Moskau will Hightech-Metropole werden

Aleksej Juschakow mit seinem Roboter Promobot. Der Moskauer Stand im Hintergrund war durch seine futuristischen Formen besonders auffällig. Bild: U. Heyden

Auf der Hannover-Messe mieden die Aussteller aus Moskau politische Themen und priesen dafür ihre zwanzig neuen Technologieparks. Doch auch für die reiche Stadt Moskau werden die Zeiten schwieriger

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Montagabend auf der Hannover Messe, Halle 3. Am Stand der City of Moscow belagern die Besucher das kalte Büfett. Die Stimmung war locker. Am Büfett wurde über alles gequatscht, nur nicht über Wirtschaftssanktionen. Aus den Boxen dröhnten die Beats des Rock-Songs "Moscow Calling":

Getting on a phone with a busy line
Knocking on a phone and losing my mind
Never never never never realiza
It feels so far, like a millions miles.

Der Song aus dem Jahre 1993 handelt von zwei Verliebten, besetzten Telefonleitungen und einer Entfernung zwischen Moskau und dem Ausland, die schier unüberwindlich scheint.

In den 1990er Jahren probierten "Reformer" in Russland Wirtschaftsexperimente aus, die sich zum Großteil katastrophal auswirkten. Experimente im Wirtschaftsbereich soll es nach dem Willen der russischen Regierung heute ausdrücklich wieder geben, allerdings sollen sie konkrete Ziele erfüllen. Russland will seine Industrie modernisieren sowie seine Abhängigkeit von Rohstoffexporten und High-Tech-Importen verringern. Jungen Forschern und ausländischen Investoren greift man bei Unternehmensgründungen und Ansiedlungen jetzt unter die Arme.

Die Zahl der Moskauer Technoparks - für die der Staat eine fertige Infrastruktur bereitstellt - ist allein in Moskau den letzten zwei Jahren von sechs auf zwanzig (mit insgesamt einer Million Quadratmeter Nutzfläche) gestiegen. Die Technoparks verfügen über Produktionsanlagen und einige sogar über Clean-Räume für den Bereich der Mikro- und Biotechnologie. Im Großteil der Technoparks sind private Unternehmen ansässig. Wer sein Unternehmen in einem Moskauer Technopark ansiedelt, kommt in den Genuss von Steuervergünstigungen und einer ermäßigten Miete.

Durch die westlichen Sanktionen hat sich die Bedeutung der Technologieparks erhöht. Sie sind Teil der Strategie "Importsameschenije". Importierte technologisch hochwertige Produkte sollen durch hochwertige Produkte eigener Herstellung ersetzt werden. Die Hilfe ausländischer Investoren in diesem Prozess ist ausdrücklich erwünscht. Man lockt sie mit den wegen des gefallenen Rubel-Kurses niedrigen Löhnen und wirbt, Russland als Exportstandort zu nutzen. Neben Technologieparks wurden in Russland Anfang 2015 außerdem 150 Industrieparks gezählt (Russischer Gouverneur folgt dem chinesischen Vorbild).

Am Moskauer Stand wird der Printer Picaso 3 D präsentiert. Bild: U. Heyden

Ein Roboter für 6.200 Euro

Wie die Aussteller am Moskauer Stand in Hannover zeigten, ist das Spektrum der Hightech-Produkte aus der russischen Hauptstadt groß. Präsentiert wurden temperaturgeschützte Wasserrohre, 3D-Drucker, mit Glasfasern verstärkten Kunststoffe für die Produktion von Auto-Teilen, ein Gerät zur Reinigung der Luft von gefährlichen Gasen, Produkte von Software-Firmen und des nationalen russischen Raumfahrtunternehmens RKC.

Zu den Ausstellern gehört auch Aleksej Juschakow. Der 32jährige Doktor der technischen Wissenschaften ist zwei Köpfe größer als der von ihm mitentwickelte Roboter Promobot. Der autonom arbeitende Apparat - Grundpreis 6.200 Euro - kann sich mit Menschen unterhalten, was verkaufsfördernd wirke, erzählt der Erfinder. Als Roboter sei er beim Verkauf von Blumen und Schokolade bereits mit Erfolg eingesetzt.

Der junge Erfinder kommt aus der Ural-Stadt Perm. Dort habe er mit 25 Kollegen den Roboter entwickelt und gebaut. Da das Projekt in dem Moskauer Technologiepark Skolkowo registriert ist, bekommen die jungen Wissenschaftler Steuervergünstigungen.

Vor dem Moskauer Stand in Hannover fiel auch das Modell einer Tupolew-214-Passagiermaschine ins Auge. Von dem 1996 in Betrieb genommenen Grundmodell 204 und den Folgemodellen wurden insgesamt 79 Stück gebaut. Die Modernisierungsentwürfe entstanden in dem Moskauer Tupolew-Konstruktionsbüro. Insgesamt zehn Tupolew 214 sind bei Fluglinien und bei der russischen Luftwaffe als Stützpunkte für die Luftüberwachung im Einsatz.