Much Ado about "Weird!-Signal"

Seite 3: Suspekter Kandidat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Doch als die Wissenschaftler um Mendez zwei Wochen nach der Beendigung des zeitlich stark limitierten Suchlaufs die Daten auswerteten, fanden sie zu ihrer Überraschung bei dem 10,89 Lichtjahre entfernten Zwergstern Ross 128 ein verdächtig starkes breitbandiges Radiosignal. Am 12. Mai trat ein nicht-polarisierter Puls mit einer starken Dispersion in Erscheinung, der sich in einem Frequenzbereich von 4,6 bis 4,8 Gigahertz quasi-periodisch wiederholte. Während des gesamten 10-minütigen Beobachtungszeitraums ging er im hörbaren Bereich von einem hohen zu einem tiefen Ton über. Eine solche Signalfolge wurde bei einem Roten Zwergstern bislang noch nicht registriert und aufgezeichnet. Die Radiowellen ließen sich keinem bekannten kosmischen Phänomen zuordnen.

Ross 128 weist eine charakteristische Art von Strahlungsausbrüchen auf. Solche Flares von Typ II ereignen sich auch auf unserem Heimatstern. Ross 128 wurde 1972 entdeckt und wird seitdem regelmäßig observiert. Bild: SETI

Da die Funksignale sehr schwach und die Forscher sich nicht sicher waren, ob ihr verdächtiger Kandidat nur das Produkt irdischer Radio-Frequenz-Interferenzen (RFI) war und darüber hinaus das Signal nicht eindeutig dem Zwergstern oder einer anderen entlang der Sichtlinie gelegenen Quelle zugeordnet werden konnte, verständigten sie sich darauf, das Phänomen weiter zu beobachten.

Arecibo-Teleskop. Bild: NAIC/ NSF

Für Mendez und seine Mitarbeiter kamen für diese Anomalie zu diesem Zeitpunkt nur drei Erklärungen in Frage: Einerseits könnten von Ross 128 ausgehende Sonneneruptionen die Verursacher der Radiosignale sein, anderseits könnten sie schlichtweg das Produkt von einem in der Beobachtungsebene dahinterliegenden Objekt sein. Und als dritte Möglichkeit zogen sie terrestrische Interferenzen in Erwägung, bei denen orbitale Satelliten die Übeltäter sein könnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine außerirdische Zivilisation hinter dem Funkfeuer steckte, stuften die Forscher als höchst gering und vernachlässigbar ein. Daher führten sie diesen Punkt ganz am Ende ihrer Liste auf.

SETI-Spezialisten schalten sich ein

Als sie am 16. Juli 2017 im Rahmen der SETI-Initiative "Breakthrough Listen" die Nachfolgebeobachtungskampagne starteten, war zu ihrem Erstaunen das Interesse der Medien viel größer als erwartet. Geschuldet war dies fraglos dem Umstand, dass die Forscher keine Kosten und Mühen scheuten und das suspekte Funkfeuer nochmals mit der Arecibo-Schüssel untersuchten. Darüber hinaus bezogen sie auch noch die 110-Meter-Radioschüssel von Green Bank (GBT) in West Virginia und die Antennen-Phalanx des Allen Telescope Array im kalifornischen Hat Creek in die Beobachtungskampagne mit ein. Ein solcher großer Aufwand beflügelte natürlich viele Alien-Fantasien und verführte einige "Zeitungen" zu reißerischen Headlines.

Weird!-Signal - "sichtbar" innerhalb des roten Rahmens. Bild: Planetary Habitability Laboratory @ UPR Arecibo

Ferner kramten die Astronomen auch im Archiv und fanden dabei Daten über Ross 128, die der L-Band-Empfänger des GBT bereits am 16. Mai 2016 aufgezeichnet hatte. Doch trotz des Einsatzes der drei leistungsstarken Großteleskope konnte die Herkunft des breitbandigen Signals nicht ermittelt werden.

Pulsare (siehe künstlerische Darstellung rechts) sind schnell rotierende Neutronensterne, die nach dem Exitus massereicher Sterne aufblühen. Bild: ESO/L. Calçada

Insbesondere die professionellen Radioastronomen des SETI-Institutes in Mountain View, die mit ihrem hauseigenen ATA-Interferometer den verdächtigen Kandidaten über drei Tage hinweg insgesamt 16 Stunden lang inspizierten, fanden nicht den geringsten Hinweis auf eine extraterrestrisch künstliche Quelle. Man habe in diesem Sternsystem keinen Beweis für das Vorhandensein eines solchen Signals gefunden, konstatiert SETI-Chefastronom Seth Shostak nüchtern. Shostak, der selbst während seiner langjährigen Observationsarbeit oft Fehlalarmen begegnet ist, sieht keinen Anhalt dafür, dass Mendez und sein Team im Ross-128-System selbst einer extraterrestrischen Flaschenpost begegnet sind.

Natürlich ist es möglich, dass Ross 128 das erste Sternsystem sein wird, das gute Hinweise auf außerirdische Intelligenz liefert. Aber es ist auch möglich, vor allem auf der Basis früherer Erfahrungen, dass wir eine andere, weniger romantische Erklärung für das Geheimnis finden, das dieses Himmelsobjekt derzeit noch umgibt.