Moskau hat keine Lust, "über Fälschungen zu reden"

Maria Zakharova, Sprecherin des russischen Außenministeriums. Bild: mid.ru

Auch nach dem Amtsantritt von Trump werden zwischen Moskau und Washington Interessensgegensätze bestehen, aber im Kreml hofft man wenigstens auf ein atmosphärisch besseres Verhältnis zu den USA

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Die von US- und britischen Medien veröffentlichten Behauptungen, welche den gewählten amerikanischen Präsidenten Donald Trump gegenüber Russland erpressbar erscheinen lassen, werden in russischen Medien nur andeutungsweise erwähnt.

Dass Russland angesichts des Medienrummels um die angebliche russische Einflussnahme auf die Wahlen in den USA mächtiger erscheint, als es in Wirklichkeit ist, erfüllt viele Russen insgeheim mit Genugtuung. Das Barack Obama Russland im letzten Jahr in einem Atemzug mit dem IS als "gefährlichste Gegner" nannte, haben die Russen, wie so viele andere Vorwürfe, nicht verdaut. Umso sehnlichster hoffen viele Russen, dass es unter einem Präsidenten Trump - wenn auch keine 180-Grad-Wendung - so doch wenigstens atmosphärische Verbesserungen zwischen beiden Ländern geben wird.

… erteile dem Genossen Trump das Wort …

Noch im November, gleich nach der Wahl von Trump tauchten im russischen Internet die ersten Witze und Collagen zum Verhältnis Putin/Trump auf. In einer Twitter-Meldung wurde gewitzelt, man habe Trump schon 1987 bei seinem Besuch in Leningrad "angeworben".

Einer der Witze ging so: Trump wacht nachts schweißgebadet auf. Seine Frau fragt ihn: "Donny, was ist?" "Liebste, ich hatte einen Alptraum. Es gab eine Tagung der KPdSU. Auf der Tribüne sagte Putin: Liebe Genossen, wir hörten die Berichte über die Gebiet Brjansk und Orjol. Jetzt möchten wir wissen, wie es um das Gebiet Washington steht. Ich gebe das Wort dem ersten Sekretär des Gebietskomitees Washington der KPdSU, dem Genossen Trump." Und ich sitze dort und fühle, dass ich nicht vorbereitet bin, sagt Trump zu seiner Frau.

In Moskau ist man sich offenbar ziemlich sicher, dass die Beziehungen zu den USA unter einem Präsidenten Trump besser werden. Zumindest sind die von russischen Politikern und Medien geäußerten positiven Erwartungen klar in der Mehrzahl. Skepsis hört man viel seltener.

Trump wird vorsichtiger

Russische Politiker und Politologen sind sich bewusst, dass Trump in seinem Land mächtige Gegner hat, die Einfluss auf die öffentliche Meinung haben, was wiederum Trump zu mehr Vorsicht in seinen Äußerungen veranlasst. "Je näher der Tag des Amtsantrittes", schreibt die Iswestija, "desto vorsichtiger äußert sich Trump zu Russland. Er versucht das Establishment von Washington zu beruhigen." Das Thema Sanktionen versuche Trump zur Zeit zu meiden, obwohl gerade die Sanktionen der Hauptgrund für das erkaltete Verhältnis zwischen Russland und den Vereinigten Staaten seien, schreibt das Blatt.

Nach Meinung von Pawel Salin, Direktor des Moskauer Zentrums für politische Forschungen, ist die US-Elite gespalten "in eine Mehrheit, welche Russland wegen der Krim bestrafen will, und eine Minderheit, welche einige Jahre im Voraus denkt und an einer normalen Zusammenarbeit interessiert ist".

Russisches Außenamtssprecherin: "Unter Trump wird es nicht leicht"

Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa erklärte am Donnerstag, leicht werde es mit Trump nicht, denn er sei nicht pro-russisch, sondern pro-amerikanisch. Aber: "Wir sind bereit zu einem normalen, pragmatischen Dialog im Arbeits-Format. Wir sind immer optimistisch, in jeder Beziehung", wird die Außenamtssprecherin von der Regierungszeitung Rossiskaja Gaseta zitiert.

Etwas bestimmter äußerte sich der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Er erklärte, man hoffe, "dass sich unsere Präsidenten verständigen". Immerhin habe Trump von der Bereitschaft zu einem Dialog gesprochen. Das heißt nicht, "dass es eine Bereitschaft gibt, sich in allem zu verständigen". Das sei "schwerlich möglich" und in Moskau "erwarte man das nicht." Wenn es jedoch zu einem Dialog komme, könne man "einen Ausweg aus vielen schwierigen Situationen finden" . An erster Stelle steht dabei zweifellos der Kampf gegen den IS.

Der Bericht, der Trump angeblich gegenüber Russland erpressbar macht (es gibt Hinweise auf russische Prostituierte und Finanzen), meinte Peskow, das Papier sei eine Fälschung "niederer Qualität". "Für uns ist das Gespräch über diese Fälschung abgeschlossen. Wir reden über solche Fälschungen nicht lange", antwortete er auf die Frage von Journalisten, ob dem Kreml der Autor des Papiers - ein ehemaliger Mitarbeiter des britischen Auslands-Geheimdienstes - bekannt sei.

Tillerson besteht "Test" im Senat

Für das Mitglied des russischen Föderationsrates Aleksej Puschkow zeigen die Äußerungen von Rex Tillerson, Kandidat für das Amt des US-Außenministers am Mittwoch während einer Anhörung des US-Senats, "den künstlichen Charakter der Hysterie der Trump-Gegner". Tillerson habe "in den Anhörungen die Positionen des amerikanischen politischen Establishments vertreten".

Der Kandidat für das Amt des US-Außenministers hatte erklärt, dass er für die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Russland sei. Die Vereinigung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Russland erkenne er nicht an. "Sie (die Russen) haben ein Territorium besetzt, das ihnen nicht gehört." Tillerson sagte aber auch, "die USA würden die Krim als russisch anerkennen, nachdem eine der Ukraine passende Lösung des Problems herbeigeführt worden ist".

Tillerson plädierte für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, sollte im Donbass keine dauerhafte Waffenruhe erzielt werden. Aber er sagte auch, der Dialog mit Russland sei "extrem wichtig. Wir sollen aus dem ewigen Gegner Russland einen Partner machen."

Moskowski Komsomolez zieht Parallele zur Labour Party 1924

Für das Massenblatt "Moskowski Komsomolez" hat Tillerson bei der Anhörung im Senat gezeigt, "dass er kein Agent Putins ist". Seine Äußerungen seien für den Kreml "nicht sehr angenehm gewesen". Allerdings habe sich Tillerson trotz des Drucks von Seiten des republikanischen Senators Marco Rubio geweigert, Putin als "Kriegsverbrecher" zu bezeichnen.

Moskowski Komsomelez zieht eine Parallele zwischen Trump 2017 und Großbritannien 1924. Nachdem die Labour-Regierung 1924 diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion aufgenommen hatte, tauchte in der englischen Presse ein angeblicher Brief von Grigori Sinowjew auf. Der damalige Vorsitzende der Kommunistischen Internationale und Bolschewik schrieb in dem Brief den Arbeitern Englands eine wichtige Rolle bei der "Zersetzung" der englischen Armee und Flotte Englands zu. Die britische Presse habe den Brief als echt bezeichnet und eine Hysterie entfacht, worauf die Labour-Party die Wahlen verlor. "Was jetzt mit Trump passiert, erinnert sehr stark an die Ereignisse in England 1924", schreibt Michail Rostowski, Kommentator des Moskowski Komsomolez.

Die heutige Anti-Putin-Hysterie in westlichen Medien ist für die einfachen Russen in ihrer Dimension nur schwer vorstellbar. Denn dass Russland wirklich Wahlen in den USA beeinflussen könnte, glaubt in Russland eigentlich Niemand, außer vielleicht ein paar begeisterte Obama-Fans in der kleinen Gemeinde der russischen Liberalen.