Mini-Waffenkontrolle wird drohenden Bürgerkrieg in USA nicht stoppen

Seite 2: "Der nächste US-Bürgerkrieg ist bereits da – wir weigern uns nur, ihn zu sehen."

In letzter Zeit wurde in den USA viel über die amerikanische Demokratie und den Kapitalismus geschrieben und darüber, dass das politische System der freien Marktwirtschaft in Gefahr ist. Der Milliardär und Investor Ray Dalio, Gründer des riesigen Hedgefonds Bridgewater Associates, warnte in einem Tweet, dass Amerika wegen der zunehmenden Ungleichheit "am Rande eines schrecklichen Bürgerkriegs" stehe.

Barbara F. Walter, Politikwissenschaftlerin an der University of California in San Diego, stimmt dem zu. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sie für die CIA Bürgerkriege rund um den Globus untersucht und vorhergesagt.

In ihrem neuen Buch "How Civil Wars Start" schlägt sie Alarm wegen der zunehmenden Wahrscheinlichkeit eines zweiten Bürgerkriegs in den Vereinigten Staaten.

Die Wirtschaftseliten haben eine verhängnisvolle Strategie entwickelt, die den Zweck verfolgt, die wütende Mehrheit zu spalten und zu bagatellisieren, sodass sie weniger in der Lage ist, ihre Bedürfnisse wirksam zu artikulieren.

Wenn dieser Zustand und die politische Zerrissenheit unvermindert anhalten, so Walter, könne es durchaus zu einem zweiten Bürgerkrieg kommen.

Ein Bürgerkrieg heute wird nicht so aussehen wie in Amerika in den 1860er Jahren, in Spanien in den 1930er Jahren oder in Russland in den 1920er Jahren. Er wird mit sporadischen Gewalt- und Terrorakten beginnen, die durch die sozialen Medien beschleunigt werden. Es wird sich an uns heranschleichen und uns fragen lassen, wie wir so blind sein konnten.

Walter ist nicht allein. Stephen Marche im Guardian schreibt:

Der nächste US-Bürgerkrieg ist bereits da – wir weigern uns nur, ihn zu sehen.

Eine alarmierende Umfrage des konservativen American Enterprise Institute ergab, dass 39 Prozent der Republikaner den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele unterstützen. Viele sprechen offen vom Bürgerkrieg.

Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass eine Mehrheit der Amerikaner (46 Prozent) einen künftigen Bürgerkrieg für wahrscheinlich hält, 43 Prozent halten ihn für unwahrscheinlich, und 11 Prozent sind sich nicht sicher.

Jüngere Menschen, Republikaner und diejenigen, die im Süden und in der Region im Mittleren Westen sowie rund um die großen Seen leben, waren fester der Überzeugung von einem kommenden Konflikt als diejenigen im Osten. Schwarze und Hispano-Amerikaner glauben ebenfalls eher an einen kommenden Bürgerkrieg als Weiße.

Das sollte eigentlich alle Alarmglocken läuten lassen.

Die beiden Entscheidungen von gestern zum Waffenbesitz in den USA laufen aber nicht nur in entgegen gesetzte Richtungen und widersprechen sich. Sie zeigen auch, dass die politische Klasse in den USA nicht willens und fähig ist, die Gefahren einzudämmen, die von Waffenbesitz und eskalierender sozialer Spaltung ausgehen.

Ein drohender bis schwelender Bürgerkrieg in dem mächtigsten Land der Welt mit einer enormen ökonomischen und militärischen Reichweite ist kein gutes Omen für eine bessere Zukunft.