Mit Ahmed in den Krieg gegen Israel
Ein syrisches Verlagshaus vertreibt einen First-Person Shooter, in dem der Spieler die Sicht eines Palästinensers einnimmt
Was den Streitkräften der USA und Israel recht ist, kann den Arabern billig sein. Auch im arabischen Raum wird der israelisch-arabische Konflikt in einem PC-Game abgebildet. Underash heißt das Spiel, das seit Ende Februar im Handel ist. Als Palästinenser Ahmed macht man sich steinewerfend auf, die "Zionisten" zu bekämpfen.
Es war eines der Highlights im syrischen Pavillon an der IT-Fachmesse Gitex im vergangenen Oktober in Dubai. Das Verlagshaus Dar El-Fikr präsentierte damals das PC-Game "Underash". Auf den Markt kam das Spiel im Februar dieses Jahres und im ersten Monat wurden bereits 10.000 Kopien für einen Preis von 8 Dollar verkauft. Auch über die Website sollte das Spiel vertrieben werden, doch wurde die Site mehrere Male von israelischen Hackern lahmgelegt, wie Khaled Fudda einer der Spieldesigner gegenüber Middle East Online erklärte.
Als historischen Rahmen wählten die Entwickler nicht die aktuelle Konfliktsituation, sondern die erste Intifada der späten 80er Jahre. So erklärt sich auch, weshalb die sechste und letzte Stufe des Spiels eine Attacke als Hisbollah-Guerilla im Südlibanon gegen eine israelische Radarstellung ist. Dieser Konfliktherd existiert seit dem Abzug der israelischen Truppen vor zwei Jahren nicht mehr.
Bevor jedoch zur endgültigen Mission im Südlibanon angesetzt werden kann, muss Ahmed - so der Name des Alter Ego - als erstes die Al-Aksa Moschee in Jerusalem erreichen, ohne dabei von jüdischen Siedlern erschossen zu werden. Realitätsgetreu verfügt Ahmed zur Gegenwehr vorerst einzig über Pflastersteine. Sobald er die Moschee erreicht, muss er verletzte Palästinenser retten, den israelischen Soldaten die Gewehre entreißen und die Besatzer von der drittheiligsten Stätte des Islam zu vertreiben versuchen. In weiteren Etappen muss Ahmed in einer jüdischen Siedlung eine palästinensische Flagge hissen oder sich an ein israelisches Waffenlage heranschleichen. Selbstmordattentate sind nicht vorgesehen - dafür gibt es das Spiel "Kaboom" (Und dann macht es: Kaboom!). Außerdem ist das Spiel zu Ende, wenn die Zivilbevölkerung getroffen wird. Legitime Ziele sind nur israelische Soldaten und bewaffnete Siedler.
"Ein Spiegel unserer Geschichte"
Den Vorwurf mit dem PC-Spiel jungen Palästinensern und Arabern Gewalt als Konfliktlösungsmechanismus schmackhaft zu machen, lässt Mohammad Salem nicht gelten. Der Besitzer des Dar El-Fikr Verlagshauses, von dem das "Underash"-Game vertrieben wird, meint ganz nüchtern: "Wir erzählen einfach die Geschichte eines entwurzelten Volkes, dessen Kinder getötet werden."
Eine geradezu pessimistische Einschätzung liefert Radwan Qasmiyya, einer der Programmierer von Underash: "In der jüngeren Geschichte des Konflikts sind keine Lösungsansätze zu finden. Was wir mit dem Spiel zeigen, ist eine Art Spiegel dieser Situation." Im Gamedesign manifestiert sich dieser Ansatz am deutlichsten auf dem letzten Spiellevel. Wenn Ahmed die Guerilla-Attacke im Südlibanon überlebt hat, gibt es keinen großen Sieg zu feiern oder einen virtuellen Landgewinn zugunsten der Palästinenser verbuchen. Nach dem Motto: Spiel aus und der Krieg geht weiter. Draußen auf der Straße und drinnen am Bildschirm.
Dass ein Game wie Underash auf den arabischen Markt kam, überrascht keineswegs. Werden doch in amerikanischen Spielen wie Delta Force die "bad guys" häufig als Araber dargestellt. Im Flugsimulator Israeli Air Force geht es beispielsweise darum, arabische Städte zu bombardieren. Weshalb also die Darstellung der Konfliktparteien nicht mal umdrehen?
Dies war einer der wichtigsten Beweggründe für das Verlagshaus Dar El-Fikr, das Spiel überhaupt zu entwickeln. "Wir wollen ein Gegengewicht zu jenen vergifteten Ideen schaffen, die durch amerikanische PC-Spiele unseren Kindern vermittelt werden", erklärt Hassan Salem von Dar El-Fikr.