, weil wir mit dem erzeugten grünen Strom an anderen Stellen mehr CO2 einsparen können.
Dieses Beispiel zeigt auch sehr gut, dass eine große Wasserstoffindustrie eine Sackgasse ist, weil die benötigten Strommengen einfach zu groß sind. Auch die Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung muss natürlich perspektivisch auf erneuerbare Energie umgestellt werden. Aber wenn wir das tun, müssen wir auch garantieren, dass jederzeit genug Strom dafür da ist. Das ist sehr riskant, da im Winter die Photovoltaik fast nichts liefert und wenn dann eine Flaute mit starkem Frost zusammenfällt, wird es sehr kritisch. Einerseits wird wenig Strom erzeugt, andererseits steigt der Verbrauch sprunghaft an.
Deshalb sollten wir eine generelle Umstellung der Gebäudeheizung zunächst zurückstellen, bis die für die Umstellung der Stromerzeugung und des Pkw-Verkehrs notwendigen Ökostromerzeugungskapazitäten und Speicher zugebaut sind. Bis dahin sollten wir die alten Heizsysteme weiter betreiben und nur bei Neubauten entsprechende Wärmedämmung, Wärmepumpenheizungen, Aufdach-Photovoltaikanlagen und Akkuspeicher vorschreiben. Da im Jahr ein bis zwei Prozent des Gebäudebestands neu gebaut werden, kann man so bis 2030 etwa 10-15 Prozent des im Gebäudebereich anfallenden CO2, also zwischen 12 und 20 Mio. t einsparen.
Faustregel für eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft
Auch das in der Landwirtschaft anfallende Klimagas muss reduziert werden. Ein großer Teil der 70 Millionen Tonnen sind hier aber nicht CO2, sondern CO2-Äquivalente, in der Hauptsache Methan, das bei der Massentierhaltung anfällt.
Hier hilft nur ein radikales Umsteuern in der gesamten Landwirtschaft, hin zu einer ökologisch nachhaltigen Produktionsweise. Die Viehbestände müssen auf ein für Deutschland notwendiges und umweltverträgliches Maß reduziert werden. Als Faustregel sollte man durchsetzen, dass nur so viel Vieh gehalten werden darf, wie Futter vor Ort angebaut wird. Futterimporte und riesige Exporte tierischer Produkte müssen unterbleiben.
Und im Ackerbau muss der übermäßige Einsatz von Düngemitteln, Insektiziden, Herbiziden und Pestiziden nicht nur verboten werden, die Verbote müssen auch durchgesetzt werden, ebenso wie die Tierschutzgesetzgebung in der Viehhaltung.
Dazu müssen dann allerdings auch die gesamten Förderbedingungen geändert werden, damit die ökologisch produzierenden Betriebe existieren können, während die nicht ökologischen keinen Cent Fördermittel bekommen dürfen. Zusammenfassend können wir also bis 2030 etwa 400 bis 500 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen, müssen dafür aber 350 TWh/a mehr regenerativen Strom erzeugen als heute.
Der Staat muss dafür sorgen, dass Fördermittel ihren Zweck erfüllen
Die Kosten für den Zubau der benötigten Ökostromkapazität inklusive Akkuspeicher belaufen sich bis 2030 auf 40 bis 50 Milliarden. Euro jährlich. Dazu kommen noch die Kosten für die Umstellung des Pkw-Parks auf E-Fahrzeuge und für den Ausbau des Übertragungsnetzes. Die Umstellung der Heizsysteme ist ebenfalls nicht enthalten, sie kommt später. Und die E-Fahrzeuge sind sowieso Ersatzinvestitionen für alte, größtenteils private Pkw. Die werden von ihren Besitzern getätigt. Dort kann es nur eine kleine E-Förderung bzw. einen kleinen E-Bonus geben.
40 bis 50 Milliarden jährlich sind eine Menge Geld, aber es nützt nichts, die Summe schönzurechnen. Wenn wir unsere Energieversorgung zukunftsfähig machen wollen, müssen wir das investieren. Und langfristig zahlt es sich auch aus (z.B. durch eingesparte Kosten für Energieträgerimporte, derzeit etwa 60 Mrd. Euro jährlich). Außerdem ist es ein riesiges Konjunkturprogramm.
Wir müssen aber sehen, wie wir es finanzieren und wer welche Kosten trägt bzw. Förderung erhält. Klar ist, dass es ohne große staatliche Förderung nicht geht. Aber wenn der Staat schon fördert, muss er auch dafür sorgen, dass die Fördermittel ihren Zweck erfüllen und dass einerseits damit eine zukunftsfähige regenerative Energieversorgung aufgebaut wird und dass die Bevölkerung durch den Umbau andererseits nicht übermäßig belastet wird und die Energiekosten für die Bevölkerung nicht steigen.
Außerdem darf die Energiewende nicht zu einer Energiemangelverwaltung degenerieren. Deshalb sind Maßnahmen wie eine hohe CO2-Steuer oder eine zwangsweise Dimmung bzw. Abschaltung des Stroms absolut kontraproduktiv, ebenso Pkw-Verbote.
Eine CO2-Steuer kann nur dann eine Lenkungswirkung entfalten, wenn Alternativen zur Verfügung stehen. Solange wir aber nicht genug Ökostrom erzeugen, gibt es keine - und die CO2-Steuer wird zur bloßen Abzocke. Allenfalls kann man sie für die Kraftwerke einführen, die sowieso abgeschaltet werden sollen. Aber auch da muss man aufpassen, dass sie nicht an die Verbraucher durchgereicht wird.
Sinnvolle Lenkungsinstrumente unterhalb der Verbotskeule
Praktisch könnte man beispielsweise eine CO2-Steuer erheben, die erst ab 100 t/a erhoben wird, um die Heizsysteme zu entlasten, die sowieso noch nicht umgebaut werden können. Auch beim Treibstoff ist eine CO2-Steuer gefährlich, da viele Bürger leider auf ihr Auto angewiesen sind. Da müssen wir erst einen ausreichenden ÖPNV aufbauen und genug E-Fahrzeuge anbieten, bevor wir das Benzin unbezahlbar machen.
Und noch etwas: Wer einen großen SUV fahren will - bitte. Allerdings als E-Fahrzeug, mit hohen Kfz-Steuern und ohne Förderung sowohl für die Anschaffung derartiger Fahrzeuge als auch für die für sie notwendige Schnellladeinfrastruktur.
Um zu lenken, sollten wir nicht immer gleich zur großen Verbotskeule greifen. Es gibt vielleicht auch andere Mittel. Niemand lässt sich gerne etwas vorschreiben oder verbieten. Das bringt oft nur die Trotzreaktion und Ärger.
Der Aktionsplan Klimagerechtigkeit der Linken beruht bei seiner Umsetzung auf 4 Säulen, die alle als Stellschrauben genutzt werden können, um einerseits eine zukunftsfähige Energieinfrastruktur aufzubauen und andererseits gesellschaftliche Fehlentwicklungen zu korrigieren.
Das Hauptproblem im Energiesektor ist, dass er von einigen großen Energiekonzernen kontrolliert wird, die den Markt unter sich aufgeteilt haben und im Besitz von großen internationalen Fondsgesellschaften und Banken sind. Diese Konzerne haben nicht nur eine riesige Marktmacht, sondern verfügen auch über eine extrem starke Lobby, um politische Entscheidungen in ihrem Interesse durchzusetzen. Da hilft es auch nichts, wenn der Energielieferant und direkte Geschäftspartner des einzelnen Bürgers ein kleiner Stromlieferant oder die örtlichen Stadtwerke sind, denn diese müssen sich an die Gesetze des Strommarktes halten, die von den Großen manipulativ vorgegeben werden.
Da wir aber die regenerative Energie sowieso dezentral erzeugen muss, bietet sich hier die Chance, die marktbeherrschende Stellung der Energiekonzerne aufzubrechen, indem durch eine geschickte Förderpolitik dafür gesorgt wird, dass die neuen Energieerzeugungsanlagen und Speicher breit gestreut der Bevölkerung gehören.
Am einfachsten geht das bei der Photovoltaik und Eigenheimen. Auf jedes geeignete Dach muss eine PV-Anlage gebaut werden. Bei Eigenheimen wird die Höchstleistung meist zwischen sieben und zehn kWpeak liegen, je nach Dachgröße. Mit einem Hybridwechselrichter und Pufferspeicher ca. 6-7 kWh sollte die Installation dieser Anlage momentan 10.000 bis 13.000 Euro kosten. Dazu kommen noch rund 150 Euro an Kosten für Elektronikversicherung und Zähler.
Kosten und Einsparpotenziale von PV-Anlagen
Eine PV-Anlage produziert mindestens 1.000 kWh/a pro kWpeak installierte Leistung. Wenn man für diese Anlagen zinsfreie Kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren über die KfW-Bank zur Verfügung stellt, fallen jährlich Zahlungen für Tilgung und Unterhalt von 1.150 bis 1.450 Euro an. In einem Singlehaushalt werden in einem Einfamilienhaus durchschnittlich ca. 2.300 kWh Strom jährlich verbraucht, im Mehrfamilienhaus etwa 2.000 kWh. Bei einem Strompreis von 30 ct/kWh sind das jährliche Stromkosten von 690 bzw. 600 Euro. 70 bis 80 Prozent des Strombedarfs können durch die PV-Anlage mit Pufferspeicher aus Eigenerzeugung abgedeckt werden.
Daraus ergibt sich eine Einsparung durch Eigenerzeugung von 480 bis 550 Euro jährlich. Außerdem werden 5.000 bis 8.000 kWh Strom mehr erzeugt, als selbst verbraucht werden. Wenn für diesen Strom ein Erlös von zwölf ct/kWh erzielt wird, wird der Bürger durch die Rückzahlung des zinslosen Installationskredits nicht zusätzlich belastet. Aber wenn nach zehn Jahren die Anlage abbezahlt ist, bringt sie ihm ordentlich Geld ein, selbst wenn dann mal Reparaturen (Akkus, Wechselrichter) fällig werden.
Und je größer die Familie ist, desto mehr rechnet sich eine solche Anlage, weil der Eigenverbrauch und damit die Stromkostenersparnis größer wird. Das Gleiche gilt natürlich, wenn das eigene E-Auto mit dem Solarstrom betankt wird oder wenn das Eigenheim ganz oder teilweise mit Strom (Wärmepumpe) geheizt wird.
Dabei muss man sich allerdings darüber im Klaren sein, dass der Hauptstromverbrauch für die Heizung im Winter liegt und dass die PV-Anlage von November bis Februar nur sehr wenig Strom liefert. Aber geheizt wird ja auch noch in Frühling und Herbst, wo überschüssiger PV-Strom anfällt.
Die Förderung durch zinslose Kredite hat mehrere Vorteile: Sie belastet den Staatshaushalt nicht durch neue Schulden, sie schafft breit gestreut Eigentum in der Bevölkerung ohne zusätzliche finanzielle Belastungen und sie ermöglicht zielgenau den Aufbau einer dezentralen Energieerzeugungs - und Speicherinfrastruktur, ohne dass dabei große Investoren zum Zuge kommen, deren Renditeerwartungen dann hinterher bezahlt werden müssen.
Die Rendite bei diesem Modell besteht in der Schaffung einer zukunftsfähigen und sicheren Energieversorgung und langfristig stabilen Strompreisen sowie einer dadurch möglichen Reduzierung von Energieträgerimporten (Energieautarkie). Damit ist die Bundesrepublik dann außenpolitisch weniger erpressbar.
Außerdem wird durch einen derartigen Umbau der Netze der Anteil der EVUs und Übertragungsnetzbetreiber am Gesamtstrommarkt geringer, was mithilft, ihre aus den vorhandenen Monopolstrukturen resultierende Macht zu brechen.
Natürlich ist diese Förderung durch zinslose Kredite nur bei Wohneigentum sinnvoll. Eine Förderung von Konzernen wie "Deutsche Wohnen" ist abzulehnen. Hier könnten die örtlichen Stromversorger (Stadtwerke) gesetzlich verpflichtet werden, die entsprechende Speicherkapazität pro Wohneinheit zu installieren, der Besitzer hat das zu ermöglichen (Raum für Akkus + Leitungen und Zugang). Die entsprechenden zinslosen Kredite bekommt dann das Stadtwerk, allerdings mit der Verpflichtung zu einer entsprechenden Strompreisgestaltung.
Auch für Dach-PV-Anlagen sollten große Wohnungskonzerne nur Förderung erhalten, wenn sie im Gegenzug den Mietpreisdeckel einhalten. Eventuell sollte man auch nicht die Stadtwerke als Empfänger der Förderung vorsehen, weil diese oft teilweise im Besitz der Energiekonzerne oder großer Finanzinvestoren sind. Hier wäre die Neugründung entsprechender kommunaler Betriebe sinnvoll.
Auch bei den Übertragungsnetzen muss umgesteuert werden. Wir brauchen die Nord-Süd HGÜ-Stromtrassen dringend, um den im Norden erzeugten Windstrom in den bevölkerungsreichen Süden zu transportieren. Das wird in Zukunft, wenn wir mit Strom heizen wollen, noch viel wichtiger, denn im Winter bringt die Photovoltaik auch in Bayern und BW nicht viel, während die Windanlagen im Norden, speziell auch die Offshoreanlagen, dann ihre größte Leistung erreichen.
Derzeit ist geplant, dass die vier großen Übertragungsnetzbetreiber den notwendigen Bau der Stromautobahnen übernehmen und dafür Traumrenditen staatlich garantiert bekommen. Das ist Irrsinn.
Wir sollten stattdessen die Leitungen durch staatliche oder von den örtlichen Versorgern als Gemeinschaftsunternehmen gebildete Trassenbetreiber bauen. Dadurch würden die derzeitigen Übertragungsnetzmonopole aufgeweicht und die Macht der Netzbetreiber eingeschränkt. Außerdem kommt es für die Endkunden im Endeffekt billiger, wenn nur zinslose Kredite zurückgezahlt werden müssen, mit denen die Trassen finanziert wurden, als wenn auch noch die Renditen erwirtschaftet werden müssen. Natürlich werden sich die Energiekonzerne mit allen Mitteln gegen eine solche Beseitigung ihrer Monopole wehren, zumal sie ja an einer gewinnbringenden Investition ihrer Mittel interessiert sind.
Aber das ist nicht unser Problem. Wir sind nicht verpflichtet, gewinnbringende Anlagemöglichkeiten für überschüssiges Kapital großer Konzerne und internationaler Fonds zu zur Verfügung zu stellen.
Gegenwärtig versuchen Betreiber der Strom- und Gasnetze über ihre Lobbyisten bei im Beirat der Bundesnetzagentur neue Konditionen auszuhandeln. Sie fürchten um ihre Profite, da ihnen als Folge der Energiewende eine deutlich niedrigere Verzinsung ihres Eigenkapitals droht.2
Wenn Energiekonzerne sich auf bestehende Verträge berufen, sollte man die entweder über die Kartellgesetzgebung knacken oder aufgrund nicht eingehaltener Termine (die Vorhaben zum Netzausbau sind ja alle im Verzug).
Natürlich werden alle Lobbyisten bei den Plänen zur zinslosen Finanzierung aufheulen, dass dann die ganz große Inflation droht. Das braucht niemand stören. Darauf muss man antworten, dass die Geldpolitik Sache der EZB ist und nicht im Bundestag entschieden wird.
Und solange die Federal Reserve und die chinesische Zentralbank die Märkte mit billigen Krediten fluten, hat die EZB gar keine andere Möglichkeit, als mitzugehen. Wir leben schließlich in einer globalisierten Welt.Wir können die Finanzpolitik der EZB nur als gegeben hinnehmen und das Beste daraus machen, indem wir dafür sorgen, dass das Geld bei der Bevölkerung ankommt und nicht irgendwo versandet oder verzockt wird.
Wenn wir damit die Besitzverhältnisse ein bisschen in die richtige Richtung verschieben und zusätzliches Eigentum in der Bevölkerung und bei den Kommunen schaffen können, ist schon sehr viel erreicht.
Nötige ordnungspolitische Maßnahmen und Gesetze
Als erste notwendige Maßnahme muss die Bundesrepublik die Energiecharta aufkündigen, weil diese den internationalen Konzernen die Möglichkeit gibt, gegen jede Maßnahme der Bundesregierung vor einem Schiedsgericht in New York hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu klagen, z.B. auf entgangenen Gewinn. Das ist eine Gratisvollmacht zum Plündern der Staatskassen.
Aus diesem neoliberalen Knebelvertrag müssen wir sofort aussteigen. Oder wir stellen uns auf den Standpunkt, dass er nichtig ist, weil er gegen geltendes Völkerrecht, in diesem Fall das Selbstbestimmungsrecht der Völker, verstößt.
Dann muss der Strommarkt reguliert werden. Das ist notwendig, da aufgrund der vorhandenen Monopolstrukturen ein "Freier Markt" hier nicht funktionieren kann. Deshalb müssen die Tarife und Konditionen staatlich festgelegt werden. Und zwar so, dass einerseits der Strompreis auch langfristig nicht über 30 ct/kWh steigt und andererseits eine sinnvolle Lenkungswirkung für den Verbrauch erreicht wird.
Eckpunkte könnten hier sein: Normale Stromkosten maximal 30 ct/kWh, garantierte Einspeisungsvergütung für PV-Strom 12 ct/kWh, Voraussetzung Peakcapping durch Speicherladung und entsprechend Netzsteuerung, Ladestrom für Autos bei Erzeugerpeak 16 ct/ kWh, zu andern Zeiten bis 40 ct/kWh (Lenkungswirkung), externer Peakstrom zur Speicherladung 16 ct/ kWh.
Bei den Vorschriften muss ein Teil sicher Gesetzeskraft haben, aber vieles wird man auch über die Förderbedingungen regeln können. Das hat den Vorteil, dass die Regierung es allein entscheiden kann und so Blockaden in Bundestag und Bundesrat umgangen werden können. Außerdem ist es günstiger, wenn man keine Verbote erlässt, sondern die Bürger freiwillig zustimmen, um die Förderung zu erhalten. Bessere Compliance und weniger Möglichkeiten für die Lobbyisten, sinnlose "Bürgerinitiativen" dagegen zu organisieren.
Und es müssen bundesweit einheitliche Standards für die Netzsteuerung (örtliche Verteilernetze) und dazu notwendige die Datenübertragung zwischen der Steuer- und Abrechnungszentrale und den einzelnen Erzeugern, Speicherbetreibern und Verbrauchern inklusive E-Autos, erlassen werden. Dazu können neben Rundsteuerempfängern auch das Internet sowie die mobile Datenübertragung über das Handynetz genutzt werden. Aus Gründen der Ausfallsicherheit sollte man das Internet und die Handynetze parallel vorsehen. Hierbei wird eine sichere Verschlüsselung benötigt (Datensicherheit, Hackerangriffe).
Weiterhin muss die E-Mobilität gefördert werden. Allerdings sollte man hier im Gegenzug über eine Steuer für gefahrene Kilometer nachdenken, zumal die Mineralölsteuer langfristig wegbricht.
Und es müssen gesetzliche Regelungen für den Einsatz der Plug-In-Hybriden als Notstromaggregate in einem virtuellen Kraftwerk geschaffen werden. Eventuell könnte man auch die Förderung der Fahrzeuge von dieser Möglichkeit abhängig machen.
Industriepolitisch ist es nötig, die für die Energiewende benötigten Anlagen und Geräte auch überwiegend im eigenen Land zu produzieren. Das betrifft sowohl Windräder als auch PV-Anlagen, Hybridwechselrichter und Akkuspeicher sowie E-Autos. Auch die für die Produktion benötigten Rohstoffe sollten möglichst im Land selbst verfügbar sein. Das gilt insbesondere für das benötigte Lithium.
Wenn die veröffentlichten Informationen stimmen, ist im Oberrheingraben genug Lithiumsole vorhanden, man muss sie nur fördern und aufarbeiten (Lithiumsalzextraktion durch Ionentauscherverfahren).
Der Aufbau dieser Anlagen muss staatlich gefördert werden, ebenso der Wiederaufbau der Photovoltaikindustrie.
Dagegen sollte man die Förderung der Wasserstofftechnologie einstellen, da diese aufgrund des hohen Stromverbrauchs nie rentabel werden kann, ebenso wie Synfuel. Hier wird nur Geld verbrannt und durch das Investieren in ökonomisch und energetisch fragwürdige Projekte die Energiewende verzögert, was vermutlich auch beabsichtigt ist.
Das heißt in letzter Konsequenz natürlich auch, dass unsere chemische Industrie stark schrumpfen wird. Aber wenn der Treibstoff durch Strom ersetzt wird, ist die Petrolchemie weitgehend überflüssig. Und wenn wir den Stahl aus Schrott verschmelzen, brauchen wir dafür keine Elektrolyseure und nur sehr viel weniger Strom.
Es ist völliger Unfug, eine riesige Wasserstoffwirtschaft aufzubauen, nur damit die Anlagenbauer, die chemische Industrie, die Airlines und die Flugzeugindustrie sowie einige andere Firmen weitermachen können wie bisher. Das kann nicht funktionieren und geht zu Lasten aller.
Zum Schluss noch eine alte Weisheit von Reichskanzler Bismarck: "Politik ist die Kunst des Möglichen". Das gilt auch für die Energiewende. Ich habe versucht, ein technisch und ökonomisch machbares und ausgewogenes Konzept zu erstellen, bei dem auf unnötige Investitionen verzichtet wurde, indem Synergieeffekte genutzt werden. Das ist notwendig, denn wir können unsere Bürger nicht überfordern, sie müssen mitmachen.
Die meisten Bundesbürger sind zwar für Klimaschutz, aber das heißt noch lange nicht, dass sie ihn deshalb auch wählen. Das Hemd sitzt einem schließlich näher als der Rock. Und die sich anbahnende Klimakatastrophe kommt ja erst in Zukunft, die Kosten für die Energiewende sofort, wenn die neue Bundesregierung ihre Pläne realisiert. Deshalb darf der einzelne Wähler durch die Energiewende nicht groß zusätzlich belastet werden.
Natürlich wird dieses Konzept vielen Klima-Aktivisten nicht weit genug gehen. Aber man protestiert schließlich nicht um zu protestieren, sondern um Missstände aufzuzeigen und abzustellen. Dazu muss man aber auch konkrete und realisierbare Vorschläge machen, wie es gehen soll.
Wenn Die Linke gegen eine Erhöhung der Treibstoffpreise ist, weil sie die Bürger nur belastet und wenig bringt, solange viele auf die Nutzung des Autos angewiesen sind, heißt das nicht, dass die Linkspartei gegen den Klimaschutz ist, sondern nur, dass sie dieses untaugliche Mittel zu Recht ablehnt. Wenn Campact dann in einer Rundmail behauptet, dass neuerdings auch die Linkspartei gegen den Klimaschutz schießt, ist das entweder dumm oder ein grobes Foul.
Mit unkoordinierten Einzelmaßnahmen ist der Klimawandel nicht zu stoppen. Gut gemeint ist das Gegenteil von gut. Klimaschutz und Energiewende sind langfristige Aufgaben und sorgfältig zu durchdenken. Überziehen schadet nur, weil es als Ausrede dient, dass die Energiewende als Ganzes nicht funktioniere und daher alles beim Alten bleiben müsse.
Viel mehr Probleme als irgendwelche übereifrigen Aktivisten werden allerdings die Lobbyisten der Konzerne und Wirtschaftsverbände machen, die gerade versuchen, einerseits die Energiewende so gut wie möglich zu verzögern und andererseits durch sie ihre Machtpositionen weiter auszubauen und die Gesellschaft und die Bürger auszuplündern so gut es geht. Siehe Wasserstoffpolitik und Netze.