Millionen Steuergeld für Meinungsmache: Ist das legitim?
Seite 2: Gesinnungspolizei der Ampel: Die Debatte kommt in Gang
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Langsam lauft eine mediale und politische Diskussion an über eine wachsende Phalanx fragwürdiger Vorfrontorganisationen der Bundesregierung, die mit Millionenmitteln in den medialen Diskurs und damit in die politische Meinungsbildung eingreifen. Nachdem Telepolis im Juni als erstes Medium auf ein entsprechendes Projekt des Thinktanks Zentrum Liberale Moderne eingegangen ist, haben sich unter anderem der Videoblogger Tilo Jung, die Tageszeitung Welt und das Politmagazin Cicero diesem merkwürdigen Konstrukt gewidmet. Das Zentrum Liberale Moderne und sein Mitbegründer Ralf Fücks kamen dabei nicht gut weg.
Diese Organisation gehöre zu diversen Thinktanks, die von Bundesregierung und Bundeskanzleramt "mit erheblichen Summen" finanziert würden und "mit mitunter fragwürdigen Methoden und politisch einseitig agieren", schrieb bei Cicero der SPD-Politiker und ehemalige Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb: "Der Staat greift damit in die unabhängige Meinungsbildung der Bürger ein."
Und das lässt sich die Bundesregierung einiges kosten. Aus mehreren Regierungstöpfen und dem Bundespresseamt waren der Struktur nicht lange nach Gründung gut 4,5 Millionen Euro zugeschanzt worden, so eine Recherche des Medienjournalisten Friedrich Küppersbusch. Insgesamt seien es zwischen fünf und sechs Millionen, ist inzwischen klar.
Darauf ging auch der Videoblogger Thilo Jung ein. "Unsere Unabhängigkeit ist uns wichtig", sagte Fücks im Gespräch mit Jung. Man versuche die Finanzquellen zu diversifizieren, man könne auch ohne Regierungsgelder überleben. Nach ein paar Minuten (hier etwa am 01:14.00) blieb von dieser Behauptung nur noch wenig übrig.
Im Telepolis-Gespräch hatte die Grünen-Politikerin und ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer die Arbeit von Fücks und seiner Ehefrau Marieluise Beck deswegen heftig kritisiert:
Diese sogenannte NGO ist ein besonders eklatantes Beispiel eines hybriden politischen Thinktanks. Zwei ehemalige Spitzenpolitiker nutzen sämtliche Netzwerke der Institutionen, in denen sie lange tätig waren, und gründen dann mit Staatsgeld einen antirussischen Thinktank, den sie "Non Government Organisation" nennen und der durch keine echte Praxis im Land ausgewiesen ist.
Antje Vollmer
Eine öffentliche Debatte über diese fragwürdige Entwicklung ist wichtig, zumal eine Hauptaufgabe des Fücks’schen Denkpanzers offenbar zunehmend darin besteht, Andersdenkende zu diffamieren. Ein Instrument dazu ist das Projekt Gegneranalyse, das inhaltlich so schludrig arbeitet, dass die Verwendung öffentlicher Gelder dafür es im Grunde ein Fall für den Bundesrechnungshof ist.
"Bewusstseins-Arbeiter auf Staatskosten", nennt der Sozialdemokrat Brodkorb dieser Art von regierungsalimentiertem Aktivismus. Man könnte sie auch die verbalen Prügelperser der Ampel nennen. Dem Journalisten Matthias Meisner etwa, der für das Zentrum Liberale Moderne inzwischen auf Honorarbasis tätig ist, führt auf Twitter eine obsessiv wirkende Kampagne gegen Oppositionspolitiker, die viele User inzwischen peinlich berührt aufnehmen. Er geht zugleich jeder Art inhaltlicher Kritik an seiner und der von ihm verantworteten Arbeit aus dem Weg.
Seit Telepolis im Juni einem ersten steuerfinanzierten Papier des Projektes "Gegneranalyse" schwere inhaltliche Fehler nachwies, reagierte Meisner lediglich auf einen Forenkommentar, den er als Morddrohung interpretierte. Heise hatte den Kommentar damals umgehend gelöscht, Meisner verbreitet ihn bis heute auf Twitter.
Während die methodologischen Fehler einer bezahlten Auftragsarbeit über das Portal Nachdenkseiten unverändert online stehen, fragte Meisner in unserem Haus nach einem halben Jahr unlängst erneut nach dem Forenkommentar, der "als Morddrohungen (…) gelesen werden" könne.
Im folgenden Tweet wurden aus dieser Interpretation flugs faktische "Kommentare mit den Morddrohungen", von der Antwort zitierte er nur einen Satz. Daher hier nun die gesamte Antwort der Pressestelle der Heise Gruppe an Matthias Meisner:
Das Online-Magazin Telepolis der Heise Gruppe hat in mehreren Artikeln die Arbeit des Projektes Gegneranalyse sowie der dafür verantwortlichen Organisation Zentrum Liberale Moderne aufgegriffen. Die in den Artikeln geäußerte inhaltliche Kritik an der Arbeit ist valide und hat sich inzwischen auch durch Recherchen anderer Medien vollumfänglich bestätigt.
Sowohl die inhaltlichen Defizite eines von Telepolis thematisierten Aufsatzes des Projektes Gegneranalyse als auch die Finanzierung der Trägerorganisation Zentrum Liberale Moderne wurden in Folge der Telepolis-Berichte unter anderem von den Journalisten Friedrich Küppersbusch und Tilo Jung kritisch thematisiert.
Im Interview mit Telepolis hat die ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Antje Vollmer, das Zentrum Liberale Moderne und seine Arbeit grundsätzlich problematisiert. Zudem ist das Thema inzwischen Gegenstand der Berichterstattung überregionaler Medien.
Wie Ihnen bekannt ist, haben wir den besagten Beitrag im Forum von Telepolis unverzüglich nach Kenntnis gelöscht. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir darüber hinaus keine Auskünfte über ein weiteres rechtliches Vorgehen erteilen können.
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Redaktioneller Hinweis: Auf Basis eines Hinweises haben wir drei Passagen bezüglich Matthias Meisner präzisiert.
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