Mit Tempo 120 durch die Innenstadt
Im PC Spiel Midtown Madness darf der brave Autofahrer mal so richtig die Sau raus lassen
Die Straßen von San Francisco und das köngiliche London sind interessantere Rennstrecken als Monza und Nürburgring. Die Formel 1 Saison ist vorbei, Schumacher und Hakkinen widmen sich ganz der Werbung und die Wintersaison der PC-Rennspiele beginnt mitten in der Innenstadt. Präzise in London und San Francisco, denn dort darf sich der Hobby-Rennfahrer virtuell via PC austoben.
Der erste Teil von Midtown Madness spielte in der Krankenhausmetropole Chicago, wo der virtuelle Pilot von einem Unfall zwar nicht in den "Emergency Room" oder das "Chicago Hope" gebracht wurde, aber beträchtlichen Blechschaden in der Innenstadt zurück ließ. Der zweite Teil von Microsofts etwas anderem Autorennen bringt mit London und San Francisco zwei sehr unterschiedliche Schauplätze auf den Monitor.
Im verwinkelten London muss der Spieler enge Kurven beherrschen, teilweise schmale Gassen nehmen und sich der Tücke des Kreisverkehrs stellen. San Francisco bietet amerikanische, mit dem Lineal gezogene Straßen, die dafür aber jene Berg- und Talfahrten bieten, die einst Karl Malden und Michael Douglas in "Die Straßen von San Francisco" zeigten. Schnell ist der fahrbare Untersatz über das Ziel hinaus geflogen oder qualmt nach der harten Landung verdächtig.
Die deutsche Version bringt leider nicht die sprachliche Differenzierung des Originals zwischen dem vornehmen britischem und dem breiten amerikanischen Ton herüber. Die stete Umstellung zwischen Rechts- auf Linksverkehr stellt übrigens kein sonderliches Problem dar, da alle fremden Autos ohnehin lediglich bewegliche Hindernisse sind.
Midtown Madness 2 kennt fünf verschiedene Spielvarianten: freie Fahrt, Blitz-Fahrten gegen die Uhr, Checkpoint-Rallyes, rundenbasierte Rennen und die Fahrschule. Alle Renntypen stehen in stetig schwierigeren Kursen bereit ...
Die freie Fahrt verzichtet auf Zeitdruck und Konkurrenten und dient der Erkundung der Städte, um einen Blick aufs Museum of Modern Art in San Francisco zu werfen oder in London den Sprung über die Themse zu üben. Die Rundfahrten zeigen, wie detailliert die Städte auch jenseits der Straßen gestaltet sind. So stehen beispielsweise dem Londoner Fahrer auch die U-Bahn-Gänge offen und in San Francisco darf die Cable Car nicht fehlen. Ob Microsoft bei so viel Liebe zum Detail wohl wagt, in die nächste Version eine Paparazzi-Jagd durch die Tunnel von Paris einzubauen?
Beim Blitz-Rennen muss der Fahrer eine bestimmte Anzahl von Kontrollpunkten in einer vorgegebenen Zeit durchfahren. Abkürzungen sind dabei ausdrücklich erlaubt - schließlich springen die Fußgänger von selbst beiseite. Auf die Schimpftiraden der Autofahrer, die leichtsinniger Weise die rote Ampel blockieren, reagiert der Spieler mit einem freundlichem Hupen.
Die Checkpoint-Rallye verlangt ebenfalls das Durchfahren verschiedener Kontrollpunkte. Allerdings fährt der Spieler diesmal nicht gegen die Zeit, sondern muss sich gegen computergesteuerte Rennteilnehmer als Sieger durchsetzen, um weitere Kurse frei zu schalten. In den rundenbasierten Rennen werden alle Kontrollpunkte mehrfach durchfahren.
Was unsere Fahrlehrer verschwiegen haben
Die interessantesten Herausforderungen stecken in der Fahrschule. In London durchläuft der Spieler die Fahrlehre eines Taxifahrers, in San Francisco genießt er die Stunt-Fahrer-Ausbildung. Dabei muss er nicht nur gegen die Uhr fahren, sondern beispielsweise eine gewisse Geschwindigkeit nicht unterschreiten oder nach Krimi-Manier als Taxifahrer ein anderes Taxi verfolgen beziehungsweise als Stunt-Fahrer den Verfolgern entkommen. Auch muss der Fahrer die Handbremse richtig einsetzen können, um eine schnelle Wende hinzulegen, und darf in einer Lektion zur Abwechslung kein einziges Hindernis berühren.
Nur in den Fahrschulen sind die Fahrzeuge vorgegeben. Für die anderen Rennen darf der Spieler wählen, ob er es lieber mit einem Mini, dem Audi TT oder gar einem amerikanischen Fire Truck versucht. Jeder Wagen hat spezifische Vor- und Nachteile, so ist beispielsweise der Roadster sehr schnell aber nicht sonderlich stabil. Die Fahrzeuge, die in den Einzelspielerkursen eine Chance haben, beschränken sich auf fünf, sechs Modelle, aber im Rennen gegen menschliche Mitspieler macht auch eine Doppeldeckerbus-Rallye Spaß.
Nicht alle Fahrzeuge stehen von vorneherein zur Verfügung. Einige muss sich der Spieler erst einmal verdienen, indem er bestimmte Rennen gewinnt oder Fahrschullektionen erfolgreich absolviert. Auch spezielle Lackierungen wie ein Flower-Power-Anstrich für das Londoner Taxi wollen erst "erfahren" werden.
Spielspaß fernab von jeder Simulation
Midtown Madness 2 ist vielleicht das originellste Autorennen für den PC. Besonders die Fahrschulkurse machen mit interessanten Aufgaben einfach Spaß. Einen Simulationsanspruch hat das Spiel nicht. Trotz ihrer unterschiedlichen Eigenschaften, sind die Fahrzeuge alle deutlich leichter zu handhaben und weitaus stabiler als ihre reellen Vorbilder. Der übermütige Fahrer darf durchaus mit einem VW New Beetle den Lieferwagen von der Ampel förmlich wegtitschen oder mit dem Mini auf Telefonzellenjagd gehen.
Rennfreunde, die eine ernsthafte Simulation suchen, sind bei Midtown Madness 2 allerdings an der falschen Adresse. Wer aber nach einer Action-geladenen, rasanten Unterhaltung mit hohem Spaßfaktor sucht, sollte zugreifen. Dabei gibt es immer wieder neue Details zu entdecken und Techniken zu lernen. Um wieder auf die Werbung mit den Formel 1 Helden zu kommen: "Midtown Madness 2 macht verdammt viel möglich".