Mehr Waffen für die Bürger soll die Sicherheit in den USA erhöhen
Die texanische Organisation "Armed Citizen Project" will Menschen in Problemvierteln mit Schusswaffen ausstatten, um Kriminelle abzuschrecken
Während in den USA nach dem Massaker von Newtown über eine Verschärfung der Waffengesetze diskutiert wurde, aber eine entsprechende Gesetzesinitiative im Kongress wieder gescheitert ist, hatte sich die Waffenlobby für eine weitere Aufrüstung der Bürger stark gemacht (Waffenlobby empfiehlt bewaffnete Sicherheitskräfte an Schulen. Nur wenn auch die Guten bewaffnet sind, werden die Bösen abgeschreckt, so die Logik.
Dieser Logik des Wettrüstens folgt auch das Armed Citizen Project (ACO) des 29-jährigen Kyle Coplen, der dies auch zum Inhalt seiner Abschlussarbeit für den Master im Studienfach Öffentlicher Verwaltung an der University of Houston gemacht hat. Die Universität will allerdings mit der Umsetzung nichts zu tun haben, dafür aber unterstützt, wenig überraschend, die National Rifle Association das Projekt. Als Sponsor tritt die NRA allerdings nicht auf, dafür wurden aber Waffenhändler gewonnen. Nach Coplen ist Barack Obama schon deswegen antiamerikanisch, weil er die Waffengesetze verschärfen wollte.
Coplen ist natürlich der Chef des Projekts, das nach der Devise der Hilfe zur Selbsthilfe Menschen in Stadtvierteln mit hoher Kriminalität mit Schusswaffen ausstatten und in ihrem Gebrauch trainieren will, um dann empirisch festzustellen, ob dies wirklich eine Abschreckungswirkung hat, ob also die Kriminalität dank der Bewaffnung der Bürger sinkt, die bislang der Gewalt schutzlos ausgeliefert gewesen seien. "Wir wollen zwei Dinge machen, nämlich ganze Viertel bewaffnen und alleinstehende Frauen/Mütter aus einem größeren Bereich bewaffnen." Sind Stadtviertel erst einmal aufgerüstet, dann sollen dort auch Schilder aufgestellt werden, damit die Bösen auch wissen, was sie erwartet.
Grundlage soll die Auswertung von Kriminalitätsstatistiken und die Zusammenarbeit mit Polizeibehörden und den Menschen in den Stadtvierteln sein. So sollen die Gegenden gefunden werden, die am meisten Unterstützung im Sinne von Aufrüstung benötigen. Ausgegeben werden sollen mehrschüssige Schrotflinten, die billig und als Waffen zur Selbstverteidigung akzeptabel seien. Zudem würden diese solch einen Krach machen, dass Schüsse auch abschrecken. Alles soll ganz legal geschehen. Die Empfänger werden überprüft, ob sie eine Waffe besitzen dürfen, sie müssen einen Kurs zur Sicherheit besuchen und werden im Schießen ausgebildet sowie rechtlich geschult. Wenn die Menschen sich erst einmal sicher Zuhause fühlen, dann werden sie sich auch sicherer im Auto oder in der Öffentlichkeit fühlen, meint Coplen.
Bislang habe man Gewehre an 30 Menschen in Oak Forest in Houston gegeben und diese ausgebildet. Coplen hat große Träume. Es gibt schon Pläne, das Projekt in San Antonio oder Tucson zu erweitern. Bis zum Ende des Jahres sollen in 15 Städten Nachbarschaften mit bis zu 1000 Gewehren aufgerüstet werden. Und in 5 Jahren soll ACP in allen großen Städten vertreten sein. Man sei so weit auf Zuspruch gestoßen, sagt Coplen, nur bei jenen nicht, die Schusswaffen hassen. Das Geld kommt von Spenden, das Projekt arbeitet (noch) mit ehrenamtlichen Mithelfern, kann aber gut sein, dass Coplen aus der Verbreitung von Schusswaffen für sich auch einen Job machen will.
Spannend dürfte es erst einmal in Tucson werden. Dort hatte ein Mann mit einer Pistole 2011 sechs Menschen getötet, die damalige demokratische Abgeordnete Gabrielle Giffords, selbst zu dieser Zeit noch eine Befürworterin für den Besitz von Schusswaffen, erlitt eine schwere Kopfverletzung (Pro-Waffenbesitz-Politikerin in den Kopf geschossen). Anfang dieses Jahres startete Giffords unter dem Namen Americans for Responsible Solutions eine Kampagne für schärfere Waffengesetze. Der Stadtrat von Tucson hat beschlossen, dass Hintergrundprüfungen beim Erwerb von Schusswaffen eingeführt werden. Und er hatte in einem Programm 212 Schusswaffen von den Bürgern gegen die Ausgabe von Gutscheinen eingesammelt.
Jetzt also will ACP ausgerechnet in Tucson mit der Unterstützung des früheren Bürgermeisterkandidaten Shaun McKlusky in der Stadt Waffen verteilen. 12.000 US-Dollar habe man dafür eingesammelt. Stadtrat Steve Kozachik meinte schon mal, dass es sich nur um Verrückte handeln kann: "Wenn jemand sagt, es mache Sinne, geladene Schrotflinten in Gegenden mit hoher Kriminalität zu verteilen, dann ist er verrückt." Angeblich sind die meisten Einwohner in den drei auserwählte Vierteln zudem nicht sonderlich angetan von der Initiative. Kozachik hat eine Gegeninitiative gegründet, die Schüler in diesen Vierteln mit Büchern und anderem Notwendigem versorgen soll.