Mit Arbeitsdienst die Wahl gewinnen?

Auch ohne Reich: Arbeitsdienste wirken in Deutschland eher old school, so wie hier 1938. Bild: dhm

Panik-Initiative der Union: Zwei Wochen vor der Bundestagswahl schlagen Konservative vor, Langzeitarbeitslose zur Arbeit zu zwingen. Doch das angeführte Vorbild Dänemark taugt nicht viel

Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl haben Unionspolitiker vorgeschlagen, Langzeitarbeitslose zum Arbeitsdienst zu verpflichten. Wer über einen längeren Zeitraum hinweg keine Arbeit habe und von staatlichen Zuwendungen lebe, könne Laub oder Müll im öffentlichen Raum sammeln, hieß es von dieser Seite.

Die konservativen Befürworter einer solchen Initiative verwiesen auf eine entsprechende Initiative in Dänemark. Dort aber ist der Vorschlag umstritten: Kritik kommt nicht nur von der politischen Linken, sondern auch von den Kommunen, in denen die Arbeitsprogramme umgesetzt werden müssten.

Er strebe eine entsprechende Regel für Personen an, "die Leistungen vom Staat erhalten und nicht bereit sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren", sagte heute Sven Schulze, der CDU-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt.

Berlins CDU-Fraktionschef Burkard Dregger betonte nach Agenturberichten das Ziel, "die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in das Arbeitsleben erleichtern".

Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, befürwortete die Initiative. Langzeitarbeitslose könnten in vielen Fällen "wieder in ein normales Arbeitsleben zurückkehren, wenn sie gezielt über gemeinnützige Arbeit für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht werden".

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß verwies gegenüber dem Boulevardblatt Bild auf einen Gesetzesentwurf in Dänemark. Dort will die Regierung mit einer Pflicht zum Arbeiten die Integration von Einwanderern fördern.

Harsche Kritik von Gemeinden und Opposition in Dänemark

Die Regierung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte am Dienstag angekündigt, Arbeitslose für gemeinnützige Arbeiten bis zu 37 Stunden in der Woche zu verpflichten. Der Vorstoß in Dänemark ist Teil eines umfassenderen Reformpakets der Regierung.

Im Fall Dänemarks zielt die Initiative klar auf Migranten ab, die bislang nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Nach Worten der sozialdemokratischen Regierungschefin handelt es sich um Arbeitslose mit "Integrationsbedarf", die vom Staat finanziell unterstützt werden.

"Rechte und Pflichten müssen Hand in Hand gehen", so Frederiksen, die hinzufügte: "Wenn man morgens nicht erscheint, erhält man seine Unterstützung nicht."

Was Hamburgs CDU-Chef Ploß aber nicht erwähnte: Die Initiative der dänischen Regierung ist vor allem bei denjenigen auf Kritik gestoßen, die für die Umsetzung zuständig wären. So bezweifelte der Vorsitzende des dänischen Gemeindeverbandes, Jacob Bundsgaard, dass ein gemeinnütziger Arbeitsdienst für erwerbslose Migranten ein gangbarer Weg ist. "Nach unseren Erfahrungen führt das die Bürger nicht näher an einen Arbeitsplatz", so Bundsgaard.

Sollte der Vorschlag der Regierung Frederiksen von der Parlamentsmehrheit angenommen werden, wären die Kommunen für die Bereitstellung der entsprechenden Jobs zuständig. Dies aber wäre eine "sehr, sehr schwierige und große Aufgabe", so Bundsgaard: "Das sind Jobs, die normalen Arbeitnehmern nicht die Arbeit wegnehmen dürfen. Das sind also Jobs, die erfunden werden müssen."

Andreas Steenberg von der dänischen Linken sprach von Symbolpolitik der Regierung. Im Gespräch mit der Tageszeitung Politiken schlug er vor, Einwanderern eher eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Rasmus Jarlov von den Konservativen befürchtet, die Maßnahme könne sehr teuer werden und keinen großen Effekt haben.

In jedem Fall könnten erzwungene Arbeitsmaßnahmen bisher Erwerbstätige stärker unter Druck setzen, weil ein staatlich forcierter Billiglohnsektor geschaffen wird. Auch Gewerkschaften dürften von entsprechenden Vorstößen nicht begeistert sein.