Nach Sachartschenko-Anschlag: Moskau will "Situation analysieren"
Lawrow: "Offene Provokation, um die Minsker Vereinbarungen zu torpedieren"
Nachdem am Freitag Aleksandr Sachartschenko, der Präsident der Separatistenrepublik Donezk, zusammen mit seinem Finanzminister Aleksandr Timofejew von einer Bombe zerrissen wurde (vgl. Ukraine: Sachartschenko ermordet), zeigt man sich in Moskau pessimistisch, was den Friedensprozess in der Ostukraine angeht.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach am Wochenende in Sotschi von einer "offenen Provokation, um die Minsker Vereinbarungen zu torpedieren". Vor einem weiteren Normandie-Treffen zwischen Vertretern Russlands, der Ukraine Frankreichs und Deutschlands müsse nun erst "die Situation analysiert werden". Für den russische Parlamentsvorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin sind die Minsker Vereinbarungen nach dem Anschlag sogar "völlig sinnlos" geworden.
Nicht der einzige ostukrainische Separatist, der in den letzten Jahren gewaltsam zu Tode kam
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow meinte, man könne "nur vermuten, wer hinter dieser Mordserie steht", aber "mit Sicherheit" ließe sich "sagen, dass diese terroristischen Praktiken nicht zur Umsetzung der Minsker Abkommen beitragen und nicht das notwendige Vertrauen fördern". Damit erinnerte er daran, dass Sachartschenko nicht der einzige ostukrainische Separatist war, der in den letzten Jahren gewaltsam zu Tode kam:
2015 starben der als "Batman" bekannte Batallionskommandeur Alexander Bednow, der "Che Guevara von Lugansk" genannte Feldkommandeur Alexej Mosgowoi und der Kosakenkommandeur Pawel Dremow. Bednow durch einen Hinterhalt, Mosgowoi durch eine ferngezündete Mine und Dremow durch eine Autobombe (vgl. Mordanschlag gegen den "Che Guevara von Lugansk"). 2016 zerriss es Arseni Pawlow alias "Motorola" bei der Explosion des Aufzugs in seinem Haus, in dem ein Sprengsatz versteckt war, der ferngezündet wurde (vgl. Donbass: Anschlagsserie auf Separatisten geht weiter). Und im letzten Jahr traf es den damaligen Donezker Militärchef Michail Tolstischt, dessen Hauptquartier explodierte.
Separatisten beschuldigen ukrainischen Geheimdienst SBU - der mutmaßt über von Moskau angeordnete "Säuberungen"
Etwas zurückhaltender äußerte sich der russische Staatspräsident Wladimir Putin selbst. Er meinte, die Verantwortlichen, "die den Weg des Terrors, der Gewalt und der Einschüchterung wählten", hätten kein Interesse an einer "friedlichen und politischen Lösung des Konflikts" und an einem "echten Dialog" mit den Bürgern der Ostukraine, denen er sein Beileid aussprach. Den ermordeten Sachartschenko würdigte er als "mutigen und entschlossenen" Menschen.
Darüber, wer die Verantwortlichen sind, wird von verschiedenen Seiten Verschiedenes spekuliert: Die Sicherheitsbehörden der Separatistenrepublik beschuldigen den ukrainischen Geheimdienst SBU. Das, so Separatistenregierungsberater Alexander Kasakow, hätten festgenommene "ukrainische Saboteure" ausgesagt. SBU-Chef Wassili Grizak wiederum verweist auf mögliche "kriminelle Auseinandersetzungen wegen Umverteilungen von Vermögenswerten" sowie auf eine aus Moskau angeordnete "systematische Säuberung unter denen, die 2014 am Einmarsch russischer Truppen in den Donbass, an der Schaffung der Pseudorepubliken beteiligt waren". Beweise dafür kann er jedoch weder für die eine noch für die andere Behauptung vorlegen.
Bis in Donezk ein neuer Präsident gewählt wird, hat Sachartschenkos Stellvertreter Dmitri Trapesnikow interimsmäßig das Amt übernommen. Mit ihm übernimmt er einen Konflikt, bei dem den UN-Schätzungen nach seit 2014 über 10.000 Menschen ums Leben kamen. Vertreter der EU und der USA werfen Russland vor, diesen Konflikt zu verlängern, indem sie Separatisten im Donbass heimlich Militärhilfe leisten, was man in Moskau bestreitet. Aufgrund dieser Vorwürfe wollen die USA dem ehemalige NATO-Gesandten und heutige Ukraine-Sonderbeauftragten Kurt Volker nach künftig mehr Rüstungsgüter zum Ausbau der Luft- und Seestreitkräfte liefern.
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