Monopoly im Stromgeschäft: E.on und RWE wollen zusammenrücken
Größe allein sichert im Strommarkt mitnichten das Überleben, das gilt auch für das aktuelle Spiel von E.on und RWE - nicht einmal die Netzrendite ist dauerhaft gesichert
Mit der Liberalisierung der Energiemärkte Ende der 1990er-Jahre und dem dann später begonnen, als Energiewende bezeichneten Eiertanz um die zentralen thermischen Großkraftwerke und die erneuerbaren Energien, zeigte sich die Stromwirtschaft als durchaus unsichere Bank. Ob die Wünsche von Klaus Müller, dem Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) in Erfüllung gehen, der sich von der Umgestaltung der Energieversorgung bei zweien der vier großen Stromversorgern eine Senkung der Preise für die privaten Endkunden verspricht, ist derzeit keinesfalls gesichert. Mancher Kommentator geht über die Vorstellung vom Monopoly noch deutlich hinaus und bezeichnet die Aktivitäten vom vergangenen Sonntag als Hütchenspiel.
Was ist geplant?
E.on will von der RWE-Tochter Innogy den Verteilnetzbetrieb und das Endkundengeschäft übernehmen und RWE mit etwa 17 Prozent an der Eon beteiligen. Das Innogy-Geschäft mit den Erneuerbaren soll wieder auf RWE verlagert werden. Auch das Gasspeichergeschäft von Innogy und die Beteiligung am österreichischen Energieversorger Kelag sollen wieder zurück unter das Dach der RWE. Dort waren nach Auslagerung der Innogy die konventionellen Großkraftwerke und der Strom-Großhandel verblieben. Zudem soll RWE das Geschäft mit den Erneuerbaren von E.on übernehmen. Ebenso soll RWE von E.on die Minderheitsbeteiligungen an den von RWE betriebenen Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen erhalten. RWE zahlt bei dem Gesamtdeal als Ausgleich noch 1,5 Milliarden Euro an E.on.
E.on will sich künftig auf das Verteilnetz und das Endkundengeschäft konzentrieren. Auch E.on hatte in den Jahren 2015/16 Teile des Konzerns abgespalten und in die Uniper SE ausgelagert. Dort sind in der Folge die konventionelle Energieerzeugung einschließlich der Wasserkraft, der globale Energiehandel sowie das Russlandgschäft gebündelt. Für den E.on-Anteil an Uniper hat der finnische Konzern Fortum ein Übernahmeangebot abgegeben, das Eon am 8. Januar 2018 angenommen hat. Somit wird, falls der Deal die Zustimmung der zuständigen Gremien der betroffenen Unternehmen und des Kartellamtes findet, RWE künftig die Stromerzeugung betreiben und E.on sich auf das Verteilnetz und die Endkunden konzentrieren.
Die Sache mit dem Netzbetrieb
Aus dem Bereich Übertragungsnetze haben sich beide Unternehmen schon zuvor verabschiedet. Eon hatte seine Übertragungsnetze an den niederländischen Netzbetreiber Tennet verkauft, dessen deutsches Geschäft jetzt als TenneT TSO firmiert und die RWE hatte 74,9 Prozent ihre ÜN-Tochter, die heute unter dem Namen Amprion arbeitet, an institutionelle Finanzinvestoren verkauft.
Dennoch gibt es auch im Bereich der Verteilnetze durchaus Unsicherheiten. Die betrifft beispielsweise den Zuwachs der E-Mobile, die bislang hinter den Erwartungen zurückbleiben, jedoch einen deutlichen Zuwachs erleben könnten, wenn es nicht nur für Diesel, sondern auch für Benziner zu Fahrverboten kommt, weil beide zuviel Feinstaub verursachen.
Die Kosten für den dann notwendigen Verteilnetzausbau können die Netzbetreiber jedoch nicht unmittelbar weiter berechnen. Diese Kosten können immer nur im Nachgang berücksichtigt werden. Und für die fünf Jahre ab 2019 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) den Eigenkapitalzinssatz für Strom- und Gasnetzbetreiber von 6,91 Prozent für Neuanlagen festgelegt. Für Altanlagen wurde ein Zinssatz von 5,12 Prozent ermittelt. Aktuell betragen die Zinssätze 9,05 Prozent für Neuanlagen und 7,14 Prozent für Altanlagen. Über die Entscheidung der BNetzA wird derzeit noch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gestritten, wo 1100 Netzbetreiber Beschwerde gegen die BNetzA eingelegt gaben.
Änderungen in der Netzstruktur
Auch wenn es sich beim in den letzten Monaten vielfach erwähnten Brooklyn Microgrid eher um eine pfiffige Marketingaktion handelte, als um ein auch praxiswirksames Projekt mit mehr als nur ein paar Anwendern, den zellulären Netzen könnte die Zukunft der Stromversorgung gehören. Auch wenn Windkraftnutzung und Photovoltaik noch für geraume Zeit ihre Feinde haben werden, für die der Strom ganz einfach aus der Steckdose kommt, wird sich ein Zusammenrücken von Stromerzeugung und verbrauch schon auf mittlere Sicht kaum vermeiden lassen.
Auch die in Brooklyn eingestzte Blockchaintechnik ist bislang selbst für kleine Ortsnetze viel zu langsam. Sie könnte derzeit im Realbetrieb nicht mal die traditionell per Rundsteuerung ausgeführte Schaltung der Straßenbeleuchtung realisieren. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die Blockchaintechnik, die sich derzeit noch im Spiele-Modus befindet, künftig schlanker und schneller werden wird.
Aber auch ohne Blockchain werden zwei Entwicklungen in der Stromwirtschaft in absehbarer Zeit zu größeren Umbrüchen in der Energiewirtschaft führen: Die ist zum Einen die von vielen Bürgern geforderte Rekommunaliserung der Stromnetze und zum Anderen die politisch gewünschte Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien. Die Rekommunalisierung könnte einen wabenförmigen Umbau der Ortsnetze erleichtern. Bislang sind Stromnetze kaskadenförmig aufgebaut. Von den großen thermischen Kraftwerken oder den großen Windparks via Übertragungsnetztbetreiber in der Höchstspannungesebene über die Verteilnetze der Mittelspannung bis zur örtlichen Verteilung in der Niederspannungsebene. Letztere fällt mit der Neuvergabe der Konzessionen oftmals an die neu gegründeten kommunalen Werke.
Und im Stromhandel direkt vom Erzeuger zum Verbraucher gibt es mit Enyway inzwischen einen durchaus ernstzunehmenden Player, dessen Gründer Heiko von Tschischwitz mit seiner vorigen Gründung Lichtblick Erfahrung gesammelt hat, wie man die großen Stromkonzerne ärgert.