Mehr Möglichkeiten als beim öffentlich-rechtlichen TV
Thierry Godard zum Start der Synchronfassung von Engrenages - dem französischen The Wire
Ab Herbst zeigt der DVB-S und IPTV-Sender Sony Entertainment Television die Krimiserie Engrenages, die selbst Amerikanern als eine der besten überhaupt gilt (weshalb sie Showtime gerade adaptiert). In Deutschland lief sie bislang nur spätnachts und mit Untertiteln im ARD-Spartenkanal Einsfestival. Nun hat Sony eine deutsche Synchronfassung herstellen lassen.
Eine der Hauptrollen in Engrenages, den Koks-und-Nutten-Polizisten Gilou, spielt Thierry Godard. Telepolis unterhielt sich mit ihm, als er bei der Vorstellung der Synchronfassung der (deutlich konventionelleren) Historienserie Un Village Français in München war.
Monsieur Godard - Sie spielen eine der Hauptrollen in Engrenages. In Deutschland halten die Serie viele derjenigen, die sie kennen, für noch besser als The Wire. Aber es kennen sie nur wenige. Woran könnte es Ihrer Ansicht nach liegen, dass Engrenages hier noch nicht auf einem großen Sender lief? Könnte das auch daran liegen, dass Engrenages zu wenig Rücksichten auf Tabus nimmt und deshalb in Entscheiderkreisen Unbehagen erzeugt?
Thierry Godard: In der ersten Staffel kam die Serie in Frankreich vor allem in den unteren Gesellschaftsschichten gut an. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Canal+ der französische Fußballsender ist. Dem entsprechend war das Publikum, das dort erreicht wurde, auch das Fußballpublikum. Erst in der zweiten Staffel wurde die französische Intelligenz auf die Serie aufmerksam.
Gab es in Frankreich Stimmen, die forderten, man solle die Darstellung albanischer Mafiosi, arabischer Gangsterrapper wie Mr. Aziz oder Fanatiker aus der Autonomenszene zensieren?
Thierry Godard: Nicht bei Canal+.
Man hat auch den Eindruck, dass die halbwegs integren Charaktere in Engrenages sehr viel weniger kitschig sind als in deutschen Serien und dass das nicht nur am Drehbuch liegt. Haben Schauspieler bei Engrenages mehr Freiheiten? Oder weniger?
Thierry Godard: Bei einem Pay-TV-Sender wie Canal+ hat man viel mehr Freiheiten als bei öffentlich-rechtlichen Sendern wie France 2 oder France 3. Wir hatten zum Beispiel die Möglichkeit, Verhöre so aggressiv darzustellen, wie das bei einem öffentlich-rechtlichen Sender nicht möglich gewesen wäre. Die Schauspieler, die vom Kino kamen, waren am Anfang etwas schockiert, als sie das Drehbuch gelesen haben - und sie äußerten Vorbehalte. Aber dann haben sie sich doch auf die Figuren eingelassen.
Sie haben vor ihrer Schauspielerausbildung eine Schreinerlehre gemacht - und ihre Figur Gilou, die nicht aus dem Bildungsbürgertum kommt, spielen sie in Engrenages sehr glaubwürdig. Wären die Schauspieler von heute besser, wenn mehr davon echte Erfahrung mit dem echten Leben hätten und wüssten, wie außerhalb von Schauspielschulen wirklich gesprochen wird?
Thierry Godard: Durch die Schreinerlehre hatte ich weniger Druck, weil ich immer die Gewissheit hatte, als Schreiner arbeiten zu können, wenn ich es als Schauspieler nicht schaffe. Außerdem habe ich als Schreiner grundlegende Dinge über Konstruktion gelernt. Das hat mein Denken und meine Wahrnehmung strukturiert. Ein Konstruktionsplan hat viel mit einem Drehbuch gemeinsam. Wenn man sich mit einem Drehbuch beschäftigt, dann muss man dieses Drehbuch nicht nur verstehen, man muss auch die eigene Phantasie einsetzen und es weiterentwickeln.
Als Schauspieler sollte man aber über ein breites Spektrum an Fähigkeiten verfügen. Man sollte sich in alle möglichen Rollen einarbeiten können. Ich selbst spiele Aristokraten, Geschäftsleute und Arbeiter. Bei den Arbeitern schätze ich besonders die Möglichkeiten, sich frei auszudrücken.
Bis zum 25. Juni kann die erste Folge der dritten Staffel von Un Village Français bei Sony Entertainment Television kostenlos abgerufen werden. Ab 25. Juni laufen die Folgen der Staffel dann regulär jeden Donnerstag um 21 Uhr 05. Auch für Engrenages soll es eine kostenlose Probefolge geben. Wann diese läuft, steht aber noch nicht fest. Wer in München oder Umgebung wohnt, kann sie wahrscheinlich vorher beim Seriencamp-Festival sehen.
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