Merkels Freihandelsoffensiven
Seite 3: Deutschland muss mehr Schulden machen?
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Auf globaler Ebene sind diese "Ungleichgewichte" in den Handelsbilanzen - mit dem riesigen Defizit der USA in deren Zentrum - aber nur Folge des systemischen Verschuldungszwangs des spätkapitalistischen Weltsystems, das nur durch kreditfinanzierte Nachfrage noch am zombiehaften Scheinleben erhalten werden kann.
Allen Beteuerungen der Politik zum Trotz: Der globale Schuldenberg schwillt weiter an. Die derzeitigen handelspolitischen Auseinandersetzungen machen diesen systemisch-realabstrakten Krisenprozess konkret, bei dessen Entfaltung eine hyperproduktive kapitalistische Warenproduktion nur durch schuldenfinanzierte Nachfrage noch am Leben erhalten werden kann.
Es ist dieser Krisenprozess, dieser Verschuldungszwang des Gesamtsystems, der ursächlich für die global zunehmenden Spannungen ist: Mit den Handelsüberschüssen (in Deutschland fast neun Prozent des BIP!) wird auch Verschuldung, De-Industrialisierung und Arbeitslosigkeit exportiert. Mit anderen Worten: Die Krisenfolgen können auf andere Volkswirtschaften abgewälzt werden.
In Europa hat diese Strategie Deutschland - auf Kosten eines Großteils der Eurozone - perfektioniert. Dieser "objektive", sich hinter dem Rücken der Subjekte entfaltende Krisenprozess wird somit gerade vermittels der Kämpfe der Staatssubjekte ausgetragen: Wer kann noch dazu genötigt werden, sich vermittels Handelsdefiziten zu verschulden?
Dies ist die Logik des "Freihandels" in Krisenzeiten, der automatisch den dumpfen Nationalismus der Verlierer dieser Krisenkonkurrenz in Europa und den USA zur Folge hat. In diejenigen Ländern und Staaten, die bei dieser Beggar-thy-neighbor-Politik den Kürzeren ziehen, gewinnen ja oftmals nationalistische und protektionistische Bewegungen an Kraft.
Insofern agiert der "Exportweltmeister" Deutschland somit als das Subjekt, das diesen objektiv in der Weltkrise des Kapitals angelegten nationalistischen Barbarisierungsprozess - zumindest in Europa - forciert. Ihre blanke Dominanz in Europa könnte die Bundesrepublik nur dann in eine Hegemonie wandeln, wenn sie dem Vorbild der USA folgte und ebenfalls eine Verschuldungsdynamik entfachte.
Deutschland müsse mehr Geld ausgeben, seinen Handelsüberschuss abbauen und eine dauerhafte Lösung für Griechenland finden, wenn es "die freie Welt führen" wolle, fasste Marketwatch zusammen. Genau das ist der Preis der Hegemonie im krisengeschüttelten Spätkapitalismus: ein beständig wachsender Schuldenberg.