Möglicher Impfschaden: Zivilprozess gegen AstraZeneca "nicht entscheidungsreif"
33-jährige Klägerin wäre wenige Wochen später nicht mehr mit dem Vakzin geimpft worden. Risikobewertung für unter 60-Jährige änderte sich im März 2021. Senat will Gutachten einholen.
Das mit Spannung erwartete Urteil in einem Zivilprozess gegen den Impfstoffhersteller Astrazeneca wurde am Montag noch nicht gefällt. Stattdessen verkündete der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg am frühen Nachmittag einen Hinweisbeschluss. Das Arzneimittelhaftungsverfahren ist demnach noch "nicht entscheidungsreif".
Die 33-jährige Klägerin hatte sich im März 2021 mit dem Covid-19-Vakzin Vaxzevria impfen lassen und danach Darmvenenthrombose erlitten. Sie war ins ein Koma gefallen. Letztlich musste ihr sogar ein Teil des Darms entfernt werden. Vor Gericht schilderte die Frau, dass sie bis heute unter den Folgen der Erkrankung leide und Schmerzen habe.
Warum die Impfempfehlung zurückgezogen wurde
Kurz nachdem die Frau geimpft worden war, hatte sich die Risikobewertung des Wirkstoffs vor allem für Frauen ihrer Altersgruppe grundlegend geändert: Am 30. März 2021 hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfempfehlung für unter 60-Jährige mit Vakzinen von Astrazeneca wegen "seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen" zurückgezogen, nachdem bereits erste Bundesländer deren Verabreichung gestoppt hatten.
Vor allem Frauen unter 55 Jahren galten fortan als gefährdet. Die europäische Arzneimittelagentur warnte dann insbesondere vor Hirnvenenthrombosen bei weiblichen Personen dieser Altersgruppe. Allgemein wurde unter 60-Jährigen, die eine Erstimpfung mit Vaxzevria hinter sich hatten, von der Stiko für die zweite Dosis als Alternative ein mRNA-Impfstoff empfohlen.
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Auch die Klägerin wäre somit wenige Wochen später nicht mit mehr mit Vaxzevria geimpft worden. Das Landgericht Hof hatte die Klage der Frau jedoch abgewiesen, da es weder einen Produktfehler noch einen Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff feststellen konnte.
Forderung: Knapp 800.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld
Dagegen hatte die Frau Berufung eingelegt. Vom Hersteller fordert sie mindestens 250.000 Euro Schmerzensgeld sowie 17.200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600.000 Euro für zukünftige Beeinträchtigungen.
Das Gericht sieht aber "derzeit" keine ausreichenden Anhaltspunkte "für eine Haftung der Beklagten wegen 'unvertretbarer schädlicher Wirkungen' des Impfstoffs. Beide Prozessparteien hätten nun Gelegenheit, sich zu dem Hinweisbeschluss schriftlich zu äußern, teilte es an diesem Montag mit. Im Hinblick auf die mutmaßlich unzureichende Arzneimittelinformation will der Senat selbst nun ein Sachverständigengutachten einholen.
Auch der Anwalt der Klägerin hatte zu Prozessbeginn Anfang Juli unter anderem beantragt, einen Gutachter hinzuzuziehen. Die Anwälte von Astrazeneca haben einen Vergleich mit der Klägerin bislang abgelehnt.