NASA-Promo - aber mit Sahne!

Seite 2: Mit der Bibel in der Hand …

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"Können Sie mit der Hand auf der Bibel beschwören…", so fragte ein amerikanischer Mondlandungsleugner den gealterten Astronauten Buzz Aldrin. Nun hat das Wort Mondlandungsleugner - moon landing denier - in Amerika so einen Beigeschmack wie in Deutschland das Wort Verschwörungstheoretiker. Eigentlich ist es dem Wort Holocaustleugner nachgebaut, ein holocaust denier ist eben auch in Amerika eine Art gefährlicher Irrer.

Im Deutschen erscheint die Mondlandungsrealität oder traumhafte Wahnvorstellung auf einem anderen Niveau, mehr wie eine psychische Zwängeligkeit. Wer die Mondlandung anzweifelt, wird bei einer festlichen Gastlichkeit vielleicht auch lieber hungrig beiseite stehen, als sich am Schweinebraten gütlich zu tun.

Dass der Mondlandungsleugner nun aber auch noch mit der Bibel in der Hand erscheint, das ist dann schon wieder fast wie in einem moslemischen Land, es fehlt nur noch, dass man dem alten Buzz danach die linke oder rechte Hand — gewaltsam abtrennen möchte. Die Frage Mondlandung Ja oder Nein scheint also um einen religiösen Kern zu kreisen.

"Uff!"

Das Filmchen, das knapp drei Millionen Viewer angelockt hat, ist hier zudem in einer "verstärkten" Version zu sehen.

"Sie sind doch derjenige, der behauptet, auf dem Mond herum gelaufen zu sein, wo sie das gar nicht getan haben. Lügen haben kurze Beine, und ich sage es Ihnen geradewegs ins Gesicht, dass sie ein Feigling und ein Lügner sind, und ein …."

An dieser Stelle schlägt Buzz Aldrin, offensichtlich genervt, dem aufdringlichen Interviewer mit der Faust ins Gesicht und in der filmischen Nachbehandlung schlägt er, nach einer kleinen Pause, mit einem vernehmlichen "Uff!" noch neun weitere Male rhythmisch hinterdrein.

"Dieses Video wurde editiert, um genauer zu porträtieren, was dieser Schwachkopf eigentlich verdient hätte", hat der Hochlader/Bearbeiter darunter gesetzt, gefolgt von drei Ausrufezeichen.

Übrigens kursiert die Geschichte nicht erst seit gestern. Tatsächlich stammt die Originalaufnahme aus dem Jahr 2002. Der Interviewer, Bart Sibrel, ein "Filmemacher, Autor und Verschwörungstheoretiker", wie Wikipedia ihn nennt, hatte Aldrin am 9. September 2002 zu einem Luxushotel in Beverley Hills gelockt und ihn dann mit seinem Filmteam bedrängt, er möge mit der Hand auf der Bibel schwören, dass er tatsächlich auf dem Mond gewesen sei. Sibrel habe, wie Zeugen aussagten, Aldrin mehrfach mit der Bibel in die Rippen gestoßen, so dass dem damals 72jährigen Ex-Astronauten endlich der Geduldsfaden riss.

Das also scheint der gegenwärtige bzw. seit rund 20 Jahren festgefahrene Stand der Dinge in den USA zu sein, Mondlandungsleugner und Verteidiger halten einander aggressiv die Waage, wobei natürlich hinzu kommt, dass es in den USA Menschen gibt, wie den Milliardär Elon Musk, der nicht nur als Fabrikant der Automarke Tesla bekannt ist, sondern auch ernsthafte Pläne hegt, zum Mars zu fliegen. Daneben gibt es durchaus ehrenwerte Whistleblower, wie z. B. Edward Snowden, die nachweislich durchaus reale Verschwörungen aufdecken.

Der männliche Mond

In der deutschsprachigen Vorstellungswelt, scheint mir, hat "der Mond" zeitlich weit zurückreichende mythisch-religiöse Konnotationen, er ist ebenso im Norwegischen und Isländischen, wie im Deutschen, vom Genus her männlich, anders als in den meisten anderen indo-europäischen Sprachen, wo "la luna" weiblich ist. So sind die Auseinandersetzungen zum Thema Mond[lande]lüge hier auch immer wieder gern von aggressiven (männlichen?) ad-hominem -Attacken begleitet, die fast an die Religionsauseinandersetzungen des 30jährigen Krieges erinnern. Nicht zuletzt figuriert das bleiche Himmelslicht daher wohl auch als zentraler Identifikationspunkt im Lieblingslied der deutschsprachigen Seele, "Der Mond ist aufgegangen."

Mit englischem Titel aber bayerischem Tonfall präsentiert Robert Stein seinen Film Apollo, Kubrick & Beyond, in dem er übrigens auch auf den "nervigen Typ" verweist — Bart Sibrel (den wir eben noch in der Auseinandersetzung mit Buzz Aldrin kennen lernten) — eher unaufgeregt, möchte ich meinen. Aber dann kommt Stein in der letzten halben Stunde doch noch in Fahrt mit einer wahnwitzigen Stanley Kubrick-Interpretation, die entweder erhöhten Publikumsapplaus oder hämisches Gelächter verdient. Wie ich im ersten Teil schon schrieb, wirkt der aktuelle Apollo 11-Film auf mich nicht so, als hätte bei dieser Story jener Mann mitgewirkt, der "Doktor Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben" gedreht hat.

Weiter gehts mit Martin Elsässer, kein Bayer aber doch Direktor der Volkssternwarte München, zum Thema "50 Jahre Mondlandung - Hat sie wirklich stattgefunden?" Elsässers Vortragsstil - über weite Strecken im Bugs-Bunny-Tonfall - ist gewöhnungsbedürftig, aber sein Fazit lautet: "Mondlandung hat stattgefunden, ist menschliche Großtat des 20. Jahrhunderts."

Nachdem ich auf YouTube etliche Filme über die Funktionsweise des Mondlandungsmoduls gesehen und auch das entsprechende Buch studiert hatte, war mir klar, warum die Wissenschaftler der NASA sich einige Jahre lang gegen diese Methode der Landung auf dem Mond gewehrt hatten: zu kompliziert. Trotzdem ließen sie sich darauf ein - und jetzt musste ich auf der großen Leinwand des Roxy Kinos mir eine unverständliche schematische Zeichnung im Augenpulver-Format dazu ansehen, als ob ich einer miesen Kreidezeichnung auf einer Tafel im Münchner Audimax beiwohnte - damals, 1969.

Wie wir das Mondlandegerät konstruiert haben

Bei der bekannten amerikanischen Vorliebe für Akronyme - Abkürzungen, die wiederum eigene Wörter bilden - deutsche Beispiele wären Aküfi (Abkürzungsfimmel), Gestapo (Geheime Staatspolizei) oder Gröfaz (Größter Feldherr aller Zeiten) - hielt ich die Umformung des Lunar Landing Modules zu LEM für eine amerikanische Liebeserklärung an den großen polnischen Scifi-Autor, Stanislaw Lem, besonders in den schönen Übersetzungen von Michael Kandel. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, dass Neil Armstrong, der ehemalige Testpilot, sich für die "Tales of Pirx the Pilot" hätte begeistern können. Aber, Irrtum. Lem's Bücher erschienen auf Englisch erst ab Mitte der 70er Jahre. Und tatsächlich hatte Armstrong Schwierigkeiten mit dem Wort LEM. Er bevorzugte "the (lunar) module." (Min 5.21).

Heute ist die Reise der Apollo 11, ob real oder nur als Fata Morgana, eine Art Trugbild für die Zukunft geworden.

Das Ziel - hier in einer Präsentation der Ideen von Elon Musk - ist es, die Erde zu verlassen, den Blauen Planeten hinter sich zu lassen. Die Erforschung des Weltraums stellt sich heraus als nichts weiter als die wahnhaften Überlebensphantasien der superreichen Ein Prozent. Sie hoffen, in einem ewigen Altersheim auf dem Mars für immer und ewig weiterzuleben, während ihr einst so hübscher Heimatplanet in Schutt und Asche zerfällt. Unsere heutigen Pharaonen mögen weniger Lapislazuli tragen als die der alten Ägypter, aber sie sind um nichts weniger verbohrt, ein trauriger Totenkult, der seine Sarkophage auf gigantischen Feuerstühlen in den Himmel schießen will.

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