Monaco: Neue Stadt im Meer

Das Fürstentum platzt aus allen Nähten und will weiteren Reichen, die keine Steuern zahlen, luxuriösen Wohnraum bieten, die Entwürfe stammen von Stararchitekten

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Das Fürstentum Monaco ist nach dem Vatikan der zweitkleinste Stadtstaat mit gerade einmal zwei Quadratkilometern – kleiner noch als das einschlägig bekannte Liechtenstein. Allerdings weist der Staat mit seinen 33.000 Einwohnern und zehnmal so vielen Bankkonten, wie der Guardian süffisant anmerkt, eine hohe Bevölkerungsdichte aus und zieht weiter die reichen Privatpersonen an, die sich hier niederlassen können, ohne Einkommens-, Vermögens- oder Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Und weil Fürst Albert II. den Hafen für die reichen Steuerflüchtigen gerne ausbauen will, hat er eine Ausschreibung gestartet, um sein Land durch eine künstliche Insel im Meer zu erweitern.

Da immer mehr Reiche – angeblich in letzter Zeit vor allem Frauen – ins gut überwachte und daher sichere Monaco ziehen und die Immobilienpreise in der eingeklemmten Stadt weiter in die Höhe klettern, wird dringend nach territorialen Ausbaumöglichkeiten gesucht. Sie können eigentlich nur im Meer liegen. Und weil der Fürst von Monaco Wert auf Umweltschutz legt, soll das Bauprojekt die marinen Ökosysteme nicht beinträchtigen. Gebaut werden soll, wo nichts Besonderes wächst, zudem sollen künstliche Korallenriffe angelegt werden. Robert Calcagno, der für den Umweltschutz und die Stadtentwicklung in Monaco verantwortlich ist, erklärt denn auch, dass die neue Siedlung eine vorbildliche Öko-Architektur werden soll, die möglichst wenig Energie verbrauchen wird.

Anregungen für den neuen Stadtteil mit dem Namen Le Portier, der Raum für Luxuswohnungen – was sonst? -, Einkaufszentren, Büros, Einrichtungen für Touristen, ein Museum, ein Forschungszentrum und Ausstellungsmöglichkeiten bieten soll, könnten für den Fürsten, in dessen Reich die Finanzverwalter immerhin 90 Milliarden Euro betreuen, die künstlichen Inseln Dubais gewesen sein. Allerdings wurde mit Fontvieille bereits ein Stadtteil ins Meer gebaut, indem man die Küste aufgeschüttet hat. Der neue Stadtteil mit einer anvisierten Größe von 275.000 Quadratmetern soll aber nicht durch Aufschüttung entstehen, sondern ähnlich wie eine Ölplattform auf Stützen Und er soll natürlich im Wettlauf mit den Golffürsten und ihrer architektonischen Megalomanie durch eine außergewöhnliche Architektur gekennzeichnet sein.

Ausgewählt wurden letztes Jahr für den neuen Stadtteil fünf Projektvorschläge von Baukonzernen und Stararchitekten, die freilich überall bauen, wo es Geld gibt und der Bauherr groß hinaus will. Jetzt haben sie ihre Entwürfe eingereicht. Neben den Vertretern der bekannten Baukonzernen wie Bouygues, Solidere, Vinci, Barwa und Limitless LLC sind zu diesem Anlass Ende März Norman Foster, Anthony Béchu, Jacques Rougerie, Christian et Elisabeth de Portzamaparc, Franck Gehry, Rem Koolhas oder Daniel Libenskind angereist.

Der architektonische Spaß soll immerhin zwischen 5 und 10 Milliarden Euro teuer werden, Millionen lässt sich der Fürst es kosten, um die Entwürfe in Auftrag zu geben und die richtige Auswahl mit Entscheidungshilfe von Experten zu treffen. Die Einzelheiten der fünf in die engere Wahl gekommenen Entwürfe bleiben geheim, angeblich aus Gründen der Fairness und der objektiven Auswahl. "Tonnen" an eingereichten Dokumenten müssten in den nächsten Monaten von Kommissionen überprüft und bewertet werden. Ende des Jahres soll der Gewinner feststehen.

Neben den allgemeinen Anforderungen von außergewöhnlicher Solidität und Nachhaltigkeit soll die neue Insel im Meer das marine Ökosystem nicht beeinträchtigen, es muss die Strömungen berücksichtigen, für vermehrte Artenvielfalt sorgen und die Umwelt kontrollieren. Abgesehen von architektonischen Wahrzeichen sollen die Gebäude niedrig, bioklimatisch und im modernen Stil erbaut sein. 10 Prozent der Wohnfläche soll sogar sozialer Wohnungsbau sein (allerdings müssen die Bedienstete ja auch irgendwo wohnen). Weniger als die Hälfte der neuen Fläche soll bebaut werden, das gesamte Ensemble soll sich der umgebenden Landschaft und der Stadt einfügen. Natürlich müssen die riesigen Kreuzfahrtschiffe weiter Zugang zum Hafen haben, gebaut werden soll vom Meer aus, um das Leben in der Stadt nicht zu beeinträchtigen.

Alles in allem ist ein "wirkliches Kunstwerk" erwünscht, das "renommierte Ansehen des Fürstentums verstärkt". Nur schade, dass man noch keinen Blick auf die Pläne werden kann.