Muslime in Zeiten der rechten Deutungshoheit

Paterson, New Jersey, "Little Ramallah". Foto: US-Außenministerium/gemeinfrei

Weniger die Muslime selbst, sondern die politischen Lager bestimmen die Wahrnehmung der Muslime, die zunehmend negativ geschildert werden - nicht nur in den USA?

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Die Einschätzung der Amerikaner dazu, wie gut Muslime in ihr Land passen, hängt weniger von den Muslimen ab, sondern davon, welchem politischen Lager die Amerikaner zugehören. Diese Einsicht legt eine Studie aus den USA nahe.

Das mag trivial sein; angesichts des öffentlichen Images von Muslimen auch in Deutschland hat das politisch durchaus seine Tiefenschärfe, weil damit deutlich wird, dass Objektivität nur von ganz von ferne ein bisschen winkt und ganz vorne im Bild Überzeugungen stehen und keine Einsichten.

Im Durchschnitt sind Amerikaner der Überzeugung, dass nur 56 Prozent der muslimischen Amerikaner in das Land hineinpassen wollen und Teil der USA sein wollen. Nur 51 Prozent der muslimischen Amerikaner respektieren im statistischen Durchschnitt der Wahrnehmung von Befragten amerikanische Ideale und Gesetze.

"Sie wollen nicht in die USA passen"

Das ist bei der Untersuchung "Muslims in America" nachzulesen, die immerhin, bevor hier die ersten Leser abspringen, die Befragung von 8.000 Erwachsenen, also acht Mal so viele wie beim ARD-DeutschlandTrend, zur Grundlage hat. Darüber hinaus sind die Fragen hintergründiger und zielen auf Hintergründe.

So kommt es, dass die Teilnehmer der Umfrage nicht direkt danach gefragt wurden, ob sie der Auffassung sind, dass Muslime in die USA passen, sondern dass sie eine Einschätzung darüber abgeben sollten, wie viel Prozent der Muslime ihrer Ansicht nach in die Vereinigten Staaten passen wollen ("fit in").

Dies kann man dann gut damit vergleichen, wie die Selbsteinschätzung der Muslime aussieht. Dort zeigen sich beträchtliche Unterschiede.

"Stolz darauf, ein Amerikaner zu sein"

92 Prozent der muslimischen Amerikaner geben 2017 gegenüber Pew an, dass sie "stolz darauf sind, Amerikaner zu sein". Und 84 Prozent der muslimischen Amerikaner gaben 2016 gegenüber Dalia Mogahed und Fouad Pervez an, dass sie sich "stark damit identifizieren, Amerikaner zu sein". Zum Vergleich: Auch bei den Protestanten waren es in dieser Studie 84 Prozent. Bei den Katholiken waren es 91 Prozent.

Auch der Satz "Sechs von zehn US-Muslimen sagen, dass sie eine Menge mit den meisten Amerikanern gemeinsam haben" aus der Pew-Umfrage von Juli 2017 wird von der Studie, um die es hier geht, herangezogen, um den Kontrast zwischen den Einschätzungen zu dokumentieren.

Allerdings fällt hierbei auf, dass mit 40 Prozent der befragten Muslime auch relativ viel nicht dieser Meinung sind. Auch das stellt Fragen. Auffällig ist auch, dass die Studie der Voter Study Group hier zu anderen Studien greift, um einen Vergleich aufzustellen - dass hier also nicht parallel zu dem Fragenkatalog gegriffen wurde, mit dem es die nicht-muslimischen Teilnehmer zu tun hatten.

So erfährt der Leser aus den herangezogen Studien nicht klipp und klar eine direkte Antwort auf die Frage, wie es die amerikanischen Muslime denn aus ihrer Sicht mit dem Respekt für amerikanische Ideale und Gesetze halten.

Aber solche Inkonsistenzen und die Vagheiten, die von der "Muslims in America"-Studie zu Teil auch selbst angesprochen werden, beispielsweise zur Frage, wer genau unter die amerikanischen Muslimen gerechnet wird - nur US-Staatsbürger oder auch andere, die sich in den Staaten aufhalten (wofür man sich entschieden hat)? - spielen wohl nicht die entscheidende Rolle bei den grundlegenden Feststellungen.

Drei Vorbehalte gegen Muslime durch alle Lager hindurch

Dazu gehört neben den Unterschieden im Blick auf "US-patriotische" Einstellungen der amerikanischen Muslime die Erkenntnis, dass das politische Lager für diese Einschätzungen maßgeblich ist.

Anders aufgezäumt: Es gebe drei "Dimensionen", wo sich eine gemeinsame Wahrnehmung von Muslimen durch alle politischen Lager hindurch und über ideologische Grenzen hinweg zeigt: Bei den Annahmen, dass Muslime religiöser sind als Mitglieder anderer Konfessionen und dass sie überholte, veraltete Ansichten zu Frauen haben wie auch zu Schwulen und Lesben.

Das am stärksten überwiegende negative Stereotyp muslimischer Amerikaner war, dass sie überholte Ansichten zu Frauen haben (68 Prozent wurden s wahrgenommen) und zu Schwulen und Lesben (59 Prozent). Die Befragten glaubten, dass weniger Christen solche Ansichten hätten.

Studie "Muslime in Amerika"

Der Stempel der politischen Lager

Ansonsten zeichnet sich der Stempel des politischen Lagers deutlich ab. Die Demokraten glauben im statistischen Durchschnitt, dass 67 Prozent der muslimischen Amerikaner in das Land hineinpassen wollen. Der Republikaner sind im Durchschnitt der Auffassung, dass dies nur auf 36 Prozent der amerikanischen Muslime zutrifft.

Daraus resultiert eine deutlich größere Unterstützung für härtere Maßnahmen gegen Muslime, genannt werden eine stärkere Überwachung von Moscheen, ein intensiveres Durchleuchten an den Flughäfen und Einreiseverbote.

Aufgefallen ist der Studie, die im Untertitel "Öffentliche Wahrnehmung in der Ära Trump" heißt, dass Trump-Anhänger eine besonders schlechte Wahrnehmung von Muslimen haben. Die Grafik der Abbildung 5 zeigt unübersehbar den stärksten Negativbalken für Muslime bei denen, die "Trump sehr gutheißen."

Die so Kategorisierten zeigen auch auffallend den größten Ausschlag bei der positiven Wahrnehmung von Christen (noch stärker sogar als bei den evangelikalen Protestanten).

Die "kulturell Konservativen"

Schlecht schneiden Muslime auch bei denen ab, die in der Studie dem "kulturellem Konservativismus" zugeordnet werden, für die ein Amerikaner ein Christ sein sollte und die nicht der Überzeugung sind, dass ethnische Diversität die Vereinigten Staaten bereichert.

Auch Personen, die "einige Unterstützung" für "nichtdemokratische" politische Systeme angeben und für Militärregierungen, hätten negativere Wahrnehmungen von Muslimen. Auch wurde, wie in anderen Untersuchungen zuvor, ein Zusammenhang mit der schulischen Ausbildung hergestellt.

Interessant ist, dass Atheisten oder Agnostiker laut Studie eine positivere Wahrnehmung von Muslimen haben. Schon allein dadurch, dass sie keine Unterschiede bei der Einschätzung von Muslimen und Christen machen.

Bei den Republikanern fiel als Unterschied zu den Demokraten auf, dass ihrer Wahrnehmung nach häufiger Muslime an eine falsche Religion glauben, amerikanische Gesetze nicht unterstützen, dafür aber terroristische Akte.

In der Wahrnehmung der Verantwortlichen der Studie, deren Unterstützung für die Demokraten eindeutig ist, zeigt sich hier eine Art politisches "Syndrom", das sich stark auf Stereotype, Klischees und Vorurteile gründet und sich nicht nur auf die Einstellung gegenüber Muslimen bemerkbar macht, sondern auch gegenüber anderen Gruppen wie Juden, Schwarze, Latinos, Schwule und Lesben.

Less favorable views of Muslims are also tied to less favorable views of many other minority groups, demonstrating how prejudicial feelings are part of a broader "syndrome" that includes not only Muslims but also Jews, black people, Hispanics, and gays and lesbians.

Studie "Muslime in Amerika"