Mit harter Hand für die G7
Gefangenensammelstelle im Stadion und Haftrichter in Bürocontainern: Wie sich der Freistaat Bayern auf demokratischen Protest gegen den G7-Gipfel vorbereitet
Das letzte Treffen der G7-Staatschefs in Deutschland im Jahr 2015 sei "das sicherste und friedlichste Gipfeltreffen seit langem" gewesen, schwärmt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem Grußwort zum diesjährigen G7-Gipfel, der vom 26. bis zum 28. Juni 2022 erneut auf Schloss Elmau am Fuße des Wettersteingebirges im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen stattfinden soll.
Dass sich Teilnehmende von Protestcamps und Gegendemonstrationen 2015 besonnen verhielten, schreibt Herrmann vor allem der damals gezeigten Stärke des Polizeiaufgebots zu: Das "hochprofessionelle Vorgehen der Bayerischen Polizei" habe maßgeblich zum sicheren und friedlichen Verlauf beigetragen, so der Minister.
Dem Vernehmen nach stehen auch in diesem Jahr wieder rund 18.000 Einsatzkräfte bereit, um Forum der Staats- und Regierungschefs aus den sieben "bedeutendsten Industrieländern" – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA – sowie Vertretern der Europäischen Union abzusichern.
Im Skistadion Garmisch-Partenkirchen wird nicht nur eine Gefangenensammelstelle eingerichtet – auch rund zwei Dutzend Richterinnen, Richter und Staatsanwälte sollen dort im Schichtdienst in Bürocontainern arbeiten – oder zumindest bereitstehen. "Für den Fall, dass Haftbefehle beantragt werden müssen", sagte der Pressesprecher des bayerischen Justizministeriums, Dr. Philipp Eckel an diesem Donnerstag auf Nachfrage von Telepolis.
Dass es bei Protesten gegen einen G7-Gipfel in Bayern zu Gewalt mit zahlreichen Verletzten gekommen war, liegt lange zurück – allerdings hatte die Polizei daran 1992 einen erheblichen Anteil, wie damals auch renommierte Medien wie die Süddeutsche Zeitung berichteten.
Bayerns damaliger Ministerpräsident Max Streibl (CSU, † 1998) kommentierte seinerzeit die Polizeigewalt beim "Münchner Kessel" mit den Worten: "Wenn einer glaubt, sich mit Bayern anlegen zu müssen, dann muss er wissen, dass hartes Hinlangen bayerische Art ist."
Nord-Süd-Gefälle und Klimakrise im Blick: Inhalte der Protestbewegung
Die Beteiligten der diesjährigen G7-Proteste wollen dagegen inhaltlich argumentieren: Am 6. Juni startete daher eine Mobilisierungstour unter dem Motto "Für das Leben: Internationalismus und Globale Gerechtigkeit statt G7". Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe reisen laut Organisationsteam Aktive sozialer Bewegungen aus Mexiko, Honduras, Namibia, Palästina sowie aus der kurdischen und der sahrauischen Diaspora durch Deutschland, um über die Auseinandersetzungen in ihren Herkunftsländern zu informieren.
"Wir sehen den G7 als Teil des Problems und nicht der Lösung. Der Globale Norden bedient sich im Namen des Fortschritts weiterhin der Ressourcen des Globalen Südens, während die Erderwärmung in vielen Ländern dort bereits massive Auswirkungen hat", sagt Luca Z. von der Vorbereitungsgruppe der Tour. "Konzerne und Regierungen erhalten koloniale Ausbeutungsverhältnisse aufrecht und entziehen sich ihrer Verantwortung." Die Folgen seien Landraub, Vertreibung und Zerstörung von Ökosystemen.
Die Tour wird vom Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung in Bayern in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Médico International sowie der Aktion Selbstbesteuerung und dem Katholischen Fonds unterstützt.
Bereits zwei Tage vor dem G7-Gipfel soll am 24. Juni ein zivilgesellschaftlicher Alternativgipfel im Münchner EineWeltHaus unter dem Motto "Global gerecht Wirtschaften in Krisenzeiten" stattfinden. Organisiert wird er unter anderem von Attac, dem Bündnis Gerechter Welthandel und Oxfam – auch hier zählt die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu den Mitveranstaltern. Die Teilnahme ist kostenlos und via Zoom-Link auch online möglich.
In München ist für den 25. Juni zudem eine Großdemonstration gegen die als elitär empfundene Politik der G7 geplant, eine weitere Demo am 26. Juni in Garmisch-Partenkirchen. Auch die beiden großen Umwelt- und Naturschutzorganisationen BUND und Nabu sowie die Welthungerhilfe und WWF Deutschland unterstützen diese Proteste.
In einem Aktionscamp verschiedener Gruppen näher am Ort des G7-Treffens werden vom 24. bis 28. Juni in Krün, Kreis Garmisch-Partenkirchen rund 750 Menschen erwartet.