Medienhetze gegen Systemkritik

Seite 2: Dem Rudeljournalismus fehlt Objektivität und Neugier

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Doch warum reagieren so viele Journalisten auf das Lied von Naidoo auf eine Weise, als stünde der Untergang der Demokratie bevor? Auch wenn die Frage an dieser Stelle nur oberflächlich behandelt werden kann: Ein Grund ist sicherlich die Uniformität eines journalistischen Feldes, das nach außen nicht genug von Pluralismus, von Toleranz und Vielfalt reden kann, aber in seiner inneren Verfasstheit ein Abbild politischer Konformität ist, die abweichenden Ansichten gegenüber kaum intoleranter sein könnte.

Der Umgang von Journalisten mit dem Sänger Xavier Naidoo zeigt, dass hier ein, nennen wir es: "Weltbildjournalismus" am Werk ist, der eines der zentralen Qualitätskriterien journalistischer Arbeit, nämlich: Objektivität, ohne zu zögern zur Seite schiebt, wenn die eigenen politischen Wirklichkeitsvorstellungen irritiert werden.

Dieser Journalismus mag in einer modernen, großen Redaktion entstehen, aber wenn man ihn betrachtet, wirkt er, als käme er aus einer Miniholzkiste, in der für ein kritisches Denken kein Platz ist.

Diesem Journalismus fehlt aber nicht nur die Bereitschaft zu Objektivität, er lässt auch ein zentrales Antriebsmuster vermissen, das für diesen Beruf notwendig ist: Neugier.

Er will nicht wissen, warum, wieso, weshalb etwas passiert (womit er dann tatsächlich auch einen Wert für die Mediennutzer hätte). Er macht sich erst gar nicht die Mühe herauszufinden, was genau die Motivation von Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims ist, diesen Songtext zu verfassen, in dem er mit dem Künstler oder seinen Bandmitgliedern redet. Er will nicht erfahren, verstehen, nachdenken und daraus dann eine saubere journalistische Arbeit entstehen lassen.

Dieser Journalismus will nichts anderes als seine eigene vorgefertigte Meinung zum Besten zu geben - reichlich Überzeugung anstelle von Wissen, ist seine Devise. Naidoo sagte einmal 2014 in einem Interview zu seiner Musik:

... und irgendwann habe ich die Musik auch erkannt als Mittel, um Dampf abzulassen. Aber eben auch um mit schönen Melodien, schön gesungen, aber doch vielleicht die ein oder andere Botschaft, die aufrüttelt, da reinzupacken. Und das war immer mein Konzept. Ich liebe Balladen, ich liebe einfach ganz schöne romantische Lieder, wo es um Liebe geht, aber ich liebe es auch das gleiche Konzept anzuwenden, um dann aber eben was reinzuhauen, wo es Dir die Schuhe auszieht, wo Du tatsächlich beleidigend wirst. Das ist dann Kunst. Das muss man immer wieder sehen.

Wenn ich hier Frau Merkel oder Herrn Gauck jetzt persönlich begegnen würde, würde ich...so freundlich sein, wie ich kann, aber trotzdem würden wir natürlich unsere Diskussion haben können, ich wäre niemals unfreundlich. In der Kunst brauche ich dieses Element, um Aufmerksamkeit zu bekommen und meinen Punkt zu machen, um den Leuten klar zu machen: Ok, ich habe keine Angst. Das ist auch immer wichtig, dass die Leute merken, der hat keine Angst, der ist bereit seine Meinung zu sagen, er ist bereit, seine Karriere aufs Spiel zu setzen - das denken ja immer viele - und dazu bin ich auch bereit, weil sonst habe ich keine Lust, dieses Leben so zu leben.

Naidoo

Ein Journalismus, der sich objektiven Maßstäben verpflichtend fühlt und neugierig ist, würde solche Aussagen, die dem Leser auch helfen könnten, Naidoos Vorgehen einzuordnen, anführen - aber das passiert nicht.

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