NATO eröffnet "Kommunikationszentrum" in Riga
Konferenz des Militärbündnisses debattiert über Beeinflussung von Wahrnehmung
Des einen "Kommunikation" ist des anderen "Propaganda". Das jüngste Beispiel dafür ist die Einweihung einer NATO-Einrichtung in der lettischen Hauptstadt Riga, die das Militärbündnis selbst als "Strategic Communications Centre of Excellence" bezeichnet, während die russische Prawda ("Wahrheit") von einem "Propagandazentrum" spricht.
Das bereits seit längerer Zeit eingerichtete, aber erst letzte Woche offiziell eingeweihte Zentrum soll dem bei der Einweihung anwesenden US-Senator John McCain zufolge nicht nur NATO-Aktivitäten koordinieren, sondern unter anderem in Osteuropa und in der Ukraine dazu beitragen, "die Wahrheit zu verbreiten" (womit er nicht die russische Zeitung meinte). Der Zeremonie wohnte außerdem der lettischen Staatspräsident Raimonds Vējonis bei, der den lettischen Grünen angehört (vgl. Der erste grüne Staatspräsident der EU). Auch die ehemalige EU-Kommissarin und jetzige litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaitė war angereist. Estland hatte dagegen nur seine Außenministerin Marina Kaljurand geschickt.
Am Donnerstag und Freitag fand in der Einrichtung eine Konferenz mit dem Titel "Perception Matters" ("Wahrnehmung ist wichtig") statt. Auf dieser Konferenz debattierte man unter anderem über Lektionen aus den ISAF-Operationen in Afghanistan, den Einsatz Sozialer Medien durch Dschihadisten, Möglichkeiten der Nutzung von Kommunikation zur Stärkung der Abwehrbereitschaft und den Einfluss von Massenmedien auf Gesellschaften während "kritischer Situationen".
Unter den über 200 Teilnehmern befanden sich nicht nur Vertreter der NATO, sondern auch Akademiker, PR-Fachleute, Journalisten und Politiker - darunter die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma, ihre Außen- und Verteidigungsminister Edgars Rinkēvičs und Raimonds Bergmanis, der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak, sein litauischer Amtskollege Juozas Olekas sowie David Bakradze, der georgische Minister für "Euro-Atlantische Integration".
Straujuma meinte zu den Teilnehmern, gegenwärtig würden "Werte und Gesellschaften durch neuen Propagandatechniken herausgefordert". Diese Propagandatechniken zielten darauf, die "Herzen und Hirne" von Menschen zu beeinflussen. Um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen, müsse man "gemeinsam die richtigen Antworten und Lösungen finden". Außerdem müsse man die NATO stärken, weshalb Lettland spätestens 2018 das vom Bündnis vorgegebene Ziel erfüllen, werde, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für das Militär aufzuwenden.
In Lettland sprechen etwa 37 Prozent der Bevölkerung des Landes Russisch als Muttersprache. Sie leben vor allem in der Hauptstadt Riga und im Osten des Landes und informieren sich in russischen Medien. Die lettische Staatsrundfunk LTV vereinbarten deshalb im April mit dem estnischen Staatsfernsehen EER die Gründung eines gemeinsamen russischsprachigen Senders, der Ereignisse in einer Art und Weise darstellen soll, die den Sichtweisen der Politiker in EU und NATO weniger widerspricht (vgl. TV im Baltikum: auf Russisch, aber nicht aus Moskau). Auch in Estland gibt es eine bedeutende russische Minderheit, die dort mehr als ein Viertel der Bevölkerung stellt.
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