Mit mehr Robotern wird alles gut
Nach einem Bericht hinken die USA bei der Einführung von Robotern hinterher, was angeblich zu Jobverlusten führen könnte
US-Präsident Donald Trump ist ein Anhänger der alten Ökonomie und Wirtschaft. Der Immobilienmogul, dessen Internetnutzung sich auf Twittern beschränken soll, schätzt das Materielle und Große, versinnbildlicht durch die Forderung nach einer Mauer aus Beton an der Grenze zu Mexiko, aber auch durch Förderung der Fossilenergien. Von einer Digitalstrategie oder einer KI-Strategie hat man noch nichts gehört, auch wenn unter Trump die Ausrichtung der Politik militärisch und wirtschaftlich weiter ist, die technische Überlegenheit zu sichern.
Obgleich Trump alles daran setzt, Jobs zu schaffen und die Wirtschaft boomen zu lassen, scheint er keine Gedanken daran zu verschwenden, dass viele Experten prophezeihen, dass sich durch Digitalisierung, KI und Roboter die Wirtschaft tiefgreifend verändern wird und möglicherweise bis zur Hälfte der bestehenden Jobs ersetzt werden können. Millionen könnten, denkt man alleine an Fahrer, die vielleicht in den nächsten Jahren von autonomen Fahrzeugen abgelöst werden, in die Arbeitslosigkeit fallen. Selbst wenn der Arbeitsverlust durch Digitalisierung durch neue Arbeitsplätze kompensiert werden, haben viele der prophezeiten Arbeitslosen nicht die Kenntnisse, um solche neue Jobs verrichten zu können, und drängen in den weiter absackenden Dienstleistungsbereich, in dem sie die Kosten etwa von Robotern unterbieten müssen.
Mit dem ersten Schub der Automatisierung und Digitalisierung ging die Durchsetzung der neoliberalen Ideologie einher und entstand ein Heer an Beschäftigten im Niedriglohnbereich auch durch Auslagerung der Industrie sowie eine Gesellschaft, in dem sich die Einkommensspaltung weiter verschärfte. Es entstanden zwar viele neue Arbeitsplätze, aber auch eine Erosion der Mittelschicht. Auch wenn viele Ökonomen beschwören, dass die anstehende Automatisierungswelle neue Arbeitsplätze schaffe, kann dies kurz- und mittelfristig zu großen Problemen führen. Zumal eigentlich bereits Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für vermutete künftige Anforderungen starten sollten.
Die USA sollen, unabhängig von Trump, nicht so gut aufgestellt zu sein. Ein Bericht der Information Technology and Innovation Foundation, ein neoliberaler Lobby-Thinktank für vermehrte Innovation und Produktivität, kommt zu dem Schluss, dass in den USA nicht zu schnell, sondern zu langsam Roboter eingeführt werden, was im Endeffekt Arbeitsplätze gefährden könnte. Grundlage ist ein Index, der die Einführung von Robotern in Fertigungsprozesse verschiedener Länder in Bezug zu den Durchschnittslöhnen in diesen Ländern und Branchen setzt. Ausgangspunkt ist schlicht die Annahme, dass in Ländern mit höheren Löhnen mehr Roboter eingesetzt werden sollten.
Das Ergebnis: Je höher die Roboterdichte in einem Land, desto höher sei das BIP und die Produktivität. Ein Land, das Roboter zu langsam integriert, wird nach Ansicht der Stiftung ein geringeres BIP haben und könnte sogar deswegen Arbeitsplätze einbüßen. Nach einer anderen Studie führt zunehmender Einsatz von Robotern zu einem jährlichen Wachstum von 0,36 Prozent bei der stündlichen Arbeitsproduktivität und allgemein zu einem Wachstum der Produktivität um 15 Prozent, während die Preise für die von ihnen mitproduzierten Güter sinken.
USA und Europa hinken hinter asiatischen Länder hinterher
Die USA sind nach dem ITIF-Bericht zu zögerlich bei der Übernahme von Robotern im Vergleich zu anderen reichen Ländern, während China, wohin in der Vergangenheit Industrien ausgelagert wurden, schneller als jedes andere Land Roboter einführt. In 10 Jahren könnte China weltweit führend beim Einsatz von Robotern sein, gefolgt von Südkorea, Taiwan und Singapur, wenn man die Lohnhöhe berücksichtigt und erwartete und tatsächliche Einführung von Robotern betrachtet. Slowenien, die Tschechische Republik, Japan und Mexiko liegen noch über dem Durchschnitt, Deutschland würde danach schon unter dem Durchschnitt liegen, die USA rangieren weiter hinten, das Schlusslicht bilden Brasilien, die Schweiz und wieder Russland.
Gleichwohl liegen die USA mit 2 Robotern auf 100 Arbeitern noch an siebter Stelle, allerdings gibt es in Südkorea bereits 7 auf 100, ähnlich hoch ist es in Singapur, Deutschland ist mit 3,2 bereits abgeschlagen, aber noch knapp vor Japan. Unter den untersuchten Ländern liegen Brasilien, Russland und Indien ganz am Schluss. Nach Ansicht von Ökonomen war der Druck in den USA nicht so groß wie früher etwa in Südkorea, Japan und Deutschland, wo höhere Löhne, fallende Geburtsraten und geringere Einwanderung die Roboterisierung beschleunigten.
Es könnte also durchaus sein, dass Trump unbeabsichtigt durch die Schließung der Grenzen und angesichts geringer Arbeitslosigkeit die Einführung von Robotern beschleunigt. Für den ITIF-Präsidenten Robert Atkinson ist das Menetekel oder der Zwang zur technischen Aufrüstung klar: "Entweder man greift die Automatisierung auf oder muss erleben, dass die Jobs zu den Ländern abwandern, die das machen."
Allerdings malt der Bericht ein idealisierte Bild, das bestenfalls in der Theorie gilt, aber die Wirklichkeit kapitalistisch schön zeichnet: "Wenn Unternehmen Techniken einsetzen, um Kosten zu senken, zwingt sie die Konkurrenz, ein signifikanten Teil dieser Ersparnisse den Konsumenten in Form niedrigerer Preise zu geben. Das Übrige geht an die Arbeiter in Form höherer Löhne und zu den Anteilseigner in Form von höheren Renditen. Die erhöhte Kaufkraft wird nicht vergraben, sondern ausgegeben - und die Ausgabennachfrage schafft neue Jobs." Das ist ein Win-Win-Märchen, das nicht realistisch ist, schon gar nicht angesichts von monopolartigen Strukturen.
Offenbar glauben dieses Märchen auch manche in der IT-Branche nicht mehr. Manche wie Bill Gates schlagen eine Steuer auf Roboter oder eine Maschinensteuer vor, andere IT- und KI-Größen ein bedingungsloses Grundeinkommen, um die Unzufriedenheit nicht so groß werden zu lassen und eine Änderung der Eigentumsverhältnisse zu vermeiden. Die kalifornische Stadt Stockton führt als erste ein bedingungsloses Grundeinkommen von 500 US-Dollar für die Ärmsten ein.
Die Veränderungsbereitschaft ist in den USA, zumal unter Donald Trump, gering, zu stark ist man dem neoliberalen Gesellschaftsmodell verhaftet und hat Angst vor dem Kommunismus wie im Kalten Krieg, wozu auch jetzt der Konflikt mit Russland und China dient. Wahrscheinlich bräuchte es eine Wirtschaftskrise wie die "Great Depression", um in den USA einen "New Deal" denkbar zu machen. Aber schließlich ist man auch in Deutschland oder der EU nicht weiter. Ob die rapide Automatisierungswelle in China mit Robotik und KI tatsächlich der Gesellschaft zugute kommen, die Löhne steigen lässt und neue Arbeitsplätze schaffen wird, muss erst einmal abgesehen werden.